Hallo,
für die einen ein Segen, für mich ein Fluch: Das Internet.
Ich habe mehr oder weniger schon immer einen starken Hang zum onanieren. Ich erinnere mich daran, dass meine Mutter sich bereits darüber beschwerte, als ich meiner Erinnerung nach noch nicht einmal Zehn Jahre alt war.
Im Laufe meines Älterwerdens gestaltete sich die Neigung zunächst relativ unkompliziert. Ich habe verhältnismäßig oft und lang onanieren. Aber ich habe meine eigenen Phantasien genutzt und es hat sich in einem solchen Rahmen gehalten, dass ich mein Leben dadurch nicht negativ beeinflusst gesehen habe. Ich habe zunächst oft meine Phantasien gezeichnet (hart formuliert: ich habe mir meine eigenen Wichsvorlagen erstellt). Dennoch hatte ich in meinen Teenagerjahren bereits den Verdacht, dass dieses gehäufte onanieren nicht normal ist.
Den ersten starken Knick ins negative brachte die Volljährigkeit. Ich bekam Zugang zu Erwachsenenvideotheken und Sexshops. Die Sache mit den Videotheken hat sich schnell erledigt. Ich erwartete etwas, das meinen Phantasien äquivalent war und war da sehr pingelig. Äußerlichkeiten, Szenen, Beleuchtung und besonders Spielart sollten stimmen (Spielart ist zusätzlich schwierig, da ich einen Hang zu einer besonderen Form des SM habe). Kurz: Ich habe in kurzer Zeit Berge von Videos geliehen, im Schnelldurchlauf „gescannt“, selten eine passende Szene gefunden. Und wenn, dann habe ich sie einmal gesehen und damit war sie für immer erledigt.
Sexshops waren einschneidender. In Sachen SM sind sie vielfältiger und sie hatten immer ein bestimmtes Wochenprogramm... das heißt jede Woche checken, was neu ist. Jede Woche bin ich einer bestimmten Route folgend alle Shops im Viertel abgelaufen, und habe in diesen widerlichen Kabinen im Schnelldurchlauf alles angesehen, was ungefähr in meine Richtung ging. Was habe ich mich geschämt. Mit meinen zwanzig Jahren war mir klar, wo ich mich einzuordnen hatte: Unter den Perversen Wichsern, die im Bahnhofsviertel in Kabinen schmuddeliger Sexshops onanieren.....
Ein Segen, als das Internet „brauchbar“ wurde. Ich konnte in meiner Studentenwohnung meiner Suche nachgehen. Zunächst war es eine Offenbarung, denn das Angebot war so groß und mein Anspruch von Videotheken und Sexshops heruntergeschraubt. Ich bekam Bilder und habe mein altes Hobby – das Zeichnen- elektronisch weiter geführt. Was nicht passte wurde passend gemacht. Doch die Ansprüche steigen: Heute gibt es Filme und ich bin abgebrühter geworden. Nachbessern kann ich bei Filmen nicht mehr. Also muss ich suchen. Und da das Internet unendlich viel beinhaltet, droht die Suche unendlich zu werden.
Ein weiteres Problem: Da mein eigentliches Leben aus Familie (ich habe Frau und Kinder), Beruf und Hobbys besteht, fange ich mit dem Internet an, wenn alle anderen ins Bett gehen. Ich setze mich derzeit rund zwei Mal pro Woche in meinem Arbeitszimmer vor die Kiste. Ich fange meist um zehn an. Bis vor einem halben Jahr habe ich dann bis ca. halb zwei gesucht und onaniert. Inzwischen fällst es mir schwer um halb drei zu einem Ende zu kommen. Da ich jeden Tag (einschl. Wochenende) gegen sechs aufstehe, schlägt die Sache ziemlich auf die Kondition. Sport habe ich inzwischen stark reduziert, da ich an den Folgetagen nicht mehr trainieren kann (ich jogge). Und auch meinen Beruf jongliere ich, so dass ich an den Folgetagen keine allzu schwierigen Arbeitstage habe.
Kurzum: Ich beginne meinen Alltag nach der Sucht auszurichten. Der letzte Wink mit dem Zaunpfahl, der mir noch gefehlt hat, um die Notwendigkeit einer Veränderung eindeutig wahrzunehmen.
Sollte jemand an einem ähnlichen Punkt sein, so dass wir in er nächsten Zeit ein Erfahrungen austauschen könnten wäre das schön. Ebenso, wenn jemand mit einer ähnlichen Symptomatik schon weiter ist und darüber berichten kann.
Ich freue mich auf Beiträge,
viele Grüße,
Baertram