Tramalabhängigkeit meines Partners

  • Liebe Gemeinde,


    ich habe ein Problem und da ich mit niemanden darüber sprechen kann,
    dachte ich mir, dass ich die Anonymität des Internets nutze, um es mir
    von der Seele zu schreiben.


    Mein Freund ist seit ca. 2 1/2 Jahren tramalabhängig. Er war es schon,
    bevor wir zusammen gekommen sind und ich wusste davon, aber irgendwie
    habe ich immer gehofft, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis er
    damit aufhören möchte und dass es mich schon nicht derart belasten wird
    (naiv - ich weiß). Mittlerweile belastet es mich aber derart, dass ich
    langsam das Gefühl habe, daran kaputt zu gehen.

    Er spricht nicht gerne über seine Sucht,
    weil er es als Schwäche ansieht und diese nicht gerne zugibt. Ich
    spreche ihn aber mind. ein Mal die Woche darauf an, ob sich von der
    Menge her, die er einnimmt, etwas verändert hat etc. Vor zwei Wochen nun
    ist mir aufgefallen, dass er mich sogar belügt, obwohl ich m. E. immer
    sehr behutsam bei diesem Thema vorgegangen bin und ihm keine Vorwürfe
    gemacht habe. Da mein Vater trockener Alkoholiker ist, meine ich,
    einiges über das Verhalten mit Suchtkranken zu wissen und dass Vorwürfe
    meistens das Gegenteil bewirken.

    Als ich nun aber mitbekommen habe, dass mein Freund die doppelte Menge
    an Tramal nimmt, hat es mir einen richtigen Stich versetzt. Er sagt,
    dass es schon früher immer zwischen einer und zwei Tabletten variiert
    hat und dass das nichts zu bedeuten hat, aber auch wenn ich es will,
    kann ich es ihm einfach nicht glauben und kontrolliere jetzt
    mittlerweile jeden Tag, wie viel er nimmt. Natürlich hinter seinem
    Rücken, weshalb ich mich nur noch schlechter fühle.


    Vielleicht sollte ich auch hinzufügen, dass er das Tramal nicht aufgrund
    von Schmerzen nimmt. Er hatte damals starke depressive Verstimmungen,
    Antidepressiva haben nicht gewirkt, da kam er zum Tramal und das hat
    sich so mit der Zeit eingeschlichen. Mental ist er nun sehr stabil -
    vielleicht mittlerweile stabiler als ich, aber er kommt nicht davon los.
    Er betont immer wieder, dass er MITTELFRISTIG damit aufhören möchte,
    mir scheint es aber das Gerede eines Süchtigen zu sein - erst einmal
    alles wegschieben und so weitermachen wie bisher...


    Ich habe schon überlegt, zu einer Suchtberatungsstelle zu gehen, aber
    ich weiß nur zu genau, wie es damals mit meinem Vater war. Da wurde
    meiner Mutter dann einfach gesagt, dass sie sich von ihm trennen soll,
    wenn er nicht aufhört zu trinken.

    Aber ich kann und will ihn nicht hängen lassen. Was soll ich tun? Ich
    kann ihn ja zu nichts zwingen und er muss es ohnehin von sich aus
    wollen, sonst streben die Chancen gegen null.

    Hat jemand Erfahrungen, wie man sich am besten verhält? Soll ich ihn noch öfters drauf ansprechen? Ich habe nur Angst,
    dass er dann irgendwann die Dosis erhöht, weil das Gespräch meistens in
    einem Streit endet. Weder so noch so weiß ich, wie ich das noch lange
    mitmachen soll/kann/will.


    Vielen Dank für eure Kommentare und eure Hilfe!

  • Hm....ich finde es gar nicht so leicht, dir zu antworten.

    Aber mir hat's jetzt leid getan, dass noch keine andere Rückmeldung kam und Du hier noch immer aktiv bist und wahrscheinlich wartest. Mir wurde bei SUS damals auch geholfen, oft einfach durch etwas Austausch mit anderen Angehörigen Suchtkranker.

    Mein Mann hat u.A. auch Tramal genommen, ist momentan längerfristig in einer soziotherapeutischen Einrichtung fast 200 km von Zuhause entfernt. An ein Zusammenleben ist derzeit nicht zu denken. Ähnlich wie Du stand ich auch an dem Punkt "Was tun?-Wie reagieren?-Bleiben oder gehen?"....Wenn ich nun so im Nachhinein zurückgucke, hätte ich mir wohl viiiel Lebenszeit und Kraft gespart, hätte ich früher die Reißleine gezogen.

    Damit meine ich jetzt nicht gleich Trennung. Wäre ich früher in der Lage gewesen, in mir klarzukriegen, was ich will und was nicht - was ich tragen kann und was über meine Grenzen geht....hätte ich es als klare Ansage kommunizieren können. Doch ich war schon zu tief drin, mitgerissen in seinem Sumpf. Schon längst in Co-Abhängigkeit verstrickt, ohne es zu merken. Hätte man mir geraten, ich solle mich trennen, hätte ich höchst angestochen reagiert! Ich wollte um ihn und die Beziehung kämpfen...und es hat noch 2 elend widerliche Rückfälle gebraucht, bis ich soweit war, zu sagen: "Nicht mehr mit uns unter einem Dach!"

    Heute kann ich sagen: es hätte mir helfen können, mich für eine Zeitlang auszuklinken. Außerhalb seiner Reichweite in neutralem Umfeld zu versuchen, mich zu finden. Einen klaren Kopf zu kriegen. Rausfinden, wie sich das eigentlich anfühlt, so mit ihm zu leben. Und wie (schön normal??) es ohne ihn ist.

    Wir sind nicht geschieden oder so. Würde mal sagen "Umständehalber räumlich getrennt". Und es ist gerade gut so. Ich habe lange gebraucht, zu verarbeiten, was war. Erst seit relativ kurzer Zeit kann ich sagen, es geht mir wieder gut. Liebe Hilfesuchende, einen "richtigen" Rat kann ich dir leider nicht geben...leider muss wohl jeder seinen eigenen Weg finden, wie er handeln soll.

    Ich wünsche dir aber viel Mut, zu dir zu stehen....viel Kraft...und dass Du DICH anhörst, herausfindest, was Du dir vom Leben eigentlich wünschst.

    P.S.: wenn Du magst, kannst Du gerne in meinen ersten Beiträgen ein bisschen stöbern...der Thread hieß "Sucht statt Leben". Oder spitz in mein Postfach "Lupa's BIG RED SOFA". Vielleicht findest Du ein wenig gemeinsames Gedankengut und kannst an meinen Berichten erahnen, was es kosten kann, an der Seite eines hochgradig Süchtigen auszuhalten.

  • Huhu!
    Ich weiß nicht wie aktuell die Problematik noch ist, oder ob sich etwas geändert hat.

    Ich habe auch über Jahre hinweg Tramal genommen, wobei ich es von Ärzten verschrieben bekam und mit gerade 17 oder 18 habe ich einfach vertraut dass diese wissen was sie tun. In dieser Zeit habe ich sehr viel gelogen, wenn es um meinen Konsum ging und ob eine Sucht besteht. Es war mir peinlich und unangenehm nicht die Kontrolle zu haben, aber ich kam alleine einfach nicht davon los.
    Um davon wegzukommen, egal ob kalter Entzug, oder Ausschleichen, muss man es wirklich wollen.

    Ohne euch und die genauen Hintergründe zu kennen, würde ich ganz pragmatisch sagen, es müssen Entscheidungen getroffen werden.
    Ich denke auch dass er nur sagt dass er mittelfristig damit aufhören will. Damit bist du beruhigt und hoffst das dieser Zeitpunkt bald kommt und er hat auch wieder einen Tag oder sogar länger Ruhe.
    Wenn dich die Situation so belastet, solltest du dir überlegen wie lange du das noch so mit ansehen willst. Du solltest nochmal ein offenes Gespräch mit ihm führen und ihm sagen wie du fühlt und denkst. Wenn er das Tramal nicht aufgeben will derzeit könntest du ihn womöglich mit einer räumlichen Trennung unter Druck setzen.
    Und wenn er bereit ist das Tramal nun wirklich zu reduzieren, sollte er dich in den Prozess einbeziehen und alles transparent halten.

    Wenn ich damals nicht aus gesundheitlichen Gründen stationär entzogen hätte, hätte ich das mit meinen Eltern zusammen gemacht. Das heißt meine Eltern hätten das Tramal bekommen und mir jeden Tag meine Ration gegeben, zu festen Uhrzeiten. Wenn es mir damit ganz gut gegangen wäre, hätte man nach Plan weiterreduziert und wenn es mal schwieriger wäre, hätte man diese Stufe eben etwas länger als geplant beibehalten.

    Öfter darauf ansprechen wie bisher, dürfte vermutlich wirklich eher negative Auswirkungen haben, weil er dadurch gestresst wird und noch mehr vor dir verheimlicht. Sprich mit ihm und mach ihm klar dass du dich mit diesem mittelfristig nicht länger hinhalten lässt. Er soll sich entscheiden ob ihm das Tramal wichtiger ist, oder du. Und wenn er gewillt ist zu reduzieren, soll er dafür ein recht nahes Datum nennen, das dann auch nicht nochmal verschoben wird. Je nachdem ob demnächst noch etwas Wichtiges ansteht, wobei er keine Entzugserscheinungen haben sollte.

    Aber..das ist ganz wichtig: Das ist nur eine Idee von mir, für zwei Fremde. Ob das so passend ist ist natürlich deine Entscheidung. Ich wünschte ich könnte mehr helfen.

    Alles Gute und viel Kraft!
    Jule

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