Ich weiß gar nicht, warum ich das hier jetzt schreibe, denn was könnt ihr mir schon sagen, was ich nicht eh schon weiß? Genauso gut könnte ich meine Therapeutin anrufen, doch ich weiß jetzt schon, was sie mir raten wird: Durchhalten, stark bleiben, es geht vorbei. Die Üblichen Mut-mach Sprüche, die ich ohnehin nicht mehr glauben kann, wurde ich viel zu oft bereits eines Besseren belehrt.
Was gibt es also noch zu sagen? Vielleicht ist es das verzweifelte nach Worten ringen, die meinen schwarz-weißen Stummfilm unterstreichen sollen, der langweilig, eintönig und ohne Handlung ist, das armselige Verlangen ein Nichts zu umschreiben und sich vorzumachen, dass selbst das Nichts irgendwo seinen Sinn hat.
Doch in Wahrheit gibt es keinen Sinn, keine Handlung im Stummfilm, keine Worte, die ausreichen, um das zu umschreiben, was ich mein Leben lang schon durchmache.
Ich fühle nichts mehr. Keine Freude, keine Traurigkeit, keine Wut. Einfach nichts. Ich habe auch die Hoffnung verloren, dass mir Therapie oder Psychopharmaka weiterhelfen, denn 10 Jahre habe ich vergeblich gehofft, gekämpft und am Ende doch immer verloren.
Ich versuche der Depression zu trotzen, indem ich extrem viel Sport mache, mich nicht verkrieche, lese, um meine Konzentration trotz allem aufrecht zu erhalten, lache, obwohl da längst nichts mehr ist, worüber ich lachen kann. Es ist ein starres, totes, maskenhaftes Lächeln, aber immer noch so perfekt inszeniert, dass es mir jeder abkauft.
Ich bin so unendlich müde. Ich habe keine Kraft mehr, weder zum Leben, noch zum Sterben. Da ist nichts mehr, worauf ich hoffen könnte, kein einziger zerbrochener Traum, der zu reparieren wäre. Alles ist trist, trüb und nebelig. Wenn ich doch wenigstens Traurigkeit oder Schmerz fühlen könnte, nur ein kleines Indiz dafür, dass ich noch am Leben bin, doch nichts dergleichen.
Ich wünschte, mein einziges Problem wäre eine Drogenabhängigkeit, da ist das Leiden begrenzt, da weiß ich, wann die Hölle vorbei ist und die Qualen werden erträglich.
Bei Depressionen ist das anders. Man weiß nicht, wann das Ende kommt, wenn es überhaupt ein Ende gibt. Genau das ist das Ermüdende, das jede Hoffnung im Keim erstickt.
Was habe ich nur verbrochen, dass man mir so ein Schicksal auferlegt? Dass man meine sehenden Augen mit Blindheit versehrt, unfähig, das schöne im Leben zu sehen, warum man meine Gefühle einfriehrt, warum man eine Seele sterben lässt, während die leere physische Hülle weiterlebt.
Was gibt es noch zu sagen?
Ich habe jegliche Hoffnung verloren, jeglichen Glauben an ein Leben jenseits dieser Finsternis. Ich bin zu müde, um zu hoffen und zu müde, um weiter zu kämpfen, gegen einen Gegner, der mir um so vieles überlegen ist. Er wird mich wieder K.O. schlagen und meine Kräfte sind am Ende. Jetzt kann ich nicht mehr aufstehen.
Der Zug ist zum Stillstand gekommen.
Endstation. Fahrgäste bitte alle aussteigen.