Nochmal von vorne....

  • Hallo Ihr Lieben,
    ich bin die "Neue" und komme jetzt öfter...

    Ich bin alkoholabhängig und bin fast erleichtert, dass ich mir das endlich eingestehe. Seit Jahren eiere ich mit meiner Krankheit rum.
    Meine längste trockene Zeit waren 6 Jahre, aber damals war das fast ein Spaziergang. Ich hatte meine Familie, keine finanziellen Sorgen, alles lief rund und der Alk war während dieser Zeit kein Thema.
    2000 habe ich mich von meinem Mann getrennt und seitdem gab es nur Chaos in meinem Leben. Ich habe damals gedacht "Neues Leben, neuer Mann, kannste ja mal versuchen, ob Du nicht doch normal trinken kannst."
    Es folgten trockene Phasen, eine Langzeittherapie, Gruppenbesuche, dann wieder Saufphasen , Entgiftungen und Phasen, in denen ich scheinbar kontrolliert trinken konnte.

    Bis vor kurzem fehlte mir die Krankheitseinsicht. "So richtig abhängig bin ich vielleicht doch nicht" und "Die anderen sind ja noch schlimmer. So tief unten bist Du noch nicht".
    Ausserdem trank ich ja nur Bier und Wein...
    Ich bin sogar sporadisch in eine SHG gegangen, habe gesagt "Mein Name ist Zimtsternchen und ich bin Alkoholikerin". Mein Partner fand das auch ganz toll, dass ich dahingehe.
    Gesoffen habe ich trotzdem weiterhin.

    Das war ein richtiger Kampf; der Alk und ich. Heute trinke ich nur 4 Flaschen Bier und dann ist gut. Nach der 3. wurde ich schon nervös. "Wie lange ist der Kiosk noch offen?" und schon war ich auf dem Weg und am Schluss waren wieder 8 Flaschen weg. Manchmal noch eine Flasche Wein dazu.
    Am nächsten Morgen war der Katzenjammer groß. Was habe ich getan? Nie wieder mache ich das. Bis zum nächsten Mal...

    Am Schluss war ich wieder mittendrin in der Sucht. Dreimal die Woche so breit, dass ich nicht mehr weiss, wie ich ins Bett gekommen bin.

    Nach aussen hin war ich trocken. Der Gruppe habe ich meine Rückfälle verschwiegen, meinen Kindern, die nicht mehr zu Hause leben was vom Pferd erzählt. Nur mein Partner hat das mitbekommen und sich vor 4 Wochen von mir getrennt, weil er mich nicht mehr ertragen konnte.

    Bei meinem letzten Gruppenbesuch habe ich endlich die Hosen runtergelassen. Ich habe erzählt, dass ich weitergesoffen habe und dass ich nicht mehr lügen will. Und dass ich keine Kraft mehr habe zu kämpfen um mir immer und immer wieder beweisen zu wollen, dass ich vielleicht doch nicht abhängig bin.
    Die haben alle super reagiert, niemand hat mich dumm angemacht. Im Gegenteil; man hat mir Telefonnummern zugesteckt mit dem Angebot jederzeit anzurufen, wenn der Druck wieder kommt.

    Ausserdem werde ich ab Mitte des Monats eine ambulante Suchttherpapie machen.
    Angst habe ich trotzdem. Was ist, wenn diese Stimme im Kopf wieder kommt? Die mir einreden will, dass ich doch hin und wieder trinken kann. :frowning_face:
    Manchmal denke ich, ich bin doch einigermassen intelligent, wieso kriege ich das nicht gebacken? Wieso gebe ich so oft nach, obwohl ich genau weiss, was der Alk mit mir macht?

    Danke für´s Lesen und eine schöne Woche!

  • Hi,

    na, du bist doch auf einem ganz guten Weg dazu, diese Stimme leiser werden zu lassen.
    Hast deine Karten auf dem Tisch und alle Chancen, es zu schaffen!

    Setze dich hier offen damit auseinander - dafür sind wir anonym - gehe in deine Gruppe und mache dir bewußt,
    was du willst - und was nicht mehr!
    Natürlich wird es dauern, bis du den Einflüsterungen deiner Sucht nimmer so anfällig bist,
    aber es gibt da EIN ALLheilmittel: Sturheit & das Wort. NEIN !!!

    LG.Ganesha

  • Hallo Zimtsternchen,

    Angst habe ich trotzdem. Was ist, wenn diese Stimme im Kopf wieder kommt? Die mir einreden will, dass ich doch hin und wieder trinken kann.


    damit haben wir Alkoholiker unser ganzes Leben lang zu tun. Sich selbst einzugestehen das man nicht mehr trinken kann ist ja auch nicht die einfachste Sache. Da werden wir einfach zu oft mit konfrontiert. Alkohol ist nun mal eine recht praesente Alltagsdroge die dazu auch noch legal erworben werden kann. Alkohol ist aber auch ein sehr starkes Nervengift und das ist der Punkt der mich oft zurueck haelt doch mal wieder etwas zu trinken.

    Wichtig wird fuer Dich sein das Du die Erkenntnis gefunden hast das es eine Krankheit ist. Dummerweise ist diese nicht heilbar, Du wirst diese nur zum Stillstand bekommen. Stur bleiben bei einem NEIN hilft da ganz gut. Offen und ehrlich mit dieser Krankheit umzugehen ist auch nicht immer einfach. Da tauchen ja doch immer wieder ein paar Schamgefuehle auf. Das wird sich mit der Zeit legen.

    Wie sieht es mit einer Entgiftung vor der ambulanten Suchttherapie aus ?

    LG Siegfried

  • Nett, dass Ihr geantwortet habt bzw. meinen Beitrag kommentiert.
    Heute ist mein 5. trockener Tag. Ist zwar nicht die Welt, aber immerhin.

    Suchtdruck hatte ich bisher nicht und ich warte nicht mehr verkrampft drauf, dass er kommt.
    Und wenn es dann doch dazu kommen sollte, habe ich mir Tipps von Betroffenen geholt, wie ich am besten damit umgehen sollte.
    Viel Wasser trinken, Spazierengehen oder Sport und sich bewußt machen, dass es vorbei geht. Mir vornehmen diesen einen Tag - heute - nicht zu trinken.
    Sich den Tag, wenn´s sein muss und mir 24 Stunden zu lang erscheinen, in Intervalle einteilen. "Diese eine Stunde trinke ich jetzt nicht..."

    Zu der Frage nach einer eventuellen Entgiftung: Ich denke, nach 5 Tagen ist das schlimmste überstanden. Vorgestern war ich auch bei meinem Hausarzt und habe ganz offen über meine Krankheit reden können. Ich soll meinen Blutdruck im Auge behalten und kann ihn jederzeit anrufen, sollte es dann doch noch Probleme geben.

    In anderen Foren habe ich gelesen, dass das Medikament "Campral" das Trockenbleiben erleichtern soll. Ich habe meinen Doc drauf angesprochen und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass ich es ohne "Krücke" durchziehen werde. Hat jemand Erfahrung mit diesem Medikament.

    Morgen kommt mein Ex-Freund um seine Gitarre abzuholen. Davor graut mir schon jetzt. :frowning_face:
    Ich habe mir deshalb für morgen abend verschiedene Dinge vorgenommen, die mir Spass machen und auch zwei AA-Freunde informiert, dass ich evt. anrufen werde...

    Euch gute 24 Stunden!

  • Klingt gut & deine Vorsichtsmaßnahmen sind wohl durchdacht!

    Und hey: Jeder, der getrunken hat, weiß, was FÜNF cleane Tage sind: Ne Menge!

    LG.Ganesha

  • Tja....Campral...auch nur ein Medikament das das Craving verhindern soll. Durch den Botenstoff Glutamat sollen Rezeptoren besetzt werden die für unseren Suchtdruck verantwortlich sind. Es wird teilweise in ambulanten Therapien eingesetzt um die Lust auf Alkohol zu minimieren (ganz ausschalten geht nicht). Allerdings ist auch hier klar das jeder Alkoholkranke anders mit dem Medikament klarkommt und es gilt allgemein auch als nicht geeignet in Bezug auf die Behandlung der Entzugserscheinungen. Ich würde es nicht nutzen.

    LG Siegfried

  • Hi Siegfried,

    ich habe dann ja auch Abstand davon genommen, mir das "Campral" verschreiben zu lassen. Vor allem deshalb, weil ich denke, dass mich der Suchtdruck auch nach langer Trockenheit erwischen kann und wie lange soll ich das Zeugs denn dann nehmen? Mein Leben lang oder wie?
    Durch Stöbern im Netz und Ratschläge meiner SHG habe ich inzwischen so einiges an Strategien für mich entdeckt, die mir helfen dem Suchtdruck zu widerstehen.

    Bisher bin ich zum Glück davon verschont geblieben. Heute ist mein 8. trockener Tag und ich bin fast stolz auf mich!
    Habe übrigens grünen Tee für mich entdeckt. Das wird wohl in einer Suchtverlagerung ausarten. :o

    LG,
    vom Zimtsternchen

  • Strategien sind da ganz wichtig. Damit werden wir uns da auch trocken halten können. Letztendlich wird sich vieles im eigenen Verhalten ändern durch die genutzten Strategien. Nicht immer einfach aber dann hilft es stur beim NEIN zu bleiben. Der aktive grausame Suchtdruck hält ja doch meist nur etwa eine halbe Stunde an. So ist es zumindest bei mir und je länger ich trocken bin desto größer werden die Abstände zwischen den Suchtdruckattacken. Und ja, ich hab die auch heute noch hin und wieder aber die machen mich bei weitem nicht mehr so verrückt wie in den ersten Wochen.Das wird sich auch bei Dir nach und nach ändern.

    LG Siegfried

  • Hi Siegfried,

    Du schreibst, dass Du noch heute hin und wieder diesen Suchtdruck hast. Wie lange bist Du schon trocken?

    Ich frage mich, ob das eine "reine Kopfsache" ist? Körperlicher Entzug bzw. Suchtdruck kann das doch eigentlich nicht mehr sein.
    Gibt es Auslöser? Würde mich interessieren, welche Strategien Du anwendest, wenn es passiert.

    Lieben Gruß
    vom Zimtsternchen

  • Hallo Zimtsternchen,

    ja richtig, auch heute nach etwa 20 Monaten Abstinenz (letztes Bier am 08.07.2011) taucht hin und wieder Suchtdruck auf. Das hat gar nichts mit körperlichen Entzug und auch nicht unbedingt mit psychischer Abhängigkeit zu tun. Das sind dann vielmehr Erinnerungen an erlernte Verhaltensweisen die mich während meiner 30-jährigen aktiven Sucht begleitet haben. Das Verhalten zu ändern geht ja nun mal nicht in allen Facetten von jetzt auf sofort. Es ist auch nicht der Suchtdruck so wie am Anfang Es ist da eher ein unterschwelliges Verlangen sich irrigerweise mal ein Bier erlauben zu können.Das kann schon mal recht nervig sein. Heute reicht es mir dann einfach eine Kleinigkeit zu tun die mir gut tut. Aber es sind halt hin und wieder kleine äußere Reize die einem das Suchtgedächtnis öffnen und dann auch mal die Abstinenz in Frage stellen.

    In Sachen Suchtdruck in der Anfangsphase....da habe ich mich auf Teufel komm raus irgendwie beschäftigt. Meine Wohnung renoviert, die Wohnung der Partnerin renoviert und bei akuten Attacken auch einfach mal Schränke ausgeräumt und die Sachen vor die Wohnungstür gestellt. Dann musste ich die erst einmal wieder einräumen und hab dadurch Ablenkung und Zeit gefunden um den akuten Suchtdruck runterzuschrauben. Wenn das nicht ausreichte dann bin ich auf´s Fahrrad gestiegen und bin solange geradelt bis ich fix und fertig war. Im Laufe der Zeit habe ich dann meine "normalen (in der Sucht erlernten) Verhaltensweisen" abgelegt oder besser gesagt verändert. Und ohne Hinterfragung der eigenen Verhaltensmuster wird sich auch keine Verhaltensänderung zielorientiert umsetzen lassen.

    LG Siegfried

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