Ist er sexsüchtig, oder stimmt mit mir was nicht?

  • Ich versuch mein Thema mal kurz und reduziert zu beschreiben und bitte um Nachfragen wenn was unklar ist. Wenn ich aushole komm ich von Hölzchen auf Stöckchen und am Ende wird es ein Buch! ?

    Heute sind wir mal wieder im Streit auseinander gerauscht, weil ich genervt und mit Unlust auf den Wunsch nach Sex reagiert habe. Jetzt allein zuhause hab ich bei der Recherche zum Thema Sexsucht dieses Forum gefunden und hoffe hier Anregungen, Austausch und vielleicht auch Klarheit zu finden.

    Ich fang einfach mal mit der aktuellen Situation an, ohne auf unsere Geschichte und Hintergründe einzugehen und möchte einfach wissen wie das was ich erlebe von anderen eingeschätzt wird. Ich versuche es auch sachlich und neutral zu formulieren, soweit das geht. Wenn Fragen offen sind oder etwas unklar ist, bitte einfach ganz offen nachhaken!

    Mein Mann und ich sind seit 13 Jahren ein Paar und wir leben in einem Haushalt mit 2 Kids. Ständig gibt es Streit wegen zu wenig Sex. Sobald mein Mann und ich uns sehen, macht er Anspielungen, verhält sich anzüglich, begrabscht mich (meistens direkt an intimen Stellen) oder fragt direkt nach Sex. Inzwischen lässt er es, aber eine Zeitlang war es noch so das er wenn wir getrennt waren (Arbeit, verreist, etc.) bei jedem Kontakt nach Sexfotos oder Videos von mir gefragt hat. Er findet das natürlich normal und hält sich für besonders potent, mich dafür, für leicht frigide). Ich weiß von ihm, das er fast täglich masturbiert, auch manchmal noch nach Sex mit mir, das er teilweise viele Stunden täglich Pornos schaut (auch bei der Arbeit oder im Auto). Auch sonst ist er sehr sexistisch. Ich kann kaum ein Wort sagen ohne das er es sexuell interpretiert, sexuell anzügliche Witze macht. Auch anderen Menschen gegenüber ist er diesbezüglich indiskret und zum Teil sehr vulgär.

    Gehe ich nicht auf seine sexuellen Avancen ein, gibt es mehrere Abläufe. Entweder versucht er das zu ignorieren und trotzdem irgendwie „ranzukommen“, angeblich weil er dann meint ich würde im Grunde doch wollen oder unterwegs Spass dran finden. Oder die Stimmung kippt und er wird schlecht gelaunt, verhält sich dann unfreundlich oder sucht Streit.

    Alle paar Tage haben wir dann doch Sex. Das ist aber nie genug, so nach dem Motto „nach dem Sex ist vor dem Sex“.

    Inzwischen weiß ich wirklich nicht mehr ob ich mich da in was reinsteigere oder ob es wirklich einfach zu viel ist!

    So hier lass ich es erst mal. Schon jetzt vielen Dank für jedes hilfreiche Kommentar und jeden Tip!

  • Mir scheint, da treffen zwei Extreme aufeinander. Er hat wohl eine ausgesprochen starke Libido, während das bei dir scheinbar nicht so sehr ausgeprägt ist (oder vielleicht auch "nur" normal).

    Ob bei deinem Mann von Sexsucht gesprochen kann, wage ich - ohne jetzt die Details zu kennen - zu bezweifeln. Bei einer Sexsucht entartet das Verhalten derart, dass der Betroffene sich selbst schädigt. Ob dein Mann das tut, kann ich aus deiner Schilderung nicht erkennen. Andererseits meine ich, dass er nahezu alle Symptome von Hypersexualität zeigt, was auch eine Krankheit nach IDC-10 ist. Nur - wenn dein Mann das nicht als Krankheit empfindet, kann man da ohne seine Mitwirkung und Zustimmung nichts machen.

    Das Einzige was ich dir da vorschlagen kann ist eine Paartherapie. Aber dafür müsste auch bei ihm ein Problembewußtsein bestehen. Oder Liebe, und er ist bereit etwas zu tun, was dir - und letztendlich damit auch eurer Beziehung - vielleicht helfen könnte. Vielleicht kannst du ihn ja irgendwie überzeugen.

  • Hallo Dorle,

    bei Freunden von mir hat sich letztlich rausgestellt, dass das beim Mann organische Ursachen hatte. Seine Testosteronwerte waren einfach komplett außer Rand und Band.

    Bevor man da psychisch total viel reininterpretiert, lohnt sich vielleicht auch mal der Blick auf den Hormonspiegel, zur Sicherheit.

    Euer Sexualleben zu beurteilen ist fragwürdig, denn was ist schon "normal". Ihr seid nur mit euren Bedürfnissen so derzeit nicht ganz kompatibel. Das muss jetzt nicht heißen, dass einer "falsch" ist. Dennoch ist ein Blick hinter die Kulissen auch nicht ganz abwegig und schon so manch eine Sexualtherapie hat eine Ehe gerettet. Da ist ja auf beiden Seiten erheblicher Leidensdruck vorhanden. Liest sich, als lohnt es sich für eure Lebensqualität Hilfe in Anspruch zu nehmen.

  • Danke für Deine Antwort Rabert,

    Ja ich hab auch immer gedacht das er einfach nur eine starke Libido hat. Meine Libido ist grundsätzlich nicht schwach, eher normal bis stark. Ich mag Sex und hab ihn auch gerne auf jede erdenkliche Weise, gerne oft und wenn die Stimmung passt auch zweimal am Tag. Allerdings „erstickt“ mein Mann mit seinem Verhalten jede aufkeimende Lust schon im Keim. Inzwischen bin ich schon so sensibilisiert das das Thema Sex langsam negativ behaftet ist und ich inzwischen schon versuche dem ganzen Thema aus dem Weg zu gehen, selbst wenn ich Lust habe. Ich vermisse die Nähe zu meinem Mann und den vertrauten Umgang, weiche ihm aber aus weil ständig, wirklich bei jeder Begegnung, die Frage/Forderung nach Sex im Raum steht. Vielleicht liest sich mein erster Post etwas „seicht“ weil ich versucht hab rational und sachlich zu beschreiben.

    Ich Versuchs mal deutlicher: Als wir uns kennen lernten hat mein Mann andere Sex-Beziehungen und Sexdates parallel geführt, sowie 1000-3000€ für Telefonsex ausgegeben. Dazu kam noch der „Konsum“ von Live-Sexchats und Dates mit Professionellen. Natürlich nicht alles immer gleichzeitig aber fließend mit Überschneidungen. Irgendwann hab ich das mitbekommen aber er hat geleugnet bis Beweise auf dem Tisch lagen. Dann hat er versprochen es zu lassen und so ging es von Vorne los. Dieses spiel mache ich so seit 13 Jahren. Inzwischen ist er etwas ruhiger geworden, trifft sich nicht mehr mit anderen und bedrängt dafür mich. Ich glaube er empfindet es als meine Pflicht mich um seine Bedürfnisse zu kümmern wenn er nichts mehr außerhalb macht.

    Auch von seinen Exfrauen & -Freundinnen mit denen ich zum Teil inzwischen gut befreundet bin, weiß ich das er schon früher so war. Sogar seine inzwischen erwachsene Tochter erzählte mir mal im Vertrauen das sie ihren Vater für Sexsüchtig hält, ohne das ich sie danach gefragt hätte. Damals bin ich nicht darauf eingegangen und hab nur zugehört.

    Mein Mann versucht bei wirklich jeder Gelegenheit, egal ob unsere Kids anwesend sind oder nicht, Sex von mir zu bekommen, mich anzusexen oder wird irgendwie übergriffig. (So empfinde ich es zumindest) Sobald wir uns im Arm haben muss er mir in den Schritt fassen, die Hand in den Po schieben oder mich sonst irgendwie empfindlich berühren. Einfach nur zärtlich sein kann er nicht bei mir. Es geht immer, jedes einzelne Mal wenn wir uns über den Tag hinweg begegnen um Sex der jetzt stattfinden könnte/sollte. Ist das wirklich nur eine starke Libido?

  • Hallo Grany, danke für Deine Antwort. Ein guter Tip. Komisch das bei Frauen immer gleich an Hormonelle Ursachen gedacht wird, und bei Männern kommt man garnicht drauf daran zu denken. Werde das auf jeden Fall mal anregen.

    Ich erwarte garnicht das hier unser Sexualleben beurteilt wird, ich suche nur Feedback um mir klarer zu werden. Ich brauch hier keine Diagnose, einfach nur verschiedene reale Erfahrungen und Meinungen von Menschen die in diesem Bereich ein Thema haben. Sowas bespricht man ja nicht so leicht im eigenen Umfeld. Und selbst wenn es vertraute Menschen gibt denen ich sowas erzählen würde, ergreifen diese ja gerne meine Partei und das ist meistens nicht neutral und für meine Beziehung nicht unbedingt hilfreich.

    Ich mach das schon so viele Jahre mit, und wollte bereitwillig Erklärungen hören die mir „das Bleiben“ ermöglichen. Die Folge ist und war das ich die Ursache bei mir gesucht hab und mich immer unzulänglicher fühle weil die Probleme nicht weggehen und ich nicht in der Lage bin eine funktionierende Beziehung zu führen. Heute kam irgendwie der Impuls das es vielleicht garnicht an mir liegt. Das nicht ich zuwenig will, sondern er Zuviel. Keine Ahnung ob da was dran ist. Vielleicht wünsch ich mir auch das es eine Sucht ist, damit ich nicht Schuld bin und er nichts dafür kann...? Ich denke meine Verwirrung liest man aus meinen Zeilen heraus und ich bin wirklich froh über jeden Gedanken, Tip oder Anregung!

  • Ist das wirklich nur eine starke Libido?

    Nein, so wie du das beschreibst wohl eher nicht. Was jedoch fehlt um von Sexsucht zu sprechen, ist der Leidensdruck bei ihm. Der dringende Wunsch damit aufzuhören es aber nicht zu können. Das ist wohl eher ein Fall von extremer Hypersexualität. Nach deiner Beschreibung erscheint mir dein Verhalten eher gesund und seines eher ungesund zu sein. Ich würde nicht sagen, du wärest Schuld an dieser Situation.

    Dein Mann scheint in der Tat krank zu sein. Ob es hormonell ist, wie grany schreibt, oder psychisch, oder gar beides, kann nur ein Facharzt beurteilen. Wenn dein Mann mittlerweile mit seiner Hypersexualität eure Beziehung gefährdet, ist Handeln angesagt. Das könnte schwierig sein, wenn er selbst keinen Leidensdruck hat und er sein Verhalten als normal betrachtet. Eine Paartherapie oder Sexualtherapie ist wohl in der Tat das Einzige, was dir, euch und ihm helfen könnte. Es muss dir nur gelingen ihn davon zu überzeugen, dass dieser Schritt notwendig ist, wenn eure Beziehung eine gute Zukunft haben soll. Da - wie du schreibst - an seinem diesbezüglichen Verhalten schon mehrere frühere Beziehungen gescheitert sind, wird da wohl ein Muster erkennbar. Ob du das durchbrechen kannst, kann ich nicht beurteilen. Mit einer Therapie könnte das vielleicht gelingen - aber nur, wenn er das auch will.

    Ohne die Mithilfe deines Mannes wird sich eure Situation nicht verbessern. Wenn er nicht mithelfen will, weil er keine Veranlassung dazu erkennt, musst du wohl überlegen, ob und wie lange du das noch mitmachen kannst oder willst.

  • Ich gehe davon aus, du hast ihn schon direkt darauf angesprochen?
    Offen dargelegt, dass du sein Verhalten schon Übergriffig findest und er damit deine Lust schmälert?!

    Was sagt er denn dazu?

  • Ja ich hab das schon mehrfach angesprochen, auf alle erdenkliche Weise. Seine Haltung/Reaktion wechselt. Manchmal zeigt er Verständnis für mich, häufiger findet er sein Verhalten und seine Bedürfnisse normal und meine falsch. Das sein Verhalten meine Lust schmälert fällt ihm allerdings sehr schwer anzunehmen. Aber wer ist schon gerne an irgendwas schuld. Im Grunde ist er glaub ich der Meinung ich solle froh sein das er in seinem Alter noch so potent ist und das ich einen Partner habe der nach so langer Beziehung noch so viel Interesse an mir zeigt.

    Ich stimme im da sogar teilweise zu. Für mich stimmt es einfach ab dem Punkt nicht mehr, wo es mich verletzt und er trotzdem weiter macht. Deshalb bin ich auch hier. Natürlich muss er meine Grenzen wahren, das steht außer frage und es ist nicht ok, das er es nicht macht. Für mich, um an unserer Beziehung zu arbeiten, ist aber wichtig herauszufinden ob ich ein verstecktes Problem habe das mich zu empfindlich macht oder ob er ein Problem hat das ein „Zuviel“ auslöst. Ich weiß das es Paartherapien gibt, allerdings nicht kurzfristig. Deshalb bin ich erstmal hier und suche Input.

    Kommt am Ende heraus das wir beide ok sind und einfach nicht kompatibel ist das immerhin auch eine Ausgangsbasis auf der man Lösungen suchen kann. Mir ist nur wichtig aus dieser Abwärtsspirale von gegenseitigem Frust, Vorwurf und Rückzug herauszukommen, denn das trennt uns und bringt uns nicht weiter.


    PS: Rabert: Danke für die Antwort, was Du schreibst passt schon sehr gut und hilft mir alles klarer zu sehen. Ich hab auch den Eindruck das der Leidensdruck fehlt und auch solche Faktoren wie die mangelnde Genussfähigkeit während sexueller Erlebnisse. Beides ist eher genau umgekehrt.

  • Bitte nicht wundern, ich hab deine letzten beiden Beiträge zusammengefügt - waren ja nur im Abstand weniger Minuten, selbst kannst du auch 20 Minuten editieren (Beitrag bearbeiten).

    Ich hab auch den Eindruck das der Leidensdruck fehlt

    Dieses Kriterium, welches ja bei Suchtkrankheiten für die Diagnoseerstellung verwendet wird, muss nicht unbedingt gegeben sein.

    Zum einen heißt es für die Diagnose, mehrere (normal mindestens 3) Kriterien sollten für längere Zeit (meist 6-12 Monate) gegeben sein ...

    Hier sollte man aber berücksichtigen, im engeren Sinne geht es ja nicht um eine Sucht, vielmehr ist Sexsucht eine Verhaltensstörung.

    Da ich aber auch beide Begriffe verwende, ist es auch im Suchtbereich bei uns richtig aufgehoben :winking_face:

    Zurück zum Zitat :wall:

    Das Kriterium Leidensdruck kann man auch anders definieren ..

    Ein wichtiger Indikator kann nämlich auch der Zustand des jeweiligen Partners für die Diagnosestellung sein.

    Das Vorhandensein eines krankhaft übersteigerten Sexualverlangen kann sich auch zeigen, wenn sich der Partner nur noch überfordert fühlt - also der Leidensdruck sozusagen übergeben wird.

    Warum auch soll Leidensdruck verspürt werden, wenn man sich ständig durch allen möglichen Konsum "berauscht" :winking_face:

    Im Grunde ist er glaub ich der Meinung ich solle froh sein das er in seinem Alter noch so potent ist und das ich einen Partner habe der nach so langer Beziehung noch so viel Interesse an mir zeigt.

    Auch hier zeigt sich, wie gerade beschrieben, eine Übergabe.

    Für mich stimmt es einfach ab dem Punkt nicht mehr, wo es mich verletzt und er trotzdem weiter macht.

    Absolut, hier könnte man auch ein weiteres Kriterium ansetzen - Konsum geht über alles, also auch wenn es schädliche Auswirkungen hat.

    Ich denke du solltest das aber grundsätzlich anders bewerten!

    Egal wie gravierend die Hypersexualität (eben auch Sexsucht genannt, fachlich eigentlich kein Unterschied) deines Mannes auch sein mag, ob es eine klare Diagnose gibt oder nicht, letztlich musst du für dich herausfinden wie du mit der Gegebenheit umgehen kannst oder willst.

    Nach jetziger Bewertung wird es kaum zu einer Veränderung kommen, also Therapie deines Mannes oder mögliche medikamentöse Therapie.

    Also musst du ja entscheiden, kann und will ich das weiter ertragen?

    Daher würde ich dir selbst eine therapeutische Unterstützung ans Herz legen - nicht weil du krank bist, sondern dich bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen.

    Langfristig wird es auch bei dir in Krankheit enden, wenn man andauernd unter einer solchen Belastung leben muss.

    Das könnte eine Beratungsstelle sein, genauso aber auch eine SHG, einfach mit dem Hintergrund - sich mit Anderen auszutauschen, welche aber schon auch Ahnung haben, was du da durchlebst.

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