• Guten Abend,

    ich war 2011 das letzte Mal hier bei SuS aktiv. Irgendwie habe ich vor einigen Tagen wieder angefangen, an dieses Forum zu denken, womöglich, weil ich mich seit vielen Jahren allein mit meiner Situation und der meines Sohnes fühle und ich nach einer Möglichkeit suche, davon zu erzählen. In der Erzählung können Trigger vorkommen.

    Vielleicht ist hier eine Möglichkeit. Vielleicht fange ich mit einer kleinen Vorstellung an.

    Ich lebe seit ca. 1986/87 in Berlin. Zugezogen bin ich aus einer kleinen Stadt in Norddeutschland. Ich war zu dieser Zeit wohnungslos. Nach einer Weile befand ich mich in einer schwierigen Beziehung und bekam ein Kind, nach einigen Jahren und vielen unschönen Situationen bekam ich ein zweites Kind aus einer anderen Beziehung. Wir lebten dann vierzehn Monate in einem Frauenhaus, in der mein damals schon sehr traumatisierter Sohn viele schwierige Erfahrungen mit Kindern und Erwachsenen machen musste. Es waren dann, in der eigenen Wohnung, harte Jahre, für mich und meinen Söhnen, insbesondere für den Älteren. Er litt auch unter meinem Verhalten aufgrund einer PTBS, und liess selbst, wenn es ihm nicht gut ging, seinen Bruder oder andere Kinder leiden. Aber irgendwie, mit therapeutischer Unterstützung und Einzelfallhilfe, ging es Stück für Stück etwas besser, zugleich brachen meine Traumatisierungen auf und ich war lange in einer stationären Traumatherapie. In einer vorhergegangen Reha, mit den Kindern, bekam mein älterer Sohn zum ersten Mal Kontakt zu Jugendlichen, die Drogen nahmen und straffällig waren. Ich wurde von den dortigen Therapeuten und Ärzten überedet, ihn noch eine Weile zur Behandlung allein dort zu lassen. Das bedaure ich. Eine Zeit später wurde im Rahmen einer Zeugenvernehmung klar, dass er noch weitere schwierige Situationen von einer andern erwachsenen Person hat erleiden müssen. Seit diesem Tag ist er suchtkrank. Er hatte nach der Vernehmung die Jugendlichen aus der Reha- Klinik kontaktiert und con ihnen Tilidin bekommen. Damit fing, so ist meine Wahrnehmung, sein Leben als suchtkranker Mensch an. Es waren schlimme Jahre, für ihn, für seinen Bruder und für mich als Mutter. Er wird seit seinem 18. Lebensjahr, seit ca. 16 Jahren substituiert, es hat in der Zeit wenig Tage oder auch Stunden gegeben, an denen es ihm wirklich gut ging. Mittlerweile hat er einen Sohn, den er seit zwei Jahren nicht gesehen hat und er leidet fürchterlich auch deshalb. Ich will ihm helfen, so wie ich kann, und habe Angst, zu viel oder zu wenig zu machen, nicht das richtige zu machen. Ihm zuviel abzunehmen oder Hilfe, die nötig wäre, aus Furcht vor Co-Abhängigkeit, nicht anzubieten. Er lehnt mich seit längerer Zeit total ab, scheint sich dabei trotzdem zu wünschen, dass ich vieles übernehme, sein Leiden verringere,... Zur Sucht kommen massive Ängste, Panikattacken, Depressionen, chronische Schmerzen, massive Schlafstörungen wie tagelange Schlaflosigkeit, Konzentrationsprobleme, etc.. Ich wünsche ihm Kraft und Glück, ein selbstbestimmtes eigenes Leben, in dem er seine Fähigkeiten entwickeln und einsetzen kann. Er hat trotz der besch... Erfahrungen und miesen Starbedingungen vieles geschafft, ich bin stolz auf ihn... aber jetzt bin ich müde, nach all den Jahren... Ich wünsche mir Kontakt zu ihm und es gelingt nicht......


    Soweit für heute. Ich würde mich freuen, wenn ich hier hin und wieder etwas über ihn und unsere Familiensituation schreiben dürfte.

  • Hi

    Als Kind wünscht man sich manchmal, die schlechten Erfahrungen mit den Eltern neu schreiben zu können. Daher vllt der Zwiespalt deines Sohnes. Du bist aber nun mal du und trägst mit einen großen Teil Verantwortung wie er aufgewachsen ist. Als Eltern steckt man aber oft auch trotz Therapie und allem einfach sehr in den eigenen, erlernten Verhaltensmustern, die die Kinder triggern.

    Dennoch finde ich es schön, dass du dir Kontakt wünscht!

    Wenn dein Sohn da aber gerade sich oder dich schützen möchte, würde ich das respektieren.
    Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich ihn fragen, ob eine Karte alle paar Monate ok ist. So dass er weiß, du denkst an ihn und er kann sich melden. Aber auch so dass es ok für ihn ist und nicht belastet oder Wunden aufreißt.

    Aber erstmal herzlich willkommen.

    Ich hoffe eine Antwort im Vorstellungsthread ist ok. Da ich noch kein anderes Thema von
    dir finden konnte

  • Hallo lemon,

    danke für Deine Antwort.

    Mein Sohn lebt bei mir in der Wohnung. Nach der Trennung von der Mutter seines Kindes ist er wieder eingezogen, da es auch keine andere Option gab. Zu Anfang lief das auch besser mit dem Kontakt zwischen uns. Allerdings war er zu der Zeit noch mit Polamidon substituiert, das er zum Wochenende und über einen Tag in der Woche als Mitgabe bekam. Zusätzlich hatte er immer wieder Beikonsum, Kokain, und pendelte, aus meiner Sicht regelmäßig zwischen Überkonsum mit Sedierung und Entzugssymptomen.

    Ich glaube, er hat das Polamidon in unterschiedlichen Dosen genommen. Während der Überdosierung hat er trotzdem gegessen und geraucht, mitunter im Bett, und hing dann dort, mitunter mit offenem Mund mit Essensresten drin. Oder drehte im Sessel eine Zigarette und hing dann in der Bewegung eingefroren dort. Manchmal ging ich nachts in sein Zimmer, genaus aus diesem Grund, und er saß mit dem Po auf dem Bett, der Kopf lag auf seinen Knien, das ist sehr schmerzhaft, wenn man lange in so einer Position verharrt. Ich habe mich regelmäßig bemüht, ihn zu einer Schlafposition zu bewegen und ihm Essen und Tabak weggenommen. Es war schwierig, darüber ins Gespräch zu kommen. Eine ganz lange Zeit hat er das abgewehrt und abgestritten. In guten Gesprächen konnte er erzählen, dass er sich nur "normal" fühle, wenn er das Polamidon so einnehme, wie er das tue, und sich "nicht normal" fühle, in den Phasen, in denen ich ihn entzügig beschreiben würde. Meine Wahrnehmung war genau umgekehrt. Ich hatte den Eindruck, dass er die Beschreibung seines Verhaltens nicht aushalten kann. Irgendwann habe ich seine verlangsamten Bewegungen und die "eingefrorenen" Positionen fotografiert und auch gefilmt und ihm zu einem anderen Zeitpunkt gezeigt..

    Das habe ich nicht gerne gemacht. Und es muss für ihn sehr schmerzhaft gewesen sein, dass zu sehen und auch von mir präsentiert zu bekommen. Ich hatte die Hoffnung, dass das etwas bewirkt für ihn.

    In der Zeit hatte er mehr Kontakte zur Szene, als heute, denke ich. Mitunter habe ich etwas gefunden, ich denke Kokain, und darauf gedrängt, dass es noch am gleichen Tag aus der Wohnung geht. Irgenwann erzählte er, er nehme das Kokain auch, da er von anderen, ach von mir oder der PSB regelmäßig die Rückmeldung bekam, zu sediert zu sein. Das glaube ich ihm auch. Ich nehme ihn bis heute orientierungslos war, als ob es in ihm nicht ausreichend eigene Orientierung gibt.

    Vor einigen Jahren ht er sich selbst auf Subutex umgestellt, ohne ärztliche Unterstützung. DAs war gefährlich, da er unter Entzug, oder auch bei bestimmten Substanzen, zu Krampfanfällen neigt. Die Umstellung hat aber geklapt, er hatte sich das Wissen vorher angelesen. Da hatte er mich im Vorfeld gebeten, ihn aktiv zu unterstützen, z.B. in dem ich in den Tagen kontinuerlich bei ihm bleibe, um notfalls den Rettungswagen zu rufen. Das habe ich damals abgelehnt- da ich mir nicht frei nehmen konnte von der Arbeit, und mir das auch viel zu viel Verantwortung war. Ich hatte Angst um ihn und wollte, dass die Umstellung ärztlich begleitet wird... Warum er sich darauf nie einlassen konnte, bzw. vielleicht beide Seiten, habe ich noch nicht verstanden.

    Ja, dass Elternverhalten triggern kann, kann ich verstehen. Aber auch Kinderverhalten kann Eltern triggern.

    Die Vergangenheit kann niemand korrigieren. Auch wenn ich mir das sehr wünsche, und ich denke, mein Sohn auch. Aber das Leben findet jetzt statt. Und die Beziehung im Jetzt gut zu gestalten, wenn die Vergangenheit noch so präsent ist, ist schwer.

  • Ja auch Kinder können Eltern triggern. Aber tragen keine Verantwortung dafür.

    Nun seid ihr beide Erwachsen und jeder für sich selbst verantwortlich. Dennoch hast du Angst um deinen Sohn verständlicherweise und möchtest ihm helfen.

    Ich stelle mir deine Situation sehr schwierig vor. Ich wüsste nicht, wie ich mich abgrenzen soll und wie viel Unterstützung ich geben möchte und kann. Hinzu kommt ja auch was für Unterstützung gewünscht ist. Gerade auch, wo dein Sohn bei dir wohnt ist das alles sehr nah.

    Und dass die Vergangenheit so präsent ist, macht alles nicht leichter.

    Was wünscht du dir denn von der Beziehung zu deinem Sohn?

  • Das ist eine gute Frage, auf die ich so erstmal gar keine Antwort finde...

    Ich wünsche mir etwas für ihn... und etwas von ihm... auch das fällt mir schwer in Worte zu fassen...

    Es scheint ein erster Schritt zu sein, dass Du diese Frage gestellt hast, denn es fällt mir wieder ein bisschen leichter, mir eine Zukunft, auch eine schöne, für ihn vorzustellen. Es wäre schön, wenn er auch eine eigene Vorstellung hat.

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