Ist er weiterhin Heroin-Konsument?

  • Letztes Jahr hatte mein Freund, der vor ca. 20 Jahren sehr lange heroinabhängig war und - laut seiner Aussage - seitdem nichts mehr konsumiert hatte, einen Rückfall. Ein Freund von seiner früheren Drogen-Clique hatte ihn besucht (beide wohnten früher ca. 100 km von hier.) und mein Freund spritzte am gleichen Abend mit seinem früheren "Kollegen" Heroin. Erst viele Wochen später, weil ich immer wieder nachfragte, gestand er mir seinen Rückfall. Er ist alleinerziehender Vater von drei Kindern und der Älteste fand seinen Freund fast ohnmächtig mit der Spritze im Arm auf der Toilette. Das ist noch nicht einmal ein Jahr her und er versicherte mir, dass er seitdem begriffen habe, wie "pseudo-mäßig" diese Droge sei und dass seine Kinder und ich ihm zu wichtig wären um so etwas noch einmal zu probieren. Ich glaubte ihm. Vor kurzem hatte er durch den Verkauf seiner Bilder (er ist auch Künstler) plötzlich mehrere Tausend Euro verdient, was noch nie vorher vorkam. Seitdem habe ich das Gefühl, dass er wieder konsumiert. Er hat kaum noch Interesse an unserer Beziehung, erwähnte vor kurzem sogar, dass er an wirklichem Sex mit Frauen eigentlich gar kein Interesse habe, geht nicht gerne aus, klebt quasi an seiner Wohnung, schläft (was er eigentlich immer wieder tat ) plötzlich ein und man kann ihn kaum wachbekommen, hat zuweilen (ich bin nur noch selten bei ihm) ganz merkwürdige Augen (als wenn so ein bläulicher, wässriger Schleier über seinen Augen läge) und unsere Beziehung besteht nur noch darin, dass ich seinen Alltag hin und wieder teile, weil ich ihn dann nur sehe, wenn ich mit ihm einkaufen gehe oder daneben sitze, wenn er seine Bilder macht. Habe ihn darauf angesprochen und gefragt, ob er wieder konsumiert. Er hat nicht wirklich überzeugend geantwortet.
    Ich glaube, er wird mir nie die Wahrheit sagen, weil er Angst hat, seine Kinder zu verlieren, wenn herauskäme, dass er heroinabhängig sein könnte. Habe jetzt die Beziehung "auf Eis gelegt" und werde mich wohl von ihm trennen müssen, weil zu viele Fragezeichen bezüglich dieser Beziehung für mich entstanden sind. Trotzdem bin ich furchtbar traurig und wünschte, dies alles wäre nur Einbildung. Leider hat mir mein Bauchgefühl im Leben bis jetzt fast immer die Wahrheit gesagt. Was soll ich bloß tun? Möchte mich einfach mit Angehörigen von Süchtigen und Süchtigen austauschen.

  • Hi,

    ist natürlich immer schwer, da aus der Ferne was dazu zu sagen, weil man ja nicht 'verurteilen' möchte,
    aber leider klingt alles was du da beschreibst, wirklich klassich nach Opiat-Konsum!
    Und jo, als Süchtiger gesteht man es sich selbst nicht ein, und zu jemand anderem ehrlich zu sein, fällt dann natürlich auch schwer!

    Du kannst ihm nur anbieten, dass du mit ihm zur Suchtberatung gehst, wenn er dazu bereit ist.
    Erzwingen läßt sich da nix - bzw. es bringt ja auch nix, solange der Süchtige nicht selbst den Willen aufbringt.

    Der Mist ist, ich kenne das, es ist relativ egal, wie lange man clean war - nach ein paarmal konsumieren ist man wieder voll drinne in der Mühle *seufz*

    Pass auch auf DICH auf! LG.Ganesha

  • Hi,

    das liest sich nicht wirklich gut und Deine Aengste scheinen durchaus gerechtfertigt zu sein. So bescheiden es sich auch anhoert aber ein Rueckfall ist ein ganz normales Geschehen im Krankheitsbild eines Suchtkranken. Er muss natuerlich nicht vorkommen aber man kann ihn auch nie ausschliessen. Ob ein Rueckfall vorliegt kann ich echt nicht beurteilen. Vielleicht ist s einer, vielleicht hat der Rueckfall auch schon vor einem Jahr stattgefunden und er erhoeht jetzt nur die Konsummenge, absolut keine Ahnung.

    Du solltest da in erster Hinsicht auf Dich aufpassen und da ganz klare Grenzen ziehen und dann auch einhalten. Das was Du ihm anbieten kannst waere die Unterstuetzung zur Suchtberatung. Dafuer muss er es aber wollen. Wenn er wieder "drauf" ist und nicht will dann kannst Du absolut nichts machen. Dann gilt nur noch, pass auf Dich auf.

    Viele Gruesse:

    Siegfried

  • Hallo!

    ...leider klingt das für mich auch nach Rückfälligkeit. Aber vielleicht hilft eine deutliche Erinnerung an die Kinder, um alles weitere zu überdenken. Bei mir hat`s sehr gut gewirkt! Viel Glück!

    Grüße

    Marie

  • Vielen Dank für Eure einfühlsamen Antworten. Ich habe mich jetzt eine Woche nicht mehr bei ihm gemeldet, ihm allerdings per E-Mail eine Dokumentation über Heroinabhängige geschickt. Darauf kam eine sms an mich mit dem Text "Kann man sich nicht einfach nur liebhaben?" Auf den Film kam er nicht zu sprechen. Ich habe daraufhin weiterhin Abstand verlangt, bis ich mir im Klaren werde, was ich tun kann oder muss. Es wird wohl auf eine endgültige Trennung herauslaufen, zumal ich seit den über 5 Jahren Beziehung sowieso kaum etwas von ihm hatte, da er alles - sei es seine Kinder, seinen zusätzlichen Alkoholkonsum, seine Existenzängste, seine Bilder etc. - zwischen uns schob. Ich lief quasi nebenher. Zur Zeit habe ich jedenfalls furchtbaren Liebeskummer und frage mich, wieso ich das und noch viel mehr so lange ausgehalten habe. Er ist eigentlich in seinem Ursprung ein sehr netter, zärtlicher und liebenswerter Mensch, aber schon durch Alkohol wird ein ganz anderer Typ aus ihm. Daher bleibt mir wohl eine Trennung nicht erspart, weil ich noch eine Menge Selbsterhaltungstrieb habe und auch nicht ganz gesund bin. (mehr als 10 Jahre parkinsonkrank). Euch wünsche ich jedoch frohe Ostern.

  • hmm...irgendwie kann man sich einfach liebhaben...das geht, aber das geht nur wenn volle Offenheit und volles gegenseitiges Vertrauen vorliegt...

    ...so kannst Du ihm das ja mal sagen und wenn er das nicht begreift ja dann geht das wohl doch nicht irgendwie so einfach...

    ...und Dein Liebeskummer ist mehr als verstaendlich...Ihr habt einige Jahre Eures Lebens miteinander verbracht und da gibt es sicher genug schoene Momente drin und ohne Drogeneinfluss scheint er ja auch ein recht netter Mensch zu sein....klar, da faellt es dann auch schwer eine Trennung durchzuziehen weil man im Inneren hofft das sich doch alles zum Besseren wendet...

    Frohe Ostern wuensche ich Dir und viele Gruesse:

    Siegfried

  • Lieber Siegfried
    Genau so geht es mir. Leider waren die letzten Jahre immer nur zu 50 % oder weniger schön, da auch der starke Alkoholkonsum meines Freundes zum größten Teil unerträglich war, denn er blamierte mich fast überall, wenn ich mit ihm ausging, was er dann immer seltener tat, da er ja wusste, dass er sich nicht unter Kontrolle hatte. Inzwischen kommen mir so viele negative Geschichten hoch, dass ich garnicht mehr anders kann, als das Ganze zu beenden. Ich könnte zur Zeit den ganzen Tag heulen, versuche aber mich abzulenken. Die Hoffnung, dass sich alles zum Besseren wendet, schlummert leider noch zu stark in mir. Irgendwie muss ich da durch, weil ich glaube, dass sich nichts ändern wird. LG

  • ...was soll ich dazu sagen...

    ...aber, weisst Du, wenn da doch ein recht starker Aloholkonsum im Spiel war dann war das Ergebnis seiner vorherigen Therapie nicht mehr wie eine Suchtverlagerung...die Sucht wurde nicht gestoppt (mehr geht nicht, Sucht ist nicht heilbar) sondern von einem Suchtmittel (Heroin) auf ein anderes (Alkohol) verlagert...und er muss auch dagegen was tun sonst wird er aus seiner Suchtspirale nicht rauskommen...das ist absoluter Mist, aber es ist so...und das ist das was wir (ich zaehle mich dazu) Suechtigen schwer akzeptieren koennen...es geht nur wenn man es selbst will...fuer andere kann man ja mal eine Entgiftung und/oder Therapie machen und danach wieder rueckfaellig werden nach dem Motto...

    ...siehste, ich hab alles versucht, selbst die Aerzte konnten mir nicht helfen...

    ...und genau da ist der Denkfehler...an dem Suchtverhalten kann nur der Suechtige etwas aendern...da hilft kein Arzt und auch kein Therapeut, die koennen den Suechtigen nur unterstuetzen in ein konsumfreies Leben zu gelangen...die Sucht wird bleiben bis an unser Lebensende...nur, wie wir damit umgehen, das muss jeder fuer sich entscheiden...und da muss er seine Entscheidung finden

    Viele Gruesse:

    Siegfried

  • Hallo Traurigkeit55,

    ich kann nur soviel sagen - du handelst vollkommen richtig und nimmst dich aus der Situation!
    Bis man so eine Entscheidung treffen kann, grade wenn Liebe mit im Spiel ist, das dauert seine Zeit und treibt leider häufig auch das Umfeld in eine 'Co-Abhängigkeit.
    Daher ist es klar, es tut weh, aber du kannst stolz auf dich sein, weil du nun gehandelt hast.

    Der Thementitel ist meiner Meinung auch nicht ausschlaggebend, Siggi ist da aber auch drauf eingegangen.

    Hier ist scheinbar eine ausgereifte und andauernde Suchterkrankung vorhanden, ob es um H oder Alk geht, das spielt letztlich keine Rolle - beides nimmt sich nix und ich einfach nur schlimm.

    Was ich mich frage, was ist mit den Kindern?
    Eventuell solltest dahingehend nochmal überlegen, ob es nicht in deiner Verantwortung liegt es den zuständigen Stellen zu melden ...
    Nicht aus Frust oder Böswilligkeit, aus Verantwortung gegenüber Kindern, die letztlich immer die Leidtragenden sind!
    Und wenn alles im Reinen ist, dann hat auch keiner was zu befürchten :smiling_face:

    LG Franz

  • Hallo, Franz und Siegfried
    Die Sache mit der Suchtverlagerung war mir irgendwie klar. Nur wollte ich wohl nicht wirklich hinschauen, weil ich zu verliebt war und leider noch bin. Die Vogel-Strauß-Politik hilft mir allerdings nicht weiter und ihm erst recht nicht. Deshalb bleibt es erst einmal bei der Auszeit auf unabsehbare Zeit. Ich möchte noch mehr vom Leben. Danke Euch auf jeden Fall für Eure engagierten Antworten. LG

    PS: Die Kinder sind bis auf einen, der in der Pubertät steckt, schon volljährig. Gottseidank hat er es immer einigermaßen geschafft, ein liebevoller und halbwegs strukturierter Vater zu sein.

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