Stimmungschwankungen

  • Hallo,

    mich würde mal eine dritte/vierte/fünfte Meinung interessieren.

    Und zwar geht es um meine Mutter, die vor ein paar Jahren in den Ruhestand gegangen ist und dann dem Alkohol etwas näher gerückt ist. Ich selbst habe das gar nicht so mitbekommen, aber sie hat sich dann freiwillig für eine Therapie entschieden und scheint seit dem trocken zu sein. Ich dachte es wird jetzt besser, aber …

    Wie dem auch sei, wir haben vor kurzem (seit Ewigkeiten) mal ein Wochenende zusammen verbracht, bei dem mir ihre extremen Stimmungsschwankungen aufgefallen sind. Man muß sehr vorsichtig mit auch nur dem kleinsten Scherz oder sonstigen Aussage sein, denn selbst wenn es absolut positiv gemeint ist, fasst sie es in 95% der Fälle negativ auf. Normalerweise als Angriff Ihr gegenüber.

    Ein Beispiel: Sie zeigt mir Bilder auf ihrem Telefon und wir plaudern und lachen drüber, dann steckt sie das Telefon weg und promt piept das Teil wegen einer neuen Nachricht. Ich sag so: „Hör mal in deiner Jacke Piept‘s“ und bekomme die Antwort: „Ja das habt ihr mir die letzten Tage mehr als deutlich gezeigt, daß es in meinem Kopf piept“ und dreht sich um und sitzt die nächsten 2h nur da und starrt in die Luft. Jegliche Versuche irgend ein Gespräch anzufangen scheitern.

    So etwas passiert auch recht häufig ohne das zutun dritter. Wir sitzen am Tisch und unterhalten uns und von einem Moment auf den anderen scheint sie wie in eine andere Welt zu fallen. Bekommt man dann dennoch ein paar Worte aus Ihr raus, dann ist alles bei uns schlecht und bei anderen sei alles viel schöner. Ich habe fast schon das Gefühl, daß egal wie nett oder interessant es irgendwo ist, es wird immer krampfhaft nach etwas gesucht was schlecht ist und das dann ausgiebig breitgetreten.

    Manchmal sitzt sie auch nur im Hauseingang und hängt ein Gesicht ein, als wäre sonstwas passiert. Ich weiß gar nicht, wie oft ich schon gefragt habe was los sei, aber nie eine Antwort bekommen. Es wäre „Nichts“

    Dazu kommt, daß ich das Gefühl habe, sie scheint sich auch für nichts wirklich zu interessieren, außer ihren Katzen (was ich extrem nervig finde). Sie kann irgendwie keine 12h mal außer Hause sein, ohne das gleich eine Versorgungskette dafür aufgebaut wird, damit die nicht verhungern. Ist man dann unterwegs und fragt, dann sagt sie: „Ist mir doch egal, was mit denen ist! Ich bin nicht zu Hause!“

    Das passt gleicht gut als Überleitung zum Trotz. Neben diesen ja fast manischen Phasen kommen extrem Trotzige hinzu. Diese sind dann fast Kleinkindartig. z.B. Wir sitzen am Tisch und sie schaut so über das Angebot. Man fragt, was gesucht wird. Marmelade, aber die ist noch im Kühlschrank. Ich stehe auf und hole das Glas. Nein, jetzt auch nicht mehr .. sie ist noch ungeöffnet. Sagt man: Dann öffne die doch. Nein nein, jetzt möchte sie keine mehr. (Das ist nur ein mildes Beispiel – das treibt sie manchmal soweit, daß ich selbst mal kurz die Nerven verliere – und ich bin normalerweise ein sehr geduldiger Mensch)…

    Ja was kann man da machen? Es ist jedes mal wenn ich mal zu Ihnen fahre ein echtes Pokerspiel, wie wird Sie denn diesmal drauf sein. Mir ist auch völlig schleierhaft, wie man Vater das aushält. Ich hab so das Gefühl sie kann gar nicht mehr normal mit ihm reden, sondern greift immer gleich zu einem ziemlich ranzigen Ton, was ich ihm gegenüber ziemlich unfair finde. Sie sagt dann immer: "Ja anders versteht er es doch nicht!"

  • Servus gismo37,

    scheinbar stimmt wirklich was nicht mit deiner Ma, was genau, kann man natürlich schlecht schreiben.

    Das du dich da unwohl fühlst und vermutlich deswegen auch nich so oft hin fährst, ist verständlich.

    Zudem ist es schwer anzusehen, wenn Eltern sich mehr oder weniger verlieren ...

    Wie du es beschreibst, kann kaum wer auf sie einwirken.

    Was sagt dein Vater dazu?

    Das beste wäre, wenn sie Kontakt mit dem ehemaligen Therapeuten aufnimmt, doch ich fürchte auch dazu wird sie eher weniger bereit sein.

    Hast du das mal angesprochen?

  • Naja, mein Vater meint sie sei wohl Phasenweise depressiv. Sie hat in ihrem Bekantenkreis so einen ganzen Rutsch an Leuten, denen es wegen Krankheit, Trennung, Tod etc.pp. schlecht geht.

    Ich hab so das Gefühl, daß diese Leute in regelmäßigen Abständen bei ihr anrufen, um sich wieder mal auszuheulen ... und meine Mom lässt das halt tierisch dicht an sich ran und heult z.T. wie ein Schloßhund, weil Person XY nen Schlaganfall hatte. Dabei kennt sie diese Leute kaum (Urlaubsbekanntschaften etcpp). Vermutlich dadurch denkt sie dann, daß es ihr auch schlecht gehen muß (kommen dann immer mal solche Sätze wie: "Das Leben ist kurz und beschissen" oder "Wir leben schon in einer beschissenen Gesellschaft").

    Wobei haben meine Eltern eigentlich alles um gut zu Leben. Geld passt, keine gravierenden Krankheiten, Schuldenfrei, usw. Ich weiß auch nicht, warum sie sich da so reinsteigert ...

    Wegen dem Terapeuten, da habe ich auch schon mal drüber nachgedacht, aber das kann ich nicht anbieten. Sie denkt sowieso, daß ich denke die sei doof, weil sie nicht studiert hat und wir besser seinen, als sie. Da kann man dann sagen, was man will, bekommt dann aber immer die Gegenfrage was sie den besser könne, als man selbst usw. Ich habe da schon alles mögliche probiert - es läuft eigentlich immer darauf raus, daß sie irgendwann der Meinung ist: Niemand braucht sie.

    Sie bräuchte eigentlich mal einen Rutsch mehr Selbstvertrauen, vor allem, wenn sie irgendwelche Dinge tut und dann aber auch mal Kritik bekommt. Ich trau mir mittlerweile gar nichts mehr nur ansatzweise kritisches zu sagen, wenn sie mal wieder was kauft, was (wirklich) rausgeworfenes Geld ist. Wenn ich überlege, wie viel Kritik ich auf Arbeit und in meinen privaten Projekten bekomme, aber ich bin der Meinung, mich macht sowas eher stärker.

    Ich muß die Tage eh mal zum Hausarzt (der sie damals zur Terapie geschickt hat), vielleicht spreche ich das Thema mal an. So wie es jetzt ist, ist es einfach nur extrem unzufriedenstellend...

  • Hallo gizmo37,

    hast du mit ihr schon ein Gespräch darüber geführt, indem du ihr zeigst, was das gefühlsmäßg mit dir macht? Also nicht im Sinne von Konfrontation mit ihrem Verhalten, auch nicht, dass du sie nicht verstehst oder du Angst um sie hast.

    Sondern mehr so: "ich fühle mich ganz hilflos, wenn wir miteinander sprechen. Der Umgang mit dir tut mir derzeit weh, weil ich nicht damit umgehen kann, wenn du davon sprichst, dass.... Dann kommen bei mir Gefühle von... an und ich habe das Bedürfnis etwas zu verändern, weil ich das kaum aushalte..... " - d.h. du bleibst sprachlich bei dir, ohne zu viel zu interpretieren oder anzukreiden. Es ist ja schließlich nur deine Wahrnehmung. Der Trick ist, i.S.v. gewaltfreier Kommunikation, dass du zeigst, was eure Kommunikation mit dir macht. Ohne dass du ihre Kommunikation kritisierst. Weil vielleicht kann sie das derzeit gar nicht anders wahrnehmen (oder du nicht) und du wünschst dir ja, dass sie sich ändert/öffnet etc. Sie wird dir vielleicht mehr zuhören, wenn du von deinen persönlichen Bedürfnissen sprichst und es ihr ganz ohne Kritik vormachst und dich öffnest. Vielleicht kannst du den Unterschied verstehen, wie ich das meine? Du brauchst ihre Hilfe, du kritisierst sie nicht. Ist eine beliebte Technik der Kommunikation bei zwischenmenschlichen Problemen. Wäre womöglich der erste Weg mit ihr zu sprechen, statt über sie mit einem Arzt. Letzteres könnte das nur weiter festfahren, könnte ich mir vorstellen.

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