Ist Sucht gleich Sucht? Oder was meint ihr?

  • (Franz, wenn's hier net passt, schieb's bitte woanders hin!:bg:War mir unsicher, wohin... :j:)

    Okay. Ihr kennt doch bestimmt diese landläufige Meinung, dass SUCHT GLEICH SUCHT ist....also egal, ob alkabhängig oder auf Tabs, alles wird gleichgestellt. Ich weiss nicht, was hier in der SUS-Leitung so die Lehrmeinung ist - aber meines Wissens wird diese Aussage bei Suchtberatungsstellen und Therapieeinrichtungen immer hochgehalten.

    Anfangs war ich auch der Meinung, wiegelte ab, wenn mein Mann (medikamentenabhängig) meinte, das kann man nicht in einen Topf werfen. Ich dachte, er redet sich nur raus, will sich über andere stellen...dass SEINE Sucht ja nicht so schrecklich wäre, wie die der anderen. Ja, sogar etwas herabblickend auf Alkoholabhängige empfand ich sein Verhalten.

    In einem Punkt musste ich ihm allerdings Recht geben: vom Menschentypus her unterscheidet er sich wirklich sehr zu den Typen, die mit Alk ein Problem haben (jedenfalls die, die ich bisher kennengelernt habe). Wir starteten mal ein Selbsthilfegruppen-Projekt beim Blauen Kreuz, weil die bei uns vor Ort sehr aktiv sind. Er ging anfangs alleine und motzte dann oft, dass er sich nicht wohlfühle, weil da nur "Alkis" sind und er sich überhaupt nicht verstanden fühlt und auch mit den Leuten nicht warm wird. Ich dachte, er lamentiert bloss, weil er keinen Bock hat, aktiv was gegen die Sucht zu tun - dann kam ich mal mit.

    Mal abgesehen von den an sich netten, bemühten Leuten - fühlte auch ich mich nicht wohl, weil sich wirklich alles nur um Alk drehte und nebenbei davon gesprochen wurde, dass das jeder für sich selbst ummünzen kann, da Sucht schliesslich Sucht sei - egal was konsumiert wird. Hm...dann geriet ich ins Grübeln. Zumindest konnte ich jetzt nachempfinden, was mein Mann gemeint hatte. Auch ich habe mich in der Angehörigengruppe mehr als unwohl und nicht verstanden gefühlt - vielleicht, weil die Auswirkungen von Alkkonsum :x: :angry_face::wall: eben doch meist so ganz anders sind, als bspw. bei einem 8)"friedlichen Kiffer" oder einem :grinning_squinting_face: :gt: :51:"verpeilten Benzoschlucker"?

    Ich weiss es nicht. Aber es interessiert mich ganz grundsätzlich mal, was IHR für eine Meinung und Erfahrung habt!

    P.S.: ich wollte nicht das Blaue Kreuz schlechtmachen. Bin mir sicher, die leisten gute Arbeit und Vielen hilft diese Unterstützung bestimmt. Dies sind nur meine eigenen Betrachtungen.

  • hallo lupa,

    hmm.. ich glaube nicht, dass sucht = sucht ist. ich denke eher, dass es abhängig von jedem einzelnen ist. jeder reagiert ein wenig anders, wenn er "drauf" ist, jeder anders, wenn er nichts hat..ich vergleiche z.b. mit meiner freundin und mir. wir haben eine zeit lang zusammen gewohnt. jeden abend saßen wir da am esstisch und haben kräutermischungen geraucht. jeder die selbe mische und jeder die gleiche anzahl an dübeln. trotzdem haben wir verschieden darauf reagiert... sie wurde müde und war schlicht und einfach nur breit, während ich dabei angefangen hab hibbelig zu werden, sehr kreativ wurde und irgendwas basteln wollte. der unterscheid auch beim entzug. ihr körper reagiert ganz anders darauf wie meiner. hatte sie mal zwei, drei tage nichts zu kiffen, hat sie gekotzt wie eine blöde und ihr ging es einfach nur dreckig. einfach war es bei mir auch nicht - ich arbeite immer noch daran, wenn auch schon erfolgreich seit ende november =) - aber kotzen oder so musste ich nie.

    ich glaube, dass vieles im kopf ist. und ich denke auch, mann kann drogenabhängige nicht einfach alle in eine selbsthilfegruppe stecken. die einen sind auf h, die anderen kiffen, während sich wieder andere irgendwelche tabletten rein ziehen. ich glaub schon, dass all diese unterschiedlichen drogen auch unterschiedliche sachen mit der psyche des menschen anstellen...

    manchmal, wenn ich hier beiträge im forum lese denke ich mir auch wow, hefitg, kann ich nicht nachvollziehen. deshalb kann ich mir auch vorstellen, wie sich dein mann und schlussendlich auch du in der gruppe des blauen kreuzes gefühlt habt. nur weil der genauso viel sauft, kifft,, zieht, muss der "noch lange nicht auf der selben welle schwimmen wie ich"

    mal ehrlich, wenn ich da jetzt nur von mir selber rede: ich weiß, ich war süchtig und ich weiß auch, dass es mich über kurz oder lang (wohl eher ersteres) richtig kaputt gemacht hätte, aber mir persönlich viel der entzug verhältnissmäßig einfach. nein, einfach ist das falsche wort. ich musste wohl kämpfen, hatte auch meine hitzewallungen, schlafprobleme, richtig böse rücken und dachte lange an nichts anderes, auch heute tu ich das noch. aber im vergleich zu dem, wie ich es sowohl im freundeskreis live miterlebt habe und auch wie gesagt hier oft lesen darf, ging das bei mir um einiges besser... ich setze mich eben anders damit auseinander. jeder tut das auf die weise, die ihm gut tut. vielleicht hatte ich einfach nur glück, und mein "richtiges hilfsmittelchen" recht schnell gefunden und es ging/geht deshalb so gut.

    nun gut, ich hoffe, dass es dir ein wenig weiterhelfen kann diese frage für dich zu beantworten.

    Liebe Grüße :red_heart:

    Einmal editiert, zuletzt von T-1188 (16. Januar 2013 um 02:24)

  • Die Suchtmechanismen sind die gleichen und den Suchtstoff kann man in der Regel austauschen. Das ist schon richtig so.

    Aber die Psyche der Abhängingen spielt uns dann doch Streiche. Bei den meisten gelten Alkoholiker zum Beispiel als Penner und werden mit den Menschen identifiziert die obdachlos sind und gerade im Vollrausch in irgendeiner Ecke liegen. Dabei gibt es Alkoholiker in jeder Gesellschaftsschicht...ich sage da immer von P(enner) bis P(rofessor). Dann sind natürlich auch verschiedene Drogen oder Suchtmittel teurer und da setzt dann das gleiche Denkszenario ein wie zwischen Arbeitslosen und Millionären frei nach dem Motto, schau was ich bin und habe und dann vergleich dich NICHTS nicht mit mir. Die zugeteilte Wertigkeit der verschiedenen Substanzen macht es schwer zu akzeptieren das die Sucht doch sehr vergleichbar ist.

    Und gerade bei Selbsthilfegruppen habe ich ja auch die Erfahrung machen müssen das man sich darin unwohl fühlt wenn die anderen Teilnehmer mit anderen Suchtmitteln belastet sind. Das ist dann einfach eine andere Interessengemeinschaft, die sich dann hauptsächlich darum bemüht speziell dieses Suchtmittel zu vermeiden. Warum sucht Ihr Euch denn nicht mal eine Medikamenten-Selbsthilfegruppe ? Auch die gibt es und da wird das Wohlbefinden in der Gruppe auch besser sein weil man über die gleichen Probleme redet. Wenn man in einer SHG nur mit anderen Suchtmitteln konfrontiert wird dann kann das dazu führen das man sich darin isoliert und unverstanden fühlt. Dann macht eine SHG keinen Sinn. Sucht nach einer Gruppe in der er sich auch angenommen fühlt. Das müsst Ihr nun mal ausprobieren und testen. Ich habe für mich auch erst eine passende SHG gefunden nachdem ich vier andere SHG´s ausprobiert hatte die für mich nicht mehr wie Fehlversuche waren weil ich mich da unwohl fühlte. Nicht jede SHG ist gleich...

    Viele Grüße:

    Siegfried

  • Ich seh das so wie Siegfried.
    Im Prinzip ist alles der selbe Käse, aber das Klientel der dazugehörigen Drogen ist sicher ein bisschen anders verteilt.
    Sprich grad weil du Alkohol auch angesprochen hast. Er ist billig, leicht zugänglich für jede Bevölkerungsschicht. Medikamentenabhängigkeit ist dann teilweise auch bei Rentnern sehr weit verbreitet ( große Dunkelziffer). Dann wage ich zu vermuten, dass halt andere Drogen eher von Leuten, mit mehr Kapital genommen werden. Man könnte da nun böse Spekulationen führen über den Bildungsgrad der Einzelnen, aber das würde ich mir nie anmaßen! Denn wie Siegfried auch schon schrieb, Alkis gibt es vom Penner bis Professor.

    Dass es unterschiedlichen Entzugssymptomatik gibt, wird wahrscheinlich teilweise zutreffen und dann vielleicht für den einen oder anderen schwerer sein nachzuvollziehen, aber letzendlich bleibt es für mich persönlich alles das gleiche. Eine Krankheit.

  • Ich danke euch erst mal herzlich für eure Antworten über eure Sicht der Dinge (dieser Erfahrungsaustausch auf SUS tut mir grundsätzlich grad total gut - egal in welcher Forum-Abteilung!)

    Öhm...ich gebe dir Recht, Siegfried, vielleicht hätten wir einfach weitere Gruppen antesten sollen. Leider waren wir zu diesem Zeitpunkt beide schon so abgefressen, dass in unseren Köpfen der nächstliegende Gedanke herrschte: "Nee, bloss keine weitere Enttäuschung, kein Platz mehr für eine weitere Verletzung".

    Unsere Stadt ist mit mannigfaltigen Selbsthilfegruppen gesegnet, sogar eine eigene KISS-Niederlassung gibt's hier. Habe schon überall nachgeforstet: Alk Ja, Medigruppe Nein. Es gab mal eine vor etlichen Jahren, die sich aufgelöst hat, weil "die Herren in die Jahre gekommen sind und sich kein Neuzuwachs gemeldet hat." Aber es gäbe die Möglichkeit über seinen Psychotherapeuten (der ist ehemaliger Suchtberater) an Gruppengesprächen teilzunehmen....müsste man mal nachfragen, ob's da eine passende Gruppe gibt. Der hat nur leider keine Kassenzulassung, kostet alles unsere Euronen. Die holde Rentenversicherung hat die Übernahme abgelehnt. Die hatten ihm doch tatsächlich nach seiner Reha als Nachsorge die ÜBERNAHME DER KOSTEN für die Diakonie geschickt!!! (worauf ich denen einen saftigen Brief zurückgepfeffert habe, dass dies eine kostenlose :ao: (!) Suchtberatungsstelle ist, bei der wir schon waren und leider keinen Hilfsansatz fanden).

    Ist das nicht gemein?? :h:

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