Neu hier, Alkoholproblem

  • Guten abend zusammen,
    ui, den Tag habe ich recht gut geschafft. Spät nach hause gekommen, viel Arbeit.
    Gleich mal hier reingeschaut.
    Taddl: wie lange bist du jetzt ohne, also trocken? Was hat dir denn die Stationäre gegegeben, was du wohl sonst nicht erhalten hättest um trocken zu werden? Wie lange warst du da? Machst du jetzt auch Therapie weiter?
    Ich spüre leider einen ziemlichen Druck was das Arbeitsleben und wirtschaftliche existentielle Absicherung ausmacht. Wenn du meine Antworten liest, wirst du es vielleicht verstehen. Was ja nicht heißt, dass verstehen = richtig so heißen muss. Ausreden... hast du bestimmt gut erkannt, dass es sehr sehr gute Ausreden gibt.
    Mir strebt auch nicht nur der Sinn nach aufhören mit trinken. Habe lange drauf gewartet, dass ich endlich nur für mich alleine denken, handeln und leben darf. Ne, meine nicht den Egotrip als solchen, aber einfach nur nach hause kommen und keine Fragen beantworten, keine Dinge rumliegend vorfinden, die nicht von mir sind. Beim Einkaufen nur an mich denken... etc. pp. Nun darf ich... schön und gut, aber auch mächtig ungewohnt und ich spüre, wie unsicher ich bin mich auf "nur" mein Leben einzulassen. Und leider kommt genau jetzt hoch, wo ich alleine leben für mich sorgen darf, dass ich viel versagt habe. Das ist ein Gefühl... bin ich mich gegangen, und das Gefühl kommt auch aus einem Vergleich... was andere doch geschafft haben und so. Fühle mich auch schlecht meinen kids gegenüber, weil ich ihnen hätte mehr bieten müssen. Mein Kopf sagt dazu : Quatsch. Mein Bauch krümmt sich bei dem Gedanken vor Aua...
    Shit. Ich heule dann, danach ists bisschen besser.
    Mein Selbstwert war nie der beste. Obwohl körperlich immer gesund, intelligent genug und bestimmt angenehmes äußeres, fühlte ich mich seit dem ich denken kann, schlechter als jeder andere dieser Welt ("ozialisation" lässt grüßen). Allein schon dies Wissen, dass es anderen doch schlechter geht als mir, und mir möglicherweise wegen "Nix" n Kopp mach, macht wieder ein schlechtes Gefühl in mir.
    Aber ne, hey, ich habe immer gegen gekämpft. Und momentan habe ich ganz viel Angst, diesen Kampf zu verlieren.
    Womit kann man sich retten? Kann man das überhaupt?
    Ist der Anspruch, glücklich zu sein, zu hoch gegriffen?

    Tausend Fragen. Zu viele.
    Diese blöde Leere.
    Wenn ich auf Arbeit bin, dann merke ich das nicht so. Ich mag die anderen (also die meisten :winking_face: und sie mich (also auch die meisten ;-).
    Aber 24 Stunden arbeiten macht ja auch nicht wirklich Sinn...

    Siegfried: Vielen Dank für deine Worte!! Deine Tips bewirken gerade vor allem eins in mir: Du glaubst an mich :winking_face: sonst würdest du mir das ja nicht schreiben.
    Gestern abend war ich froh, als meine selbst gesetzte Zeit kam, und ich meinen Körper/ Geist mit den zwei Gläsern beruhigen konnte. Gefühlt hatte es zwar nicht gereicht, aber bestimmte Symptome gelindert (nenn ich mal so). Heute morgen auf Arbeit fühlte ich mich völlig matschig im Körper und im Kopf. Hatte leider kein Wasser mit, aber Tee (auf Kaffe habe ich heute weitgehend verzichtet). Morgen muss ich an Wasser denken. Bevor mein zweiter turn beim Nebenjob losging, habe ich ne halbe Stunde geruht/ geschlafen. Hat geholfen.
    Gehe fest davon aus, dass ich das mit dem körperlichen Entzug hinbekomme. Aber der mit der Psyche... ich weiß, dass das schwer ist. Ist ja nicht das erste Mal, wie schon beschrieben.

    Ne, mir gehts nich so gut. Gestern dachte ich immer wieder mal: hey, klar ist, dass du irgendwann nicht mehr bist. Dann spielen alle deine Probleme keine Rolle mehr. Warum also sich jetzt so sehr verrückt zu machen, mit dem Geld und mit dem bloß-nicht-versagen-wollen, und sich damit doch nur einen extremen Druck zu machen? Ich möchte dass mir ein: ich tu was ich kann, reicht!
    ist doch n guter Satz, oder? Ich tu, was ich kann....

    Heute abend wieder zwei Gläser, also schätze ich mal (mehr garantiert nicht). Eben erst nur ne Pfütze vernichtet, und ich meine rgendwie den Rest meiner Ration als "Medizin" einzusetzen. Hört sich blöde an... aber ganz ehrlich: ich habe auch irgendwie Mitgefühl für mein Hirn, was sich echt besch.... anfühlt wenn es von Voll auf Null gehen soll.
    Nein, ich will das hier nicht zum Besten geben! Ich glaube dran. Ich will den Rest meines Daseins hier so erleben, wie ich wirklich bin. Ohne Gift im Kopp. Egal, wie ich dann bin, aber das bin ich dann eben...

    So, jetzt noch bissel entspannen, dann schlafen. Morgen früh klingelt der Wecker.
    Danke fürs Lesen und für eure Gedanken und Worte, die mir zeigen, dass ein trockenes Leben sehr sehr lebenswert ist.
    Liebe Grüße
    Lissi

  • Mal eben ein kurzes und müdes "Hallo" von mir,
    der zweite Tag ohne Alkohol. Vorgestern noch eins von diesem Mischbier aus dem Kühlschrank, das wars.
    Will nur mitteilen, dass ich hundselend müde bin. Schlafe nachts gut, bin morgens aber schon wieder so weit, dass ich mich wie gar-nicht-geschlafen fühle.
    Konzentrotion gegen Null.
    Ich gehe davon aus, dass das zu dieser Umstellung gehört? Ich spüre sonst wirklich keine Entzugserscheinungen. Okay, meine Verdauung spinnt bisschen. Aber diese gefühlte Schwäche, die ist schon enorm.
    Was meint ihr, die das schon durch haben? Kommt das wohl vom Entzug?

    Positiv erlebe ich aber eins: ich fühle mich innerlich irgendwie "sauberer". Und wirklich kein Interesse, dieses einzige angenehme Gefühl wieder wegzumachen.

    Bin guter Hoffnung! und möchte diesen meinen Weg ohne Alkohol gehen!!

    Grüße an alle, die mich lesen!
    Müde Lissi

  • Hey!

    Ich frag mal direkt, vielleicht hast du es auch schon geschrieben, aber ich bin grad ein wenig faul nachzulesen. :winking_face:

    Machst du nun auf eigene Faust den Entzug kalt zu Hause?
    Oder lässt dich wenigstens von deinem HA begleiten?

    Wenn 1. zutrifft, dann halte ich das für eine gefährliche Angelegenheit. Dann kannst du nur froh sein, dass dir nix passiert...

  • Hi Lissi,

    das was Du da beschreibst würde ich durchaus zu den Entzugserscheinungen zählen und das wird auch noch eine Weile anhalten. Den kalten Entzug den Du da hinlegst der kann natürlich gefährlich werden auch wenn Du mit dem "runtertrinken" so etwas ähnliches wie ausschleichen gemacht hast aber ich denke mal das Du das auf einen sehr geringen Zeitraum begrenzt hast. Wenn Du schon keine stationäre Entgiftung machen willst dann solltest Du mal sehen ob Du eine Suchtklinik in der Umgebung hast wo Du zumindest die Ambulanz während der nächsten zwei Wochen besuchen kannst und das wenn möglich täglich. Blut- und Leberwerte solltest Du durchchecken lassen und vor allem den Blutdruck konstant kontrollieren. In der ersten Woche des Entzuges solltest Du das echt dreimal täglich machen um sicher zu sein das Du da stabil bist. Du betreibst mit Deinem kalten Entzug ein gefährliches Spiel. Pass auf Dich auf dabei und trink Wasser damit Du Deinem Körper beim entgiften hilfst. 4 Liter täglich sollten es sein.

    Viele Grüße:

    Siegfried

  • Hallo Lissi,

    ich kann dir das bestättigen mit den kalten Entzug, das dies sehr gefährlich werden kann. Ich habe das schon 2 mal erlebt, Beim zweiten mal kam das sehr plötzlich abends, ich war im Delirium und hatte Hallutinationen. Alles in allem, es war schrecklich, der Sensemann lässt grüssen. Das wünsche ich keinem!

    pass gut auf dich auf

    lg lana

  • Hallo Lissi,

    ich denke meine Vorgänger haben Ihnen gute Ratschläge mit auf den Weg gegeben und ich möchte noch etwas in Sachen Angst anfügen.

    Die Angst ist da, um uns zu schützen. Sie will den alten Zustand bewahren, da Neuland immer eine Gefahr darstellt. Diese Gabe haben wir dem Tier in uns zu verdanken. Jedes neue Terrain ist zunächst eine Gefahrenquelle und das Hirn kann nicht wissen, das wir uns von etwas lästigen befreien wollen. Die Überwindung der Angst ist die größte Hürde eines Süchtigen, denn was kommt danach fragt sich das Hirn? Wie wird ein Leben ohne Sucht aussehen? Ist dies überhaupt möglich?

    Ich behaupte einfach mal, dass das Glück auf jeden Menschen wartet, der bereit ist auf dieses Wagnis einzugehen. Das Glück findet uns gleich nach der Engiftung, es gibt uns Kraft und Lebensfreude, aber die Sache hat einen Haken:

    Es geht nicht nur darum aus der Sucht auszubrechen, vielmehr müssen wir unser ganzes Leben auf den Prüfstand stellen. Dies betrachte ich im nachhinein als Segen, denn wer auf Dauer suchfrei leben möchte, wird gezwungen das ganze eigene Lebenskonzept zu prüfen und wir haben vielleicht erstmals die Möglichkeit uns die Zukunft wertfrei vorzustellen und zu betrachten.

    Die Sucht ist eine große Chance, denn sie ist ein Wendepunkt von der Abhängigkeit weg und hin zum Glück.

  • Hallo !
    und
    DANKE für die gut gemeinten Zeilen!

    Vorne weg: ich bewege mich immer noch im "kontrollierten" Trinken. Soft halt, so würde ich es nennen, aber doch eben ein muss.... Und so langsam weiß ich gar nicht mehr, was überhaupt richtig ist.

    Ich habe fünf Tage lang so gar nix an Alkohol zu mir genommen. Ganz grundsätzlich fiel mir das auch nicht sonderlich schwer. Mir war eben so, dass ich dachte: Sch.... drauf, mir gings mit Alk nicht mehr gut, dann darf es mir auch ohne mal nicht gut gehen. Habe schließlich ein Ziel.
    Fakt ist, dass ich so was von elendhundemüde war (wie jetzt auch), dass ich am sechsten Tag dann dachte: So gehts nicht weiter, vielleicht hilft ein bisschen Wein.
    Hat nicht geholfen, zumindest nicht gegen die wahnsinnige Müdigkeit. Gegen den gefühlten Frust allerdings schon (erheblich).

    Nun mache ich nächste Woche einen Termin beim Allgemeinmediziner. Muss mir unbedingt Blut abnehmen lassen. Vielleicht ist mein Eisenwert auch wieder unten... keine Ahnung.
    Siegfried: ja, ich werde mich auf alle Fälle durchchecken lassen! Um letztlich auszuschließen, dass mit meinem Körper was nicht stimmt und ich dann eher klarkriege, was die Sucht mit mir veranstaltet.
    Vielleicht sind es auch die fiesen Wechseljahre, die mir zu so dermaßen zu schaffen machen ... ich weiß es nicht.
    Vielleicht habe ich auch eine gemeine Depression...
    ICH WEIß DAS ALLES NICHT, aber ich gehe es an so gut ich kann.
    Weiß nur, dass ich letzten Sonntag fünfzig geworden bin :winking_face: Und fühle mich schlagartig wie'ne Rentnerin... herrje.
    Diese irre Müdigkeit. Schlimm.

    Kann der Missbrauch von Alkohol so was anrichten, dass man sich permanent schlapp, ohne Kraft und ohne Konzentration fühlt?
    Gibt es da vielleicht sowas wie'ne Schallmauer, und wenn die überschritten ist, dann hilft diese Substanz, die vorher noch bissel putschte, auch nicht mehr?

    naja, bisher habe ich immer wieder versucht negativ gefühlte Zeiten/ Momente/ Gefühle mit alk in "Griff" zu kriegen. Und ich weiß, dass das falsch ist.

    Antonymus:
    Deine Antwort kann ich gut annehmen. Vor allem, dass wir vielmehr unser ganzes Leben auf den Prüfstand stellen sollten.
    Die Überwindung der Angst....die gößte Hürde... was kommt danach...
    Ich glaube, danach wird es gut. Aber bis dahin habe ich noch einiges zu tun. Z.B. den Zustand zulassen, der jetzt, in diesem Moment gerade ist. Wenn ich das nicht schaffe, dann schafft mich meine Sucht. So seh ich das. Und es fällt mir ungeheuer schwer, diesen Weg zu gehen... ohne diese Fessel.

    Habe mir im Übrigen auch die Kontaktadressen von hiesigen Suchtberatungsstellen rausgesucht. Die wird meine nächste Anlaufstelle sein, gleich nach den Ergebnissen meiner Blutwerte.

    Jetzt gehts ab aufs Sofa...freu und mal wieder todmüde nach einem ereignisreichen Tag (habe echt einige Menschen getroffen, und bis vor ner Stunde kein Gedanke an Alk).

    Liebe Grüße an alle,
    Lissi

  • Hallo Lissi,

    habe erst heute gelesen, dass du mich etwas gefragt hattest.

    Trocken bin ich leider nicht mehr, ich gehe nächste Woche für 3 Wochen in die Klinik, weil ich mich selber und meinen Zustand nicht mehr ertragen kann. Ich kenne das mit dem Job, ich bin ebenfalls voll berufstätig und trotzdem werde ich jetzt 4 Wochen lang fehlen. Bin bereits seit Montag krankgeschrieben, weil ich an meine körperliche Grenze gestossen bin. Ich hätte mir mehr geschadet, und auch ich habe Angst vor dem wirtschaftlichen. Doch ich selber gehe jetzt vor.

    Ich habe jedoch eine 16 jährige Drogenabhängigkeit hinter mir und bin dieses Jahr 10 Jahre von illegalen Drogen clean. Habe zahlreiche Entgiftungen und 3 Therapien für illegal Abhänige hinter mir. Habe nach 5 jähriger totaler Abstinez von allem (ich bin Politox=Mehrfachabhängig) aufgrund von familiären Schwierigkeiten wieder auf mein altes Schema zurückgegriffen. Halt "nur" mit Alk. Post Mahlzeit, bin ich doof :bi:

    Ich kenne das auch, dass ich mich ständig schlapp fühle wenn ich betrunken bin. Und heute wo ich noch nichts getrunken habe, habe ich echt schwierigkeiten meinen Kopf beisammen zu halten. Einfachste Dinge, wie Einkaufsliste erstellen kann ich nur mit nem Riesenzeitaufwand. Nervig. Ich glaube auch, dass der ständige Alkkonsum auf Dauer müde macht. Mir geht es da ganz genauso, bin beim Aufstehen schon wieder müde und krieg nen Anfall, wenn ich an all das denke, was erledigt werden muss.

    Ich bin 43 und fühle mich auch schon wie wenn ich in der Grube liege. Bei mir beginnen, glaube ich auch bereits die Wechseljahre, weil total unregelmäßige Tage. Genau gesagt hören sie bei mir seit fast 4 Wochen mal für ein paar Tage auf und dann auf ein neues. Ich kann mich da echt total in dich reinversetzten.

    Ich vertrete nach wie vor die Meinung, mach irgendwas stationäres. Da hast du Ruhe, kannst dich mal ganz auf dich konzentieren.
    Das du Deine Blutwerte (wie sind sie eigentlich, Ergbniss sollte ja vorliegen?) und ne Suchtberatung aufsuchen willst ist ein erster Anfang.

    LG Taddl

  • Hallo Taddl, hallo an alle anderen die sich hier austauschen,
    Taddl, wahrscheinlich bist du jetzt schon in der Klinik? Ist es das erste Mal dass du eine Klinik in Anspruch nimmst?
    Deine Geschichte hört sich nach viel Leid, Kampf und Trauer an. Ich fühle mit dir, denn ich weiß, wie anstrengend es ist sich immer wieder quasi selbst am Schopf zu packen um sich aus dem Sumpf zu ziehen.
    Ich meine, alleine der Weg zum Therapeuten bzw. zur Entgiftung bedarf schon einer gehörigen Energie. Vor allem, weil man so überhaupt nicht weiß, ob dass alles Sinn macht, nicht wahr?
    Ich selbst war vor zwei Jahren wegen anhaltender Erschöpfung in einer Reha. War anstrengend, vor allem wegen Gruppentherapie und dem mich-öffnen-sollen-dürfen (müssen?).
    Alkohl war kein Thema, was soweit erstmal okay war, da ich mich zum einen in dieser Zeit quasi beherrschen konnte (schließlich gab es keinen bekannten Alltag und abends konnte ich mich früh aus allem rausziehen und brauchte mich nicht betäuben).
    Außerdem wurden die grundlegenden Probleme beleuchtet, die bei mir zum Missbrauch führten.
    Insgesamt war der Aufenthalt dort sicher nicht schlecht und zum Teil erfolgreich, aber letztlich nicht so tragend, dass ich ein lebensfroher Mensch geworden wäre.

    Zur Zeit beobachte ich mich selber ziemlich stark. Ist ja irgendwie die erste Zeit in meinem Leben, in der ich mich ganz auf mich selbst konzentrieren darf. Kinder (plötzlich) aus dem Haus, Partnerschaft gibts nicht.
    Früher, also ganz weit früher, als ich diese Zeit für mich selbst noch hatte, war mir mein psychisches Problem gleich NULL bewusst. Ich wusste nur, dass ich mich irgendwie immer anders fühlte als die anderen.
    Mit dem Alkohol habe ich angefangen, als ich so 19 war. Vorher spielte er keine Rolle. Ich bin damals von Norddeutschland in den Süden gezogen und fing an, in Discos und Kneipen zu arbeiten. Geld verdienen halt, war auch in Ordnung. Nicht i.O. war, dass Alkohol dort quasi ein Muss war.
    Nach den ersten zwei Jahren dort eröffnete ich meinem Chef, dass ich dort nicht mehr arbeiten werde. Mir ist aufgefallen, dass ich schon gleich zu Beginn einer Schicht zum Glas griff. Das hat mir ziemliche Sorge gemacht, und ich bin erstmal mit einer Freundin für einige Wochen ganz weg aus Deutschland.
    In dieser Zeit spielte Alkohol wieder keine Rolle.
    Ab und an gab es mal ein Bier. Normal. Nie betrunken, nie Pegeltrinken. Keine Entzugserscheinungen. Cannabis genauso ab und an, war aber nie wirklich meine Droge.

    Die wirklichen Probleme mit Alk fingen "erst" vor ca. fünfzehn Jahren an. Ich hatte zuvor einen für mich schweren Schicksalsschlag anzunehmen, den ich so gut es ging verdrängte. So schlitterte ich nach und nach in die Sucht.
    Später wurde mir irgendwie deutlich, dass meine ursprüngliche Problematik aus der Kindheit kam, wie vielleicht bei den meisten Abhängigen?
    Aber ich kenne auch Menschen, die hatten es schwer und nehmen nix... tja.
    Vielleicht ist die Frage nach dem warum auch müßig?
    Ist es nicht eher wichtig, was jetzt ist und warum man jetzt nicht klar kommt ohne sich zu betäuben?

    Ich habe schon einiges an Beratungsstellen und auch Therapie wahrgenommen. Bisher schien es immer nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
    Ich schwanke zwischen aufgeben und den Kampf wieder aufzunehmen.
    Manchmal denke ich: ich bin zu alt für den ganzen Sch... Mit zu alt meine ich, dass meine Energien nur noch begrenzt vorhanden zu scheinen.
    Gekämpft habe ich sehr wohl, und das nicht wenig. Aber vielleicht nicht wirklich für mich.

    Meine Tochter war von Anfang an ein "besonderes" Kind. Und da ich mich selbst immer ganz ähnlich empfand, habe ich alles für sie getan wo ich glaubte, dass es richtig sei. U.a. verschiedene Klinkaufenthalte wegen ihrer starken Wirbelsäulenverkrümmung, bis hin zur riskanten Operation.
    Des weiteren ist sie ein ADS Kind, was Diagnosen per Kinderzentrum benötigte und immer wieder meinen Einsatz in der Schule in der Auseinandersetzung mit Lehrern forderte.
    Sie bekommt auch heute noch nicht ihr Leben so "in den Griff" wie es die Welt erwartet. Inzwischen besteht sie mehr oder weniger mit Antidepressiva.
    Einen Suizudversuch hat sie hinter sich. Den machte sie mit 17, und ich dachte damals: den hätte ich machen müssen...den macht sie an meiner Stelle und vielleicht habe ich ihr etwas aufgebürdet, wozu ich selbst nicht stehe?

    Letztes Jahr dann der Supergau zwischen uns. Schon in den Jahren zuvor war sie sehr aggressiv, gegen mich und gegen sich selbst. Dann aber eskalierte alles, und wir haben uns regelrecht geprügelt! Die Polizei wurde gerufen, die dann schlichtend eingriff und meine Tochter baten, für ein paar Nächte von zuhause fern zu bleiben.
    Ich war denen sehr dankbar, meine Kraft war absolut am Ende.
    Sie packte einen Koffer, verließ unser gemeinsames zuhause und kam nicht wieder.
    Das war vor einem halben Jahr.
    Jetzt haben wir eine wirklich gute Beziehung und können über alles reden.
    Sie ist am Kämpfen, sie geht momentan weit zurück um sich dem Anzuschließen, was man gesellschaftliche Teilhabe nennt.

    Mein Sohn war als Kind sehr viel anstrengender als sie. Hyperaktivität ließ grüßen und auch mit ihm besuchte ich eine Beratungsstelle. Da er älter ist als meine Tochter und quasi "lauter" war hat er mit seinem Verhalten sehr viel Aufmerksamkeit gezogen. Dafür hat er aber später und bis jetzt nicht diese gravierenden Probleme mit dem Selbstwert gezeigt.
    Er studiert inzwischen, erfreut sich seines Lebens (wie gerne hätte ich was davon :winking_face: und zeigt viel Verständnis für die Probleme seiner Schwester sowie meinen.
    Er ist ein sehr sozialer und Mensch, der gerne die Zusammenhänge des Lebens verstehen will.

    Ich schreib euch dies hier in dieser Länge, weil mir momentan sehr klar wird, was ich "geleistet" habe und wieviel Energie mich das alles gekostet hat. Es gab keinen Mann an meiner Seite, der irgendwas mitgetragen hätte. Es gab immer wieder die falschen Männer, was mir nach meiner eigenen Kindheitserfahrung inzwischen logisch ist.
    Mein eigenes Studium habe ich nach drei Semestern abgebrochen, um mich als alleinerziehende dem Wohl der Kinder zu widmen (was auch defintiv so nötig war).
    Es gab keine Instanz, die mich an die Hand genommen hätte und mir was abgenommen hätte.
    Aber nein, das ist keine Schuldzuweisung, es ist einfach nur eine Erkenntnis in dieser Zeit, dass man sehr wohl sich selbst durchleuchten muss, um leben zu wollen und zu können.
    Und ich frage mich, ob ich das schaffen kann...
    Ich hatte immer eine Sehnsucht, nach Geborgenheit und einer guten Gemeinschaft. Dafür habe ich gekämpft, doch heute denke ich, dass ich den falschen Weg gewählt habe.
    Ich dachte echt, dass man, wenn man nur ehrlich ist, sein Ziel verwirklichen kann.
    Heute glaube ich, dass man hier und da auch recht egoistisch sein muss, wenn man hier überleben will.
    Das fällt mir allerdings nicht einfach.

    Da ich an einer Schule arbeite, nicht als Lehrerin sondern als Assistenz für Kinder mit Behinderungen/ Beeinträchtigungen, fällt mir auf wie Lehrer teilweise ungefiltert Druck auf Schüler ausüben. Mir geht dann innerlich immer der Hut hoch, weil ich aus erster Hand weiß, was das mit der Zukunft des Kindes anrichten kann! Da das für mich nur sehr schwer zu ertragen ist (sag mal was gegen einen Lehrer/ Beamten) habe ich mich die Tage für eine Stelle beworben, die diese "Dinge" koordienieren kann (Stichwort Inklusion).

    In den letzten Tagen habe ich immer Pegel getrunken, und es gab Tage wo ich mich gar nicht betäuben musste.
    Mein Ziel ist es, frei von der Sucht zu werden. Deswegen, weil ich ganz grundsätzlich frei sein will und mich von nix, was ungesund ist, abhängig wissen will.
    Einfach ist das nicht, denn ich spüre Wut und Trauer und Enttäuschung in mir. Aber letztlich gibt es zu viele gute Gründe um zu sich selbst zu finden und eben nicht aufzugeben.
    Und schließlich will ich auch meiner Tochter zeigen, dass ein Suizid der falsche Weg ist. Und Sucht ist nun mal ein Suizid auf etwas längerem Wege, nich wahr.

    Ich wünsche allen, die sich auf diesem Weg befinden, viel Kraft und das Vertrauen ihr Gesicht in den Wind zu halten! Gerade die, die unter einer gewissen Sehnsucht "leiden", sind doch die, die sich intenisver mit allem hier, was ist, auseinandersetzen.
    Vertrauen und sich selbst annnehmen... das ist doch der Weg... ?

    Ich sehe mich, ich sehe mein Kind, und das reicht mir um Aufzustehen.
    Ich sehe auch andere, die nicht süchtig sind und scheinbar gar nix für ihre Not (Krankheit) können. Da kann ich mich schon schämen, wenn ich mir das Leid selbst zufüge.
    Naja, vielleicht ist auch das mein Problem... mich zu schämen und mich selbst für schlecht zu befinden.

    Den Termin zur Blutabnahme habe ich erst nächsten Montag. Ich "befürchte" eh, dass alles i.O. ist. Aber machen will ich das, weil ich mich einfach viel zu oft viel zu schlapp fühle (auch nach Tagen ohne Alk).

    Alles Liebe und Gute für euch Kämpfer!
    Lissi

  • Hallo an die "Macher" des Forums,
    habe gestern nach etwas bestimmten gegoogelt und stieß gleich auf den ersten Seiten auf einen Eintrag von mir hier (Schlagwortsuche, wo es um die wirtschalftliche Situation geht).
    Nun kann ja jeder mal eben diese Seite von mir öffnen, der dieses Schlagwort goggelt, okay soweit. Stehen aber ziemlich viele private Sachen drin von mir, welche ich als markante Merkmale meiner Person bezeichne.
    Ich möchte diesen Beitrag gerne löschen. Finde leider die Funktion "ändern" in meinen Beiträgen nicht.

    Wäre mir sehr wichtig, da was zu ändern und bitte euch um Unterstützung!
    Danke.

    Ansonsten gehts mir .... nicht gar so schlecht. Wieder zwei Tage ohne Alk! Heute der starke Wille das Rauchen genauso zu lassen. Nachher nette Verarbredung... will meine Energie gut nutzen.
    Wer weiß, wie lange sie halten...

    Morgen oder noch heute abend schau ich hier rein, obs Tips wegen der Beitragänderung gibt.

    Bis dahin, schönen Tag allen!
    Lissi

  • Hallo Lissi,

    zunächst auch ein herzliches Willkommen von mir.

    Ich denke Du bist auf einem sehr guten Weg. Die Einsicht ist bereits die halbe Miete behaupte ich mal ganz salopp.
    Meine Vorgänger gaben Dir bereits gute und nützliche Tipps mit auf den Weg und ich möchte lediglich hinzufügen, dass die aktuelle Angst in Deiner Situation ein völlig normales Phänomen ist.

    Dein Hirn wird nun versuchen krampfhaft am Alkohol festzuhalten. Du nimmst Deinem Körper etwas eminent "wichtiges" weg und dieser, samt dem Geist rebellieren. Wenn Du es geschafft hast 4 Tage clean zu sein, wirst Du das Leben völlig neu bewerten können, abenfalls die Begleitumstände, wie Schulden, etc.

    Ich wünsche Dir viel Kraft bei Deiner Entscheidung.

    LG, A.

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