"Mutti", was hast du getan?

  • Was hast du getan? Was? Schau dir an was du aus mir gemacht hast!!! Ich bin wütend..., verletzt..., enttäuscht.
    Ich bin geboren und sofort hast du mich ins Heim abgeschoben. Ja, das beste Zeichen dafür das ich unerwünscht war und dir im Wege stand.
    Und das hast du mich mein leben lang spüren lassen und du tust es bis heute.
    Meine erste Erinnerung, da war ich etwa 5 Jahre. Warum hast du mich immer bei ihm gelassen? Du wusstest das er trinkt, du wusstest das er schlägt. Doch dir war es wichtiger mit meinen Geschwistern zu deinen neuen Kerl zu fahren und hast mich tagelang mit Papa allein gelassen. Warum hast du mich nicht mitgenommen? Ich kassierte die Schläge. An mir ließ er seinen Frust aus. Es kam was kommen musste. Das Jugendamt brachte uns ins Heim. Ich kann dir sagen, es war die beste Zeit in meiner Kindheit. Dort konnte ich atmen..., leben..., ohne Angst..., ohne Gewalt. Doch die Zeit war viel zu kurz. 1 Jahr und du hattest uns wieder zu Hause. Dein neuer Freund, ein Alkoholiker und auch du hast in der Zwischenzeit das Saufen begonnen. Ein zu Hause gab es für mich nicht denn du hast mich hin und her geschubst. Du hast mich abgeschoben wann es nur ging, egal wohin, egal wie lange. Warum hast du immer die anderen Bevorzugt? Die anderen 3 waren immer gut. Du hast sie überall mit hin genommen, du hast sie in den Arm genommen. Warum ging das bei mir nicht? Irgendwann dann, ich weiß gar nicht wann es begann, hast auch du damit begonnen mich zu schlagen. Hatte es nicht gereicht das du mich immer missachtet hast? Hat es nicht gereicht das du mich immer behandelt hast wie den letzten Dreck? Nein, scheinbar nicht. Ich war dein Putzmädchen, war dein Bettvorleger und am ende sogar dein Sandsack.
    Ich erinnere mich noch heute an deine Worte: “Du bist den Dreck unter den Fingernägeln nicht wert!” Ja, genau..., genau so fühle ich mich bis heute. Ich bin der letzte Dreck, ein Nichts.
    Als ich 8 war, wie oft stand ich Nachts weinend am Fenster, voller Panik weil ihr einfach losgefahren seid und mich allein zurück gelassen habt? Stunden lang bin ich durch die Wohnung gerannt, voller Angst. Ja, davon weißt du sicher nichts. Nein wie auch? Hätte es dich überhaupt jemals interessiert?
    Dein Hass auf mich, der übertrug sich sogar auf die anderen. S. verprügelte mich, M. tat alles um mich bei dir schlecht zu machen, damit ich ja neue Schläge kassiere. Nur P., er hielt sich einigermaßen zurück was wahrscheinlich an seinem alter lag. Was hatte ich getan um so gehasst zu werden???
    Dann das essen, warum? Warum musstest du mir alles reinstopfen? Warum musste ich alles essen was du wolltest? Meinen Kopf hast du ins Essen getaucht wenn ich mal wieder nicht schnell genug fertig war. Stundenlang hast du mich sitzen lassen und ich musste essen, essen bis der Teller leer war. Ich haben mich nur noch geekelt wenn ich essen sah, ich hätte kotzen können.
    Mit 11 Jahren bin ich das erste Mal rausgeflogen. Ich stand da, total geschockt und wusste nicht wohin mit mir. Die halbe Nacht lief ich die Straße immer auf und ab. Tränen hatte ich schon keine mehr. Am frühen morgen hast du dich mir dann doch noch erbarmt und mich zurück in die Wohnung geholt. Sollte ich dir dankbar dafür sein???
    Als ich 12 war bist du mit uns in eine andere Stadt gezogen. Du nanntest es einen Neubeginn. Ja, es war ein Neubeginn, einer der alles schlimmer machte. Deine Sauferei war zum kotzen, dein Hass auf mich wurde immer unerträglicher. Ich hatte Angst, einfach nur noch Angst. Deine Drohungen hast du mir sogar durch meine Freunde ausrichten lassen. “Wenn du nach Hause kommst, brennt der Wald!” Was das zu bedeuten hatte, das wusste ich genau. Aus Angst sprang ich von einer Brücke. Nein, nicht um zu sterben, aber um mich zu verletzen..., um mich so sehr zu verletzen um ins Krankenhaus zu dürfen, um nicht in eurer Nähe sein zu müssen. Doch ich habe mich selbst da getäuscht. Meine Freunde brachten mich ins Krankenhaus, Diagnose: Doppelter Unterschenkelbruch. Der Arzt wollte mich stationär aufnehmen, doch nicht mal das hast du zugelassen. Nein, du hast mich an den Haaren mit nach Hause genommen und wieder gab es Prügel.
    Ich hielt es nicht mehr aus bei euch zu sein. Es folgte die Zeit auf der Straße. Tage- und Nächtelang war ich unterwegs, in Eiseskälte, hungrig, müde und in panischer Angst. Angst vor der Polizei, Angst vor dir. Beim Jugendamt bettelte ich darum endlich ins Heim zu dürfen, doch stieß ich selbst dort nur auf taube Ohren. Niemand half mir..., niemand. Ich war immer auf mich allein gestellt. Zur Schule konnte ich nicht mehr gehen, denn selbst da hast du mich an den Haaren rausgezerrt.
    Mit 14 Jahren hab ich es endlich geschafft. Weg von dir..., raus aus der Hölle. Ja, es war meine Erlösung deine Nähe nicht mehr ertragen zu müssen.
    Der körperliche Schmerz endete, der seelische blieb jedoch und bleibt bis heute.

    Warum lässt du mich nicht in Ruhe? Hast du mir nicht genug angetan??? Du hast mir meine Kindheit zerstört, vielleicht mein ganzes Leben.
    Heute kämpfe ich mit Verlassensängste, mein Selbstwertgefühl ist fast null. Nur schwer ertrag ich es wenn mir Menschen sagen das sie mich lieb haben..., das ich was besonderes sei. Ich kann es ihnen nicht glauben dabei will ich es so gern.
    Oft stehe ich vor dem Spiegel, seh in mein Gesicht..., frage mich immer “Warum?” und hasse mich dabei.

    Warum hast du mich geboren? Warum bringst du mich auf die Welt wenn du mich doch nicht lieben kannst? Du hättest mich töten sollen!!! Warum hast du es nicht getan...?


    (Übernommen von SMG!!!)

  • Übernommen von SMG heißt, dass es nicht deine Geschichte der Kindheit ist? Oder du hattest sie dort gepostet und nun rüberkopiert?

    Wie dem auch sei.

    Die Mutter ist selbst Opfer. Sie hat sich um die Liebe ihrer Kinder gebracht. Warum auch immer die Mutter so geworden ist, wie sie war, es gibt einen Grund und der liegt in einer seelischen Verletzung, die mindestens so tief ist, wie die des Kindes.

    Um heraus aus diesem Kreiszulauf zu kommen, also nicht selbst weiter zu hassen bedarf es der Vergebung.

    Das hört sich höhnisch an. So, als ob ich den Schmerz des Kindes nicht verstehen könnte. Und wie ich es kann, bei meiner eigenen Geschichte.

    Doch wenn du immer nur an das denkst was gewesen ist, dann bindest du dich an diese schreckliche Vergangenheit. Sie hört und hört nicht auf. Niemals. Sie lebt unendlich in deinem Kopf weiter.

    Durchbrech diesen irren Kreislauf. Versuche deine Mutter zu verstehen, sie zu lieben und ihr zu verzeihen. Wir sind Menschen. Wir handeln manchmal sehr böse und dumm, wir machen Fehler, wir machen alles falsch und wir erahnen nicht die Folgen unseres Tuns. Die Mutter weiß nicht, wie sehr die Tochter darunter litt und noch immer leidet. Vielleicht wird sie es auch niemals nachempfinden oder verstehen können.

    Doch die Tochter kommt nicht los davon, immer wieder kreisen ihre Gedanken um die verlorene Kindheit und ihr Leben in der Gegenwart wird unerträglich.

    Befreie dich von den Fesseln der Vergangenheit. Es ist vorbei. Es ist nicht mehr. So schlimm wie es war - mach dem ein Ende.

    Du allein kannst dem, was dich zerstört ein Ende setzen, indem du versuchst in Liebe an die Mutter zu denken, die vielleicht ein ebenso großes Schicksal tragen muss.

    Ich nehme die Mutter nicht in Schutz. Die Mutter spielt keine wirklich wichtige Rolle in diesem Drama. Es ist für das Kind wichtig, sich aus dieser Spirale des Leidens zu befreien, damit es endlich anfangen kann zu leben. Alleine darum geht es.

    Dem Kind Leben zu ermöglichen.

  • Hallo Sonnenschein,

    leider ist es meine Geschichte, ja.

    Du sprichst von Vergebung, doch wie soll man vergeben wenn man bis heute nur verarscht und verstoßen wird? Ein paar Male habe ich versucht ihr eine neue Chance zu geben, doch immer wieder bekam ich das gleiche zu spüren..., Lüge, Verarschung und Verletzungen.
    Nein, ich will ihr nicht mehr vergeben, will nicht mehr alles entschuldigen und einfach abtun.
    Und jetzt wo ich von den Therapeuten erfahre das ich wahrscheinlich noch so einiges erlebt, es aber bis heute verdränge, da nehm ich nur noch mehr Abstand und will eigentlich gar nicht erfahren wie und wann was war...

    lg
    sweety

  • Sweety,

    du sollst nicht vergeben, damit der andere etwas davon hat, sondern damit du endlich frei von dieser Geschichte wirst, Abstand gewinnen kannst, dich nicht mehr an sie bindest.

    Du bist daran gebunden und sie hat Macht über deine Gedanken und Gefühle, solange du Energie in diese Geschichte steckst, z.B. sie hier postest.

    Versuch Abstand zu gewinnen, so als ob du ein Bild aus der Ferne betrachtest. Dann schau auf Hier und Jetzt. Das ist deine Chance dein Leben zu leben: JETZT.

    Nimm es an, ohne zu werten, dass deine Mutter nicht so ist, wie du sie brauchen würdest. Sie wird von alleine auf dich zukommen, wenn du dich frei davon machen kannst. Meine Mutter ist krank, seitdem ich denken kann (Schizophrenie). Als Kind habe ich das alles nicht verstehen können. Es war die Hölle. Niemand da zum reden. Ich habe immer alles mit mir selbst ausgemacht. Meine Mutter bekam Hilfe (ärztlicherseits und von allen anderen), damals gab es kein Internet und keine Selbsthilfeforen. Ich war ein Kind - mit mir hat niemand darüber geredet. Es tut heute noch immer weh, aber ich habe Abstand zu meiner Mutter. Es ist gut, wenn man nicht mehr emotional verwickelt ist. Ich muss mein eigenes Leben auf die Reihe kriegen. Meine Mutter bekommt Medikamente und ihr wird geholfen. Es ist nicht egoistisch, wenn ich an mich selbst denke und Abstand brauche. Ich kann sie aus dieser Entfernung wieder lieben und sehen, dass sie auch nur ein Mensch ist. Meine Erwartungen und Enttäuschungen relativieren sich aus der Entfernung.

    Man darf auch nicht vergleichen. Denn es schmerzt zu sehen, wie andere Mütter zu ihren Kindern sind. Wieviel Liebe da ist und wie wenig Liebe zwischen meiner Mutter und mir besteht. Eine Mutter ist ein ganz besonderer Mensch und wenn das Verhältnis nicht in Ordnung ist, dann geht das an die Grundsubstanz.

    Es geht um dich, sweety.
    Tu es für dich und schau mit Liebe hin.
    Jedes Kind liebt seine Mutter, egal wie schlecht diese ist.
    Und das ist auch gut so.

    Ich weiß auch nicht, warum manchmal alles so kompliziert ist.

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