Hallo liebe Leute,

ich habe mir gerade alle Einträge zu diesem Thema durchgelesen und bin wirklich fertig. Mir kamen die Tränen. Einerseits bin ich wie alle anderen hier froh, nicht alleine zu sein. Andererseits tut es mir für alle Leid, dass auch sie mit diesem Thema zu kämpfen haben.
Ich denke aber es hilft hier mal alles niederzuschreiben und auf Leute mit Verständnis zu treffen. Persönlich kenne ich keine Betroffenen und ich mag nicht mit Außenstehenden darüber zu sprechen, also erzähle ich hier mal meine Geschichte.

Ich weiß gar nicht genau, wann es bei mir angefangen hat... Ich bin 22 und ich auf jeden Fall schon seit Jahren dabei. Ich kann mich dran erinnern, dass ich als Kind immer meine Arme aufgekratzt habe. Meine Unterarme waren total rot und verkrustet. Mein Bruder hatte das gleiche Problem. Außerdem habe ich meine Nägel abgekaut. Beide Angewohnheiten konnte ich aber dann irgendwann ablegen bzw. gegen andere Tauschen. So fing ich irgendwann mit dem 'Pickel' ausdrücken an. Kennengelernt habe ich das wohl durch meine Mama, die mir immer mal eben einen Mitesser entfernen wollte. Ihr gebe ich aber nicht die Schuld oder so. Zu der Zeit habe ich zumindest selbst noch nicht an mir rumgedrückt. Na ja, dann ging es los. Pickel habe ich in Anführungszeichen gesetzt, weil es glaube ich meistens gar keine waren. Dann ist da mal eine kleine Erhöhung, die aber ja gar nichts sein muss. Egal, losgedrückt. Haut kaputt gemacht. Toll. Früher war das aber alles noch nicht so schlimm. Gut, irgendwann habe ich meinen Rücken ganz schön doll bearbeitet. Die Krusten waren nicht schön, aber der Rücken ist ja meistens bedeckt. Das Gesicht macht mir viel größere Sorgen. Ich weiß nicht wann es richtig schlimm wurde, aber auf einmal war ich nur noch am Drücken oder Kratzen. Kleine Stellen habe ich vergrößert und die Kruste solange abgekratzt, dass ich jetzt zwar wieder glatte Haut an der Stelle habe, aber eine richtig schön dunkle Narbe, die auch nicht gerade unauffällig ist. Rücken und auch Dekoltee sind im Moment zwar stellenfrei, aber total vernarbt ist mir aufgefallen. Vor allem nach dem Sonnen fallen die dunkler werdenen Narben besonders auf. Im Nachhinein bereue ich das alles sehr, weil mir nie bewusst war wie nachtragend die Haut ist. Na ja... Aktuell ist es also zwar 'nur' noch das Gesicht, in dem ich wirklich aktiv bin, aber da auch richtig. Viele verkrustete Stellen habe ich, die täglich wieder aufgekratzt werden und hinzu kommen die alten Narben. Es gibt Tage an denen ich in den Spiegel schaue und anfange zu heulen, einfach weil ich mich so hergerichtet habe. Viele sagen ich bin hübsch, das kann ich nicht mehr bestätigen. Früher fand ich mich schön, so von den Gesichtszügen her. Aber mit dem was ich daraus gemacht habe fühle ich mich einfach nur hässlich und unwohl. Ich habe mal gelesen, dass man sobald sich das auf das alltägliche Leben auswirkt einen Arzt aufsuchen soll. Ich will es mir nicht wirklich eingestehen, aber es beeinflusst mich sehr. Ich verlasse, wenn ich nicht muss, das Haus nicht. Ziehe mich vor Freunden zurück oder plane etwas für in einer Woche, in der Hoffnung, dass bis dahin meine Haut etwas abgeheilt ist. Klappt das wieder nicht, sage ich ab. Aktuell habe ich sogar mal bei der Arbeit abgesagt, das war schon ein Höhepunkt. Aber ich bin teilweise in so starken Selbsthassphasen, dass ich das nicht auch noch meinem Umfeld aussetzen kann.

So richtig befasse ich mich mit dem Thema erst seit ein paar Monaten. Ich habe es einfach mal gegooglt, was gegen solche 'Ticks' helfen kann. Und dann habe ich gesehen, dass es wirklich eine Sucht ist... Ich dachte diese Erkenntnis hilft mir, dem mehr entgegen wirken zu wollen, aber irgendwie hat das nur sehr kurz oder eigentlich gar nicht geholfen, weil ich schnell wieder dabei war. Heute habe ich also mal wieder gegooglt und bin auf dieses Forum gestoßen. Ich glaube es hilft, sich mit der Ernsthaftigkeit zu beschäftigen. Ich habe das immer gleich abgetan. Mein Bruder ist wegen anderen Themen in einer Therapie und hat mir das auch mal vorgeschlagen. Da sage ich immer sofort nein, einfach weil ich nicht an Therapie glaube und die Gründe zu 'kleinlich' finde. Wenn ich dann aber hier sehe, dass es sogar unter SSV zu setzen ist und ich auch daran denke, wie sehr mich meine (ich nenne es jetzt einfach so) Sucht beeinflusst, möchte ich doch jetzt aktiv daran arbeiten. Trotzdem versuche ich erstmal meine eigene 'Therapie'.

Ich könnte mir vorstellen, dass es hilft sich mit anderen auszutauschen und hoffe daher, dass vielleicht mal wieder jemand in dieses Forum schreibt und berichtet. Für mich selbst versuche ich es mit Disziplin. Wenn man sich endlich im Klaren darüber ist, wie schlecht das was man macht für einen ist, ist der Wille zu mehr Selbstdisziplin schon ein wenig größer. Außerdem habe ich mir überlegt, was ich machen kann, wenn ich wieder an mir rumkratzen möchte. Ich mache viel Sport und versuche, dann auch einfach loszulaufen. Meistens ist es nach der Arbeit so, dass ich erstmal mein Geischt komplett 'glätten' möchte. Dh ich fühle jede Erhöhung und kratze sie nieder. Am nächsten Tag ist die Kruste dann doppelt so hoch, aber für den Moment ist das Gefühl gut, wie auch viele hier beschreiben. Nach der Arbeit muss ich also einfach erstmal laufen gehen (so die Theorie). Natürlich versuche ich alles mit Makeup abzudecken, was einfach nicht möglich ist und dazu bestimmt auch nochma die Heilung verlangsamt. Es kommt mir außerdem vor als würde ich die Stellen noch mehr betonen dadurch. Es gab noch eine Zeit wo ich mich unter meinem Makeup wenigstens geschützt gefühlt habe. Aber jetzt merke ich, dass ich wenn ich mit jemandem rede, also vor ihm stehe, am liebsten schnell aus seinem Blickfeld verschwinden würde, weil ich weiß - das Makeup nützt gar nichts mehr. Trotzdem versuche ich das Gefühl ein wenig zu verdrängen, schließlich redet man bei der Arbeit mit Menschen und wird einfach gesehen. Ich will mich aber wieder wohlfühlen dabei. Deshalb möchte ich jetzt handeln.... und es ist so simpel. Wenn man mal eine Woche nicht im Gesicht rumkratzen würde. Dann kann man ja wenigstens die Narben abdecken und ich würde mich direkt etwas wohler fühlen. Aber es ist verrückt, wie schwierig es ist eine Woche die Finger still zu halten.

Na ja, jetzt habe ich hier schon eine Menge geschrieben. Ich hoffe es liest vielleicht jemand, dem es hilft und der antworten möchte. Vielleicht kann man sich dann gegenseitig helfen. Ansonsten tat es gut, sich mehr darüber klar zu werden, was man da tut. Ich danke allen für Ihre bisherigen Einträge.

Liebe Grüße