wie komme ich da bloß wieder raus?

  • Und obwohl ich jetzt mehr Platz habe, reicht es nicht.

    Der Platz wird nie reichen. Umso mehr Platz, umso mehr Verletzungen.

    Die Stulpen zu nähen, war ein Freifahrtschein. Und es wird weitere Ausflüchte geben um noch 'mehr Platz', mehr Möglichkeiten zu schaffen.

    Und ja, es sind mehrere Anteile in dir, scheint es. Aber im Moment übergibst du dem Einen die Freikarte. Bereitest ihm alles vor, damit er sich austoben kann.

    Du speist ihn.

    Das schreibe ich ohne Vorwurf sondern aus eigener Erfahrung.


    Ich lese hier mit, kann den Drang sehr gut nachvollziehen und kenne das nur zu gut.

    Und trotzdem die Frage: Was ist deine Sorge, was passieren würde wenn du dich nicht verletzen würdest?

    Wenn du aushalten würdest/könntest?

  • Was ist deine Sorge, was passieren würde wenn du dich nicht verletzen würdest?

    Wenn du aushalten würdest/könntest?

    Ich glaube, der Hass würde so wachsen, dass ich nicht mehr absprachefähig wäre.

  • Die Stulpen zu nähen, war ein Freifahrtschein

    Ich weiß. Ich hab gekämpft, wirklich. Ich bin selbst enttäuscht und wütend, weil ich es nicht geschafft habe.

    Ich hab versucht, nichts zu machen, da die bisherige Stelle schon so... strapaziert war, dass ich bleibende Schäden riskiere.

    Damit hab ich seit Di gekämpft. Hab alles mögliche gemacht, mich abgelenkt, Skills probiert, Telefonseelsorgechat gesucht,..

    Skills funktionieren noch nicht bei mir. Daran arbeite ich ja in der Therapie.

    Ich kann nur hoffen, dass ich schnell genug bin.

  • Ich hab gekämpft und alles gemacht, was mir einfiel.

    Aber ich den "Freifahrtschein" ausgiebig genutzt. Ich komm gegen den Hass nicht an. :emojiSmiley-55:

    Nur um sicher zu gehen, dass es keine Mist-Verständnisse gibt: ich rede nicht von Suizid

  • Magst du vielleicht mal konkret beschreiben, wie und welche Skills du in Bearbeitung hast und inwiefern sie dir wann helfen sollten, wenn du sie wirksam einsetzen könntest?

    Ich frage, weil ich gerne wissen würde, ob dein "Methodenkoffer" entsprechend dem Hass strukturiert in Arbeit ist.

  • Es gibt eine Reihe mehr oder weniger sortierter Skills für unterschiedliche Druckzustände, zum Beispiel Ammoniakampullen, Igelball, scharfe Bonbons, Gerüche..

    Die Aufzuzählen wäre etwas langwierig,zumal ich noch nicht so weit bin, sie strukturiert zu nutzen.

    Vorletztes Mal bei der Therapie wurde klar, dass ich die meisten Skills nicht anwende.

    Der Grund dafür ist, dass ich svv als Strafe nutze, dass ich so Schuld abtrage. Es geht also darum, dass es weh tun muss, dass es schlecht für mich sein muss, dass ich bezahle für (sorry, ich weiß, wie bescheuert das klingt) die Tatsache, am Leben zu sein, Ressourcen zu nutzen.

    Ein Skill hat den Sinn, etwas Schädliches durch etwas weniger Schädliches zu ersetzen, mit dem Ziel, ein ähnliches Gefühl zu haben und so Spannung abzubauen. Letztlich hat also der Skill den Sinn, mir etwas Gutes zu tun. Und genau das macht es mir noch unmöglich, sie zu nutzen, um die Schuld abzutragen, den Schmerz und die Verletzung zu vermeiden oder zu minimieren. Die Folge ist manchmal, dass ich Skills benutze und danach noch stärker svv mache.

    Ich war sehr sehr erleichtert, als der Therapeut das das erste Mal so verstanden hat und wir erst einmal daran arbeiten, dass ich die Skills überhaupt anwenden darf als Ersatz. Das war einer der Schlüsselmomente der letzten Wochen in der Therapie. Ein großer Unterschied zu dem Skillstraining damals im Krankenhaus, wo es ebenfalls in der Hochphase des svv für mich unmöglich war, sie überhaupt anzuwenden bzw sie keine Wirkung hatten.


    Ich weiß, dass es auch noch andere Skills gibt, die an der Wahrnehmung arbeiten.

    Ganz bewusst schau ich da nicht genauer hin, sonst würde ich sie mir auch verbieten.

    Ich bekomme Hausaufgaben, die ich sehr gewissenhaft mache.

    Und wenn ich schreibe, dass ich alles probiere, dann meine ich, dass ich vor allem versuche, Zeit zu schinden, damit sich die Zeitfenster für svv nicht ausdehnen. Das heißt, ich schreibe und lese hier und im Bullet Journal, ich whatsappe mit Freunden, telefoniere oder versuche, bei der Telefonseelsorge einen Chat zu bekommen. Der Chat hatte zumindest geholfen, das svv weniger zu machen. Es als für heute genug zu definieren. Das war bisher der einzige Skill, den ich anwenden konnte und der eine Wirkung darauf hatte, wie stark ich svv mache. Alle anderen Sachen, die ich mache, verschieben nur.

    Sorry für das strubbelige Geschreibsel. Ich hoffe, es ist verständlich, was ich zu sagen versuchte.

  • Sorry für das strubbelige Geschreibsel. Ich hoffe, es ist verständlich, was ich zu sagen versuchte

    Ich fand dein Geschreibsel verständlich.

    Ich hab aber gar nicht gezweifelt, dass du dein Bestes gibst. Oder wollte gar ausdrücken, dass du nur noch "etw." tun solltest.

    Ganz bewusst schau ich da nicht genauer hin, sonst würde ich sie mir auch verbieten.

    Aber verbietest du sie dir nicht genau dadurch bereits vorweg?

    Es ist oft so, dass man erst diese Skills benötigt, damit die anderen überhaupt wirken können. "Reiz"-Skills können den "Reiz" irgendwann eben nicht mehr ersetzten, wenn man sich da dran gewöhnt hat. Das ändert ja auch nichts am Druck.. andere Skills, die auf Emotionen und Kognition abzielen schon. ... Deswegen habe ich gefragt. Meiner Erfahrung nach kann man sich zu Tode mit dem Erlernen von Skills abmühen, wenn man nur auf Reiz- und Anspannungszustände achtet. Ist nur meine Erfahrung und das wollte ich dalassen. Weil das muss sich ja nach ständigem Scheitern anfühlen, wenn man versucht und verscuht und versucht und es "nicht hinbekommt".

  • Aber verbietest du sie dir nicht genau dadurch bereits vorweg?

    Das ist durchaus möglich. Ich hab festgestellt beim lesen, dass der Therapeut mir einiges als Hausaufgabe gegeben hat. Und das mache ich als pflichtbewusste Patientin dann auch.

    Einiges hat geklappt, es zu machen, geändert hat es aber nichts am svv.

    Deshalb vermute ich, dass er an anderer Stelle ansetzt,siehe die beiden Voraussetzungen für die ambulante weitere Therapie.

    das muss sich ja nach ständigem Scheitern anfühlen, wenn man versucht und verscuht und versucht und es "nicht hinbekommt".

    Genau. Und das macht es dann noch schlimmer und deshalb schau ich da jetzt mal eine Weile einfach nicht hin. Mache Hausaufgaben, ohne darüber nachzudenken, wozu sie gut sind. Schreibe hier, wenn ich vor dem svv bin, weil ich das Gefühl habe, dass ich es dann vielleicht irgendwann packe, etwas anderes zu machen. Versuche zu chatten. Eben all das.

    Ich versuche glaube ich, gerade, zu üben, das svv als Symptom zu sehen und mich erstmal darauf zu konzentrieren, die Nachsorge aufzubauen.

    Hm

    Ja, ich glaub, das stimmt.

  • Und ich hab neue Utensilien gekauft. Verdammt.

    Ich hab doch gestern und heute so viel verstanden. So viel gelernt. So viel durchschaut.

    Warum kann ich es nicht mal lassen??? Wenigstens einmal?

    Warum spüre ich es nicht, sondern verstehe es nur??? :wall::52::60::64::hau::76::az::eh::cc:

  • Hey Nintje,

    ich wollte dir ein kurzes "Ich lese dich.." dalassen und ein Zitat von dir selbst, was vielleicht in genau so einer Situation gut ist, sich nochmal kurz vor Augen zu führen:-)

    Zitat

    Ich versuche glaube ich, gerade, zu üben, das svv als Symptom zu sehen und mich erstmal darauf zu konzentrieren, die Nachsorge aufzubauen.

    Ich finde den Satz gut, habe mich -nach wie vor- darin wiedergefunden.

    Vielleicht hilft es dir ein wenig, dir das auch nochmal anzusehen.

    Zwischen Verstehen, Spüren und Verinnerlichen liegen manchmal Welten und oft auch viel Zeit,Kraft, Geduld...

    sich selber Druck zu machen, kenne ich, kann ich nachvollziehen und weis daher aus eigener Erfahrung das es nicht sehr hilfreich ist.

    Alles leichter gesagt als getan, deswegen an dieser Stelle einfach: Ich lese dich hier mit :smiling_face:

    Hab einen sicheren Abend,

    Diebin

  • Danke dir Diebin. Dir auch einen sicheren Abend!!!

    Es ist so gut zu lesen, dass jemand wirklich versteht, was gerade passiert. Auch wenn ich es niemals jemandem wünsche, es ist schön, nicht allein zu sein.

    Dieses "jetzt hat sie es doch kapiert, warum hört sie dann nicht auf?", gibt es in mir ziemlich stark. Und ich vermute, dass sicher auch andere Menschen so denken. Bei dem ersten TS-Chat bin ich an so jemanden geraten. Das ist aber nicht als Vorwurf gemeint, es zeigt nur, dass es wirklich schwer zu verstehen ist... innen und außen.

    :krank1:

    Jetzt sitze ich hier und versuche, auf morgen zu schieben.... Es muss doch wenigstens für heute gut sein... :hmpf:

  • Hallo liebe Nintje,

    was Du schreibst hat mich sehr berührt. Ich persönlich kenne das SVV nicht. Und irgendwie doch. Mir selbst schaden, wenn es mir nicht gut geht. Mir noch mehr abverlangen, nie gut genug. Ich verletze mich nicht, aber nicht schlafen, essen, für mich sorgen, das alles kenne ich nur zu gut. Vieles von dem was Du schreibst kenne ich. Vor allem aber den Gedanken "Ich habe es doch verstanden. Warum kann ich es nicht ändern"?

    15 Jahre bis der Groschen gefallen ist: Verstehen im Kopf, intellektuell, bringt gefühlsmäßig genau gar nichts. Nur ein weiteres "ich bin halt zu doof / unfähig / nicht gut genug"

    Bei mir war es die fehlende Selbstliebe, sich selbst nichts gönnen und immer die vermeintlichen Erwartungen anderer Leute erfüllen zu wollen. Es hat mir sehr gut getan mit Affirmationen zu arbeiten. Meine ganzen negativen Gedanken über mich selbst, meine Unzulänglichkeiten, alles wo ich die Erwartungen anderer Menschen nicht erfülle, runter zuschreiben. Und dann jeden einzelnen Satz ins Positive umzudrehen. Sie auf Karten zu schreiben. Immer präsent. Nicht übertrieben chaka mäßig, in einer abgeschwächten Form. Oft mit "ich erlaube mir" beginnend (gut zu mir selbst zu sein, wieder zu lieben, geliebt zu werden, mich so zu zeigen wie ich wirklich bin...)

    Am Anfang war es der Kopf, der Verstand, aber irgendwann kam das Gefühl dazu. Wenn Du so einen Satz immer und immer wieder liest, dann kommt irgendwann diese kleine Stimme die sagt "ja, warum eigentlich nicht. Vielleicht stimmt das tatsächlich und ich bin gar nicht so eine große Plage für die anderen". Irgendwann sind dieses ganzen Gedanken, vom Kopf ins Herz gewandert. Steter Tropfen höhlt den Stein. Und ich habe irgendwann angefangen bestimmte Dinge zu fühlen. Wirklich im Herzen zu fühlen statt nur im Kopf Gefühle zu denken. Dadurch hat sich viel aufgelöst und irgendwann habe ich gemerkt, warum dieses "Wissen" und all die Jahre der Therapie nie einen Durchbruch gebracht haben. Es war mein Verstand, ich wusste alles. Aber gefühlt habe ich nichts davon, gar nichts. Verändert hat es sich erst als das Fühlen dazu kam. Ich irgendwie die Selbstliebe entdeckt und aufgehört habe mich selbst fertig zu machen, abzuwerten. Prozesse, die ich durch die Therapie verstanden habe. Aber dieses Verstehen hat es nur schlimmer gemacht, denn ändern konnte ich es nicht. Es war nur ein weiterer "zu blöd für..." . Seit dem ich mir das Fühlen erlaube und weniger denke, geht es kontinuierlich aufwärts, wenn der Weg auch lang und steinig ist. Aber es lohnt sich.

    Puh, so viel wollte ich gar nicht schreiben. Und ich möchte auch nicht übergriffig und neunmal-klug daher kommen, wo ich ja selbst nicht mal betroffen bin. Ich hoffe sehr, dass Du für Dich einen guten Weg findest. Bin ganz viel Vertrauen in Dich und Deine Fähigkeiten, Kraft, Hoffnung und Mut. Und vor allem eine ganz große Portion Selbstliebe.

    Liebe Grüße

    Lisa

  • Verstehen im Kopf, intellektuell, bringt gefühlsmäßig genau gar nichts. Nur ein weiteres "ich bin halt zu doof / unfähig / nicht gut genug"

    Hi Cai,

    das trifft gerade mein Gefühl!

    Seit dem ich mir das Fühlen erlaube und weniger denke, geht es kontinuierlich aufwärts,

    Im Moment fühle ich vor allem Angst und Schuld und Scham....

    Puh, so viel wollte ich gar nicht schreiben. Und ich möchte auch nicht übergriffig und neunmal-klug daher kommen, wo ich ja selbst nicht mal betroffen bin.

    Dass du mir was schreibst und dazu noch etwas, das stimmig zu dem ist, was in mir passiert, ist lieb. Nicht übergriffig, neunmalklug oder ahnungslos. Und betroffen bist du vielleicht auch, nur anders?

    Danke!

    Auch, dass ich nicht allein bin in der Nacht...


    Bei mir war es die fehlende Selbstliebe, sich selbst nichts gönnen und immer die vermeintlichen Erwartungen anderer Leute erfüllen zu wollen.

    Ja. Das ist mir lange gelungen. Ohne dass ich gemerkt habe, dass ich das tue, weil ich davon überzeugt bin, für meinen Lebensberechtigungsschein etwas tun, geben zu müssen. Erst, als ich es nicht mehr geschafft habe, allen Rollen gerecht zu werden, die verschiedenen Faktoren zu viel wurden, erst als ich einen Burnout hatte und dann auch nicht mehr arbeiten konnte, brach alles zusammen.

    Und jetzt stehe ich vor den Trümmern meiner Selbsttäuschung.

    Es hat mir sehr gut getan mit Affirmationen zu arbeiten. Meine ganzen negativen Gedanken über mich selbst, meine Unzulänglichkeiten, alles wo ich die Erwartungen anderer Menschen nicht erfülle, runter zuschreiben. Und dann jeden einzelnen Satz ins Positive umzudrehen.

    Ich finde das einen guten Gedanken. Wenn ich auch glaube, dass ich noch nicht soweit bin. Aber ich arbeite dran...

    Einmal editiert, zuletzt von nintje (24. Mai 2020 um 03:31) aus folgendem Grund: Ein Beitrag von nintje mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Im Moment fühle ich vor allem Angst und Schuld und Scham....

    Ich hatte auf meinem Weg, oder zumindest dem ersten Stück des Weges, eine tolle Begleitung. Sie hat mir beigebracht, dass jedes Gefühl innerhalb von max 60 Sekunden wieder weggeht. Wenn wir es zulassen. Und dabei nicht denken, also kein neues Futter auf das Gefühl, kein Mindfuck die Situation noch mal im Kopf durchzuspielen, nicht bewerten, beurteilen, einfach nur das Gefühl spüren. Gefühle wollen in erster Linie da sein dürfen. Sie stören nur solange wir sie immer wieder wegdrücken, weil wir sie nicht haben wollen. Dann kommen sie immer massiver zurück um auf sich aufmerksam zu machen. Schaut man sie an und lässt sie da sein, gehen sie von alleine weg. Werden schwächer, stören weniger. Ungefähr so wie kleine Kinder, die nicht genügend Aufmerksamkeit von uns Mamas bekommen....

    Dieses Gefühle wahr nehmen und da sein lassen, war teilweise so schlimm, dass ich umgefallen bin, nicht atmen konnte und wirklich dachte "oh gott, so fühlt sich sterben an" Aber was stimmte war, innerhalb weniger Sekunden war das übermächtige Gefühl gar nicht mehr so groß. Und nach vielleicht 30 Sekunden tatsächlich so gut wie weg. Und diese Gefühle sind auch tatsächlich nicht mehr zurückgekehrt. Nicht in dieser Intensität. Sie durften sich zeigen und ich habe ihre Existenz anerkannt. Irgendwie haben diese Dämonen dadurch aufgehört mich so massiv zu verfolgen. Und auch für mich haben sie ihren Schrecken verloren. Dieses Gefühl trägt mich. Und es ist eine wichtige Ressource geworden. Das Vertrauen darin, dass auch das schlechteste Gefühl in kürzester Zeit seine Intensität verliert, wenn ich einfach nur liebevoll hinschaue. Und akzeptiere, dass eben auch diese Gefühle zu mir gehören. Da sein dürfen. Und so lange einfach atmen, fühlen, nicht denken, und lieb zu mir selbst sein.

    Meine Yoga-Lehrerin wünschte mir mal zum Geburtstag: "Vertraue dem Leben, denn es meint es gut mit Dir." Der Gedanke dahinter ist wohl, wo Vertrauen ist, hat Angst keinen Platz. Es dauert, vielleicht auch Jahre. Aber mir haben solche Mantren echt geholfen durch schwierige Zeiten zu kommen. Wie ein Gebet. Einfach immer wieder wiederholen, sich aus den schlechten Gedanken rausholen. Etwas positives (oder zumindest neutrales) dagegen setzen.

    Und wenn es mal nicht klappt (das ist mein persönliches Lieblingsmantra geworden ;-)): "Ich bin nur ein Mensch!" Nachsicht und Mitgefühl für meine eigenen Versäumnisse und Fehler, aber auch für die meiner Familie, meines Chefs, Nachbarn, etc. "nur ein Mensch". Bestimmt ein Jahr lang habe ich hier mir das immer und immer wieder sagen müssen. Nur ein Mensch. Puh, da fange ich schon direkt wieder an zu weinen.:eyes:

    Hey, ich freue mich, wenn ich Dir ein wenig helfen oder Dich zumindest ablenken konnte. Nun muss ich allerdings auch ganz dringend ins Bett gehen und zumindest versuchen zu schlafen. Pass auf Dich auf und sei nett zu Dir.


    Kennst Du eigentlich diesen Blog: RECONNECTED – A Borderline Story with Happy End

    Der hat mir immer viel Mut gemacht und mich aus manchem Loch ein wenig rausgeholt.#

    Jetzt aber :sleeping_face:

    Einmal editiert, zuletzt von Caillean (24. Mai 2020 um 03:51) aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Caillean mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Ich hab Angst.

    Ich hab...

    Es tut..

    Fuck

    Die Wunde sieht nicht so gut aus. Seit vorgestern.

    Ich sollte vielleicht zum Arzt gehen.

    Ich hab Angst.

  • Okay, ich versuche, jetzt gegen die Angst zu schreiben. Einfach runterschreiben, was ich denke und machen kann. Sonst verfalle ich in Panik.

    Atmen.

    Ich sollte zum Arzt gehen und die Wunde checken lassen. Ich bin unsicher, ob sich da etwas Ungutes entwickelt. Etwas potentiell Lebensbedrohliches. Dr. Google schlägt zwar noch nicht Alarm aber es fühlt sich etwas grundlegend nicht richtig an.

    Da ich erst am Di Nachmittag den Therapietermin habe und es da nicht vorbereiten kann, muss ich es irgendwie alleine hinkriegen, nachher (es ist ja eigentlich schon Montag morgen) zum Arzt zu gehen.

    Ich hab den pflichtbewussten Teil in mir. Das ist der stärkste positive Anteil, den ich gerade zur Verfügung habe. Okay, den nutze ich jetzt.

    Also

    Meine Pflicht ist es, absprachefähig zu bleiben. Ich hab es versprochen und das wird gehalten.

    Meine Pflicht ist es, meinem Kind nicht die Mutter zu nehmen, meinem Mann nicht die Frau, meiner Mutter nicht ihre Tochter und meinen Geschwistern nicht die Schwester.

    Egal, was ich von mir halte, wie viel Schuld ich auf mich geladen habe, was für ein unwerter Mensch ich bin, diese Menschen würden es nicht oder nur sehr schwer verwinden, wenn ich sterben würde odee mehr als Narben zurück behalte.

    Das heißt, ich muss mich so verhalten, dass ich sicher sein kann, dass das, was da grad ist, nicht lebensbedrohlich ist.

    Soweit so gut. Darauf kann ich mich einlassen. Da sagt auch der Drache nichts dagegen.

    Ich habe eine gute Hausärztin. Eine, die zuhören kann. Ich kann nachher dort anrufen und mir einen Termin geben lassen.

    Ich kann einen Zettel schreiben, den ich ihr gebe mit der Bitte, die Wunde rein medizinisch zu beurteilen und zu behandeln. Dass sie nicht nachfragt, wie genau das passiert ist, es sei denn, das ist für die Behandlung erforderlich.

    Das kann ich schaffen.

    Das ist eine vertrauenswürdige Ärztin, die sich wahrscheinlich daran halten würde. Außerdem weiß sie sowieso schon durch den Arztbrief der Psychiaterin, dass ich früher mal svv gemacht habe. Dann ist ein Rückfall also nicht unbedingt eine Überraschung für sie. Sie würde vermutlich aufgrund dee Umstände auf svv tippen und nicht an anderes denken.

    Was, wenn sie wissen muß, womit die Verletzungen passiert sind?

    Jetzt kommt wieder Panik.

    Okay.

    Wenn sie es wirklich wissen muß, dann muß ich das sagen. Weil ich meine Pflicht erfüllen muss.

    Und dann eventuell später dafür bezahle. Das wäre nicht toll aber immer noch besser als Lebensgefahr. Wenn dee Drache daraufhin brüllt und verlangt, dann bezahle ich eben. Das kann ich schaffen.

    Was sage ich der Arzthelferin, wenn ich um einen Termin bitte? Sie wird fragen, warum ich kommen will.

    Ich könnte sagen, dass ich eine Verletzung habe, auf die ein Arzt schauen sollte.

    Das geht,das kann ich tun.

    Wenn sie fragt, was für eine Art von Verletzung?

    Was könnte ich sagen?

    Ich krieg grad Panik.

    Atmen.

    Also ich könnte sagen, dass ich das lieber der Ärztin sagen wollen würde. Oder dass ich darüber nicht sprechen möchte.

    Dann denkt die Arzthelferin entweder an einen Sexunfall oder an Misshandlung. Oder vielleicht auch an svv. Das weckt den Drachen.

    Atmen

    Ich könnte auch ganz sachlich sagen, welche Art der Verletzung es ist.

    "Ich hab mich xxxx"

    Klingt nach Küchenunfall.

    Also unauffällig, die Arzthelferin denkt sich dann vielleicht gar nichts. Bessere Lösung. Wenn der Drache brüllt, dann ist es eben so.

    Was könnte noch sein?

    Zu allen anderen Fragen könnte ich schweigen. Oder sagen, dass ich darüber nicht sprechen möchte.

    Das könnte klappen.

    Das muss klappen, sonst kann ich mein Versprechen nicht halten.

    Okay.

    Panik ist im Griff, nicht weg, aber im Griff.

    Mal sehen, ob ich es dann um 8 noch schaffe...

    Vielleicht fühlt es sich nachher besser an, dann kann ich bis Di warten... Oder gar nichts machen.

    Mal sehen, um 8 seh ich weiter.

  • Das falsche Gefühl ist nicht mehr so stark.

    Ich finde 100 Gründe, nicht zum Arzt zu gehen. Die Panik und das Kopfkino schlagen Kapriolen.

    Hab aber einfach nur aus Vorsorge eine Karte vorbereiten. Da steht

    Liebe Frau Dr. XY

    für den Fall, dass ich es nicht schaffe, vernünftig zu reden, habe ich diese Karte vorbereitet.

    Bitte schauen Sie rein medizinisch auf die Wunde. Wenn es nicht für die Behandlung erforderlich ist, fragen Sie bitte nicht, wie genau die Wunde entstanden ist oder ob und wo ich Schmerzen habe. Bitte sagen Sie auch nichts darüber, wie leicht oder schwer die Wunde ist.

    Und bitte verlangen Sie nicht von mir, dass der Verband lange dranbleiben muss.

    Es tut mir leid, dass es so kompliziert ist.

    Ich weiß mir gerade nicht anders zu helfen.

    Danke

    Ich hoffe, diese Kommunikation ist einigermaßen erwachsen.

    Mal sehen, ob ich überhaupt anrufen kann. Ich zitttere total. Kind hab ich wieder ins Bett geschickt, Mann schläft noch.

    Ich bin in Panik.

  • Ich hab es bis jetzt noch nicht geschafft, anzurufen. Aber da sind rote Stellen, wo sie nicht hingehören bzw wofür es keine unmittelbare Erklärung gibt.

    Was macht mir gerade am meisten Angst.

    Ich hab Angst, dass sie mir das svv "wegnimmt"

    Das kann sie nicht. Dafür müsste sie mich zwangseinweisen und dafür erfülle ich nicht die Kriterien, besonders dann nicht, wenn ich zu ihr gehe um die Wunde versorgen zu lassen.

    Ich hab Angst, dass sie irgendwas macht, mich zum Psychiater schickt oder sowas, ohne dass dee Therapeut davon weiß. Dass sie mich überredet, freiwillig in die Klinik zu gehen. Dann lasse ich meine Familie von jetzt auf gleich im Stich.

    Sollte es wirklich dazu kommen, kann ich auf jeden Fall darum bitten, ihn zu informieren bzw. sagen, dass ich vorher mit ihm sprechen möchte. Und ich kann Schritte festlegen, wie meine Familie Hilfe bekommen kann.

    Ich kann das. Ich kann für mich sorgen, meine Versprechen halten und dahin gehen. Ich schaffe das.

    Ich muss. Ich habs versprochen, dass ich mich nicht umbringe. Und wenn da wirklich was ungutes ist, muss was passieren.

    Aber vielleicht ist es gar nicht so dramatisch. Ein bissl rot ist nicht so gut, aber auch nicht schlimm. Kein Fieber, keine heißen Stellen.

    Ich mach echt Drama :eh:

    Alles nicht so schlimm. Einfach atmen und anrufen. Mehr nicht. Das ist doch nicht so schwer. An alles andere kann ich danach wieder denken.

    Jetzt nur anrufen.

    Das ist zu schaffen.

    ....


    Ich habs geschafft. 11 Uhr soll ich hin.

    Es war wie ich es vorbereitet hab.

    Die Arzthelferin hat gefragt, was passiert ist. Ich hab einfach gesagt, dass ich mich ...hab. Daraufhin meinte sie, dass da dann ja heute noch jemand draufschauen sollte und sagte 11 Uhr.

    Mir ist zwar kotzübel aber ich hab es geschafft.

    Schrittchen für Schrittchen, nicht mehr.

    Jetzt muss ich Familie sagen, dass ich mal weg muss. Ins Auto steigen, hinfahren.

    Nicht mehr.

    Das kann ich schaffen.

    :fy:

    Einmal editiert, zuletzt von nintje (25. Mai 2020 um 10:29) aus folgendem Grund: Ein Beitrag von nintje mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Hey Nintje,

    ich bekomms grad nicht hin irgendwelche Komplexeren Sätze zu schreiben, aber ich möchte dir dalassen:

    Du machst das gut. Das finde ich zumindest. Dein Text nr. #216 hat mich beeindruckt.

    Einfach Atmen, sollte ich mir auch öfter sagen, danke für diese simple Inspiration.

    Ich Atme also mit dir, versuche es zumindest.

    Und schicke dir eine Portion Ruhe für deinen Termin gleich.

    Viele Grüße,

    Diebin

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