Ich mache eine Verhaltenstherapie wegen einer dissoziativen Störung und komme damit auch gut zurecht, also es bringt mir wirklich was. Nun sind wir in der Therapie jedoch auf eine Blockade gestoßen, die ich einfach nicht aufheben kann. Es geht um vermuteten sexuellen Missbrauch in der frühen Kindheit. Da es sehr wichtig für meinen weiteren Therapieverlauf und auch für meine Möglichkeit die Dinge zu verarbeiten ist, dass ich weiß was damals passiert ist und was nicht, hat mein Therapeut die Möglichkeit mich zu hypnotisieren erwähnt.
Grundsätzlich habe ich damit kein Problem, denn ich möchte wirklich gerne wissen was war. Und ich habe in der Therapie bereits gelernt, wie weh es tun kann, mit traumatischen Erinnerungen konfrontiert zu werden. Da ich aber auch gelernt habe, wie gut es sich anfühlt, wenn man durch die hochgeholte Erinnerung verarbeiten und damit vergangenen Kummer endgültig abschließen kann, bin ich für die Hypnose.

Nur kenne ich niemanden, der sowas schon einmal gemacht hat und hätte gerne ein bisschen was von einem Laien dazu gehört. Mein Therapeut erklärt mir zwar alles was ich wissen möchte, aber ich würde gerne ein oder zwei subjektive Empfindungen von Menschen kennen lernen, die sowas schon einmal gemacht haben. Falls hier also jemand Erfahrungen damit gemacht hat, wäre ich sehr dankbar, wenn er/sie mir was darüber schreiben würde.

LG Megan

Hi Megan,

in meiner letzten Therapie (Trauma) hatten wir eine Hypnosesitzung und ich muss sagen, die hat mich ziemlich umgeschmissen und wr gar nicht gut für mich. Vorher hatten wie fast ausschließlich mit EMDR gearbeitet. Ich wollte aber unbedingt an Erinnerungen kommen, also haben wir es so probiert.
Tatsächlich kam auch eine sehr frühe Erinnerung. Mit der bin ich aber überhaupt nicht klar gekommen und denke nun auch, dass meine Seele mir immer nur so viel zeigt, wie ich aushalten kann. Außerdem blieb das Gefühl hinter her, dass da was hochgekommen ist, was vielleicht gar nicht so stimmt (halt false memory effect) weil das unter Hypnose ja auch häufig passieren kann.

Ich hab mich danach entschieden, keine Hypnose mehr mit zu machen. Nee sie hat mich nicht weiter gebracht.

Das ist allerdings nur meine subjektive Erfahrung. Ich hoff für Dich, dass Du die richtige Entscheidung triffst.

LG Kitsune

Hallo Kitsune,

danke für deinen Erfahrungsbericht. Ist für mich sehr spannend zu lesen wie es auf dich gewirkt hat. Zudem bekomme ich dadurch die Möglichkeit, meinem Therapeuten vor der ersten Hypnosesitzung Fragen zu stellen, auf die ich ohne diese subjektiven Eindrücke nicht gekommen wäre. Z.B. habe ich jetzt zum ersten Mal gelesen, dass man unter Hypnose Dinge sehen könnte, die garnicht passiert sind und werde dazu gezielt Fragen an ihn stellen.

Nochmals Danke, damit hast du mir schon sehr weitergeholfen! Denn wie ich mich entscheide hängst sehr von dem Bild das ich mir von der Sache machen kann ab. Und je mehr Fragen ich vorab klären kann, desto besser wird die Basis für eine Entscheidung sein.

LG Megan

Hallo Megan,

na ein Erfahrungsbericht isses ja nicht gewesen, habs ja recht kurz gehalten. Aber schön, wenn es Dir ein wenig weiter geholfen hat. Falls Du noch Fragen hast, stell sie nur...vielleicht fällt mir ja noch was ein.

Ja...ich bin damals von meiner Therapeutin nicht darüber informiert worden, dass auch Bilder auftauchen können, die nicht den Tatsachen entsprechen...hab ich dann in der Literatur gefunden. Bei Hypnose ist es ähnlich wie im Traum...man verarbeitet in Bildern Themen aus dem Unterbewusstsein. Ich wollte es ja trotzdem probieren, weil ich mit dem EMDR nicht weiter kam. Es gab an bestimmten Punkten immer wieder eine Blockade über die ich nicht hinaus kam. Ich wusste (und weiß auch jetzt) da gibt es noch Dinge die geschehen sind, aber es gibt kein rankommen. War eine sehr verzweifelte Suche nach Puzzleteilchen meiner Geschichte.

Auch heute noch kommt da häufig die Verzweiflung hoch und ich will endlich wieder wissen, aber auf der anderen Seite stell ich mir Fragen wie: "Was hab ich davon, wenn ich noch mehr Scheiße erfahre...geht es mir dann damit besser?". Mittlerweile weiß ich auch, dass ich mehr Erinnerungen gar nicht aushalte zur Zeit. Da war neben dem "alles Wissen wollen'" immer auch das Gefühl von "mein Leben wird völlig aus der Bahn laufen wenn ich alles weiß".

Ja was wollte ich jetzt eigentlich sagen ...wie ist es denn bei Dir? Willst Du unbedingt alles wissen? Hilft es Dir wirklich weiter wenn Du "erzwungen" (im Sinne von künstlich nachgeholfen) neue Bilder hinzubekommst?

Also das schlimmste ist für mich, dass meine Zweifel immer bleiben. Egal wieviel ich weiß, oder ob ich Beweise dafür habe oder nicht...immer wieder überkommt mich ein Zweifel, dass ich mir alles nur einrede. Geht es Dir ähnlich?

Bevor ich nun ganz vom Thema abkomme und wirr werde, hör ich hier lieber auf.

Grüße an Dich

Kitsune

Ich sitze in der Sache ein wenig zwischen den Stühlen. Ich habe eine dissoziative Störung, allerdings nicht in Form multipler Persönlichkeiten, sondern in Form von Erstarren jeglicher Emotionen und "von außen" auf mein Handeln gucken. Ich habe bereits mehrere Retraumatisierungen hinter mir, die ersten beiden ohne Therapie, danach eine mit Therapie. Es war jedes Mal ein ziemlicher Hammer und hat mich sehr aufgewühlt. Aber ich habe immer wieder die gleiche Erfahrung gemacht. Sobald ich mich erinnern kann, kann ich verarbeiten und was ich verarbeitet habe, hat keinen negativen Einfluss auf mein Leben mehr.
Ich sehe es auch nicht als "erzwingen" von Erinnerungen. Ich denke wenn ich wirklich absolut nicht bereit bin die Erinnerungen herzugeben, wird es mir ähnlich wie Kitsune gehen, dass einfach nicht alles kommt, Dinge im Verborgenen bleiben.

Leider ist meine psychische Störung mit psychosomatischen Symptomen gekoppelt, es wurde so schlimm, das ich Entzündungen im zentralen Nervensystem bekam und meine Beine nicht mehr fühlen konnte. Monatelang dachten alle ich hätte Multiple Sklerose!
D.h. einerseits will ich sowieso heil werden, andererseits habe ich körperliche Symptome die mir im Nacken sitzen. Denn die Entzündungen sind real, mit den gleichen Möglichkeiten bleibende Schäden zu hinterlassen, wie es bei MS der Fall sein könnte. Wer MS hat, wird es vermutlich verstehen, wenn ich sage, ich nehme jede Erinnerung in Kauf, egal wie furchtbar sie ist und wie lange ich brauche um sie zu verarbeiten, wenn ich dadurch gesund werden kann!
Dir Vorstellung eines Tages im Rollstuhl zu sitzen oder zu erblinden, weil ich mich meinen traumatisierenden Erinnerungen nicht stellen wollte ist für mich ausgeschlossen. Ich muss aber auch zugeben, dass ich durch die bisherigen positiven Erfahrungen mit verarbeiteten "Altlasten" gemacht habe das Gefühl habe, dem gewachsen zu sein.

Die Büchse der Pandora ist längst offen, die klappte bei der ersten Retraumatisierung auf und ab da gab es nur noch zwei Möglichkeiten. Entweder wieder zuklappen und zusammen mit der Verdrängung ein psychisches Wrack mit Süchteleien aller Art zu bleiben oder die Büchse auszukippen und alles was an Bösem heraus kommt anzugehen. Ich habe letzteres gewählt. War in den letzten drei Jahren manchmal sehr hart, aber jedes einzelne Erfolgserlebnis für sich genommen würde ausreichen um mir zu sagen "Das war es wert!"

LG Megan