Hallo zusammen,
Mein Mann ist kokainsüchtig, wovon ich lange nichts mitbekam. Als es irgendwann aufflog, stelle ich schnell fest, dass ich ihm da nicht helfen kann, da seinerseits keine Einsicht vorhanden war. Es kam mit der Zeit auch ans Licht, dass er bereits lange kriminell war im Drogenmilieu. Ich konnte mich nicht trennen, da ich irgendwie Mitleid hatte und ihn auch liebte. Es gab auch viel Drama, wenn ich kurz davor stand.
Ich habe mir dann einfach mein eigenes Leben unabhängig von ihm aufgebaut und mich nicht in den Sog seiner Probleme mit reinziehen zu lassen. Stets war ich auf mich selber konzentriert, baute mir beruflich eine gute Karriere auf und pflegte meinen Freundeskreis, kümmerte mich um mich und mein Wohlergehen.
War er verschwunden, so lebte ich normal weiter. Ich zerbrach mir keinen Kopf, obwohl natürlich trotzdem Wut und Enttäuschung immer mal wieder kurz Platz fanden. Kam er wieder und hatte tagelang Depressionen und schwor Besserung im Selbstmitleid, so nahm ich es nicht wirklich ernst sondern sagte ihm immer, er soll sich dann dringend professionelle Hilfe suchen, dabei würde ich ihn unterstützen.
Innerlich wusste ich immer, er würde es niemals von selber schaffen sich Hilfe zu suchen. Er redete sich immer ein, er könne es selber schaffen, wodurch der Kreislauf immer von vorne begann. Ich konnte es schon auswendig. 2 Tage Konsum - drei Tage Selbstmitleid - einreden dass er es selber schafft und Motivation - drei Wochen später wieder konsumiert und alles wieder von vorne.
Dann wurde er „endlich“ verhaftet aufgrund BTM Handels. Er wurde zu mehreren Jahren verurteilt, durch meine Aussage vor Gericht erhielt er aber Therapie statt Strafe im Rahmen des Paragraph 64. Ab diesem Zeitpunkt erhielt er meine volle Unterstützung. Ich besuchte ihn in Haft, umarmte ihn wieder vom Herzen, sprach ihm immer gut zu und gewährte ihm die Chance auf einen Neuanfang.
Er durchlief die Therapie in Rekordzeit, verhielt sich vorbildlich und war wieder der Mensch, den ich vor den Drogen kennenlernte. Er war super glücklich, bis auf die Scham über die ganzen Dinge, die in der Vergangenheit durch seinen Konsum vorgefallen waren. Die Dauerbeurlaubung stand an, das bedeutet, dass die Person zwar noch Patient im Maßregelvollzug ist, sich jedoch in Freiheit erprobt und wieder zu Hause leben darf.
Seit sechs Monaten ist er wieder zu Hause und ich bemerkte schleichend einen Prozess der auf einen Rückfall zusteuern würde (zu viel Kontakt zu „alten Bekannten“, Verharmlosung des Kontakts, Vermeidung von Gesprächen). Meine Versuche, ihm die Gefahr klar zu machen, sah er anfangs noch ein aber wurden dann mit der Zeit verharmlost und führten dann regelmäßig zu Streits.
Nun ist es passiert, er hatte einen Rückfall. Er musste sich mal wieder aus irgendeinem Grund mit einem Kumpel treffen und kam nachts nicht nach Hause und ich wurde zufällig wach. Mir war es sofort klar. Aus Wut und Enttäuschung verwehrte ich ihm morgens den Zutritt, das hatte nichts mit dem Rückfall zu tun, sondern weil ich ihn wochenlang vorgewarnt hatte und wie ein Psycho dargestellt wurde.
Er hatte den Rückfall erst nach stundenlangen Diskussionen überhaupt zugegeben. Es ist so, dass alle zwei Wochen die Mitarbeiter für die Nachsorge von der Klinik zu uns kommen, diese sind auch jederzeit erreichbar. Ich als Angehörige bin auch dazu angehalten worden, in Notfällen Bescheid zu geben. Er weigert sich, diese wegen seines Rückfalls zu kontaktieren und möchte auch nicht zur Aufarbeitung in die Klinik zurück. Wohin diese Einstellung führen wird, kann man sich ja denken.
Ich bin nun an dem Punkt, wo ich mir sicher bin, dass ich bei dem nächsten Besuch der Nachsorge (in wenigen Tagen) über seinen Rückfall informieren sollte. Mir fällt das wirklich schwer, gegen seinen Willen zu handeln aber ich weiß, dass es das einzig Richtige ist. Er verhält sich immer mehr wie vor der Verhaftung, auch die Gespräche nach dem Rückfall haben mir gezeigt, dass er wieder mittendrin ist, oder geradewegs darauf zusteuert (Verharmlosung, Vertuschung, Abwehrhaltung)..
Die Konsequenz wird natürlich sein, dass er zurück auf Station muss. Mich erleichtert dieser Gedanke.
Was denkt ihr darüber? War jemand schon einmal in einer ähnlichen Situation? Wie seid ihr mit Rückfällen umgegangen?
Vielen Dank im Voraus…