Benzoentzug - 1 Monat geschafft - Was kommt dann?

  • Hallo liebe Leidensgenossen,

    Ich bin 27/männlich.
    Ich hab 10 Monate Benzodiazepine genommen gegen Panikattacken. Dabei hab ich mit Alprazolam angefangen, zwischendurch auch Diazepam, und am Ende waren es 2,5 mg Tavor (Lorazepam) täglich. Mein (ahnungsloser) Hausarzt hatte mir auf Nachfrage immer wieder eine Packung aufgeschrieben... Nur hatte mir es am Ende überhaupt nicht mehr geholfen, im Gegenteil, es ist eher schlimmer geworden mit den Angstzuständen, und zwar so übel, dass ich nicht mehr ohne furchtbare Panikzustände vor die Tür gehen konnte und auch nicht mehr schlafen konnte. Die Angst wurde schrecklich. Rückblickend fühlte ich mich mit Lorazepam am Ende so, als würde eine total dunkle Wolke über mir hängen, die mir alle Freude und Energie bis aufs Letzte aussaugt - das Medi macht einfach so teilnahmslos und gleichgültig. Ich entschied mich, es von heute auf morgen abzusetzen und hatte dabei große Angst süchtig zu sein und von dieser Sucht nicht mehr weg zu kommen. Von meiner Psychiaterin bekam ich 100mg Opipramol verordnet und ein "Respekt", es schon fünf Tage ohne Hilfe geschafft zu haben:)
    Die Folgen des abrupten Absetzens: extreme Angst und Unruhe, Verzweiflung, Schlaflosigkeit, Zittern und immer wieder Panikattacken. Wahnsinniges Verlangen, Benzo wieder zu nehmen. Mittlerweile hab ich es vier Wochen geschafft und bin über das schlimmste hinweg. Durch das Opipramol (denke ich) sind sogar die Angstzustände richtig gut abgeklungen. Habe außerdem mit Psychotherapie angefangen und denke heute, es war dumm die Angstsymptome mit Benzos zu übergehen, ohne sich ernsthaft mit den Ursachen der Störung auseinanderzusetzen.
    Nun, nach 4 Wochen Entzug vom Lorazepam, hab ich aber die nächsten Negativsymptome: ich fühl mich sehr Depressiv, antriebslos, freudlos und alles was ich tue, fühlt sich wirklich so an, als würde es gar nicht zu mir gehören, als würden die Aktivitäten, die ich früher gern gemacht habe, mir heute total fremd sein! Es ist grad zum verzweifeln...
    Außerdem hab ich gleichzeitig mit dem Benzo auch aufgehört Alk zu trinken. Hab 10 Jahre ziemlich doll getrunken, hin und wieder auch mal 5/6 Tage in der Woche und das nicht wirklich wenig. Hab außerdem meinen Nikotinkonsum von einer Schachtel / Tag auf eine Schachtel/ Woche reduziert. Der Grund: will einfach wieder gesund werden und mich nie mehr immer nur betäuben oder von irgendwas abhängig sein. Mit den Benzos hab ich wegen ner verdammt schwierigen Zeit angefangen (Examen mit dollem Druck und absoluter Überlastung, Volontariat in Berlin begonnen und weg von zu Hause, Freundin hat sich nach 5 Jahren von mir getrennt, 4 Wohnsitze in nem halben Jahr)... das wurde alles zu viel, ansonsten, denke ich, hätte ich mich nicht so auf die Medis eingelassen! Außerdem zwischendurch immer feiern gewesen, ab und zu mit Drogen - Weed, Koks, MDMA, Speed - und am nächsten Tag(e) Einsamkeit, Kater, Depression und Angst, was ich meistens mit ner Lorazepam entschärft hab.
    Ich bin zwar bereit mein Leben nun völlig zu verändern und gesund zu leben, doch es ist grad so schwer mit allem umzugehen! Bin ich so Depressiv wegen dem Benzo-Entzug oder ist es vielleicht das Opipramol, oder AUCH der Alkohol der jetzt wegfällt? Oder alles in der Summe? Ich fühl mich einfach so total verändert - das macht mir ziemlich Angst und deprimiert mich, auch wenn meine Psychiaterin meint, ich wäre auf nem guten Weg...

    Hat jemand von euch ähnliche Erfahrungen gemacht? Was meint ihr, was passiert da grad bei mir? Weiß einfach nich wo oben und unten ist.. Alles neu. Alles anders.

    Würd mich über eure Antworten freuen

  • Guten morgen Chris,

    das kingt alles total normal selbst wenn Du jetzt bereits ein paar Wochen clean bist.

    Das "Groebste", die Entgiftung scheinst Du hinter Dir zu haben und jetzt befindest Du Dich eigentlich in der sogenannten Entwoehnung. Dein Koerper muss sich daran gewoehnen ohne diese Suchtstoffe auszukommen und das ist jetzt egal welches Du von Deinen dazu anfuehrst. Das braucht seine Zeit und kann auch schon mal ein paar Monate dauern. Es kommt ja auch irgendwie darauf an wie exzessiv Du Deinen Konsum gelebt hast und wie gut Dein Koerper das verkraftet hat.

    Was Dir im Moment fehlt sind einfach die Ausschuettungen der Gluecksbotenstoffe (Dopamine, Endorphine) die Du Dir vorher mit Deinem Suchtmittel verschafft hast. Das wiederum fuehrt dann zu der von Dir benannten Lustlosigkeit und man kann sich da irgendwie nicht so richtig fuer irgendetwas begeistern. Das kenne ich bei mir auch und das tritt bei mir auch nach fast acht Monaten "Trockenheit" noch auf. Da wirst Du genauso wie ich irgendwie durch muessen. Was mir dabei gut hilft sind sortliche Aktivitaeten die ich ausserhalb der Wohnung mache, also laufen, radfahren usw., damit kann ich derartige Lethargieattacken doch ganz gut wieder in den Griff bekommen. Manchmal reicht da auch ein einfacher Spaziergang zu, Bewegung - Luft und Licht (Tageslicht) solltest Du Dir im Moment auch goennen. Versuche irgendwelche Aktivitaeten zu finden mit denen Du Dich gerne beschaeftigen moechtest und dann mach das auch damit Du Dir die Zeit fuellst die Du vorher fuer Deinen Drogenkonsum verbraucht hast. Nur aufs Fernsehen zu begrenzen oder sich den ganzen Tag vor dem Rechner aufzuhalten ist sicher zu wenig. Beschaffe Dir Aktivitaeten die Dir auch zu kleinen Erfolgserlebnissen verhelfen, dann wird das alles etwas einfacher.

    Ansonsten kann ich nur sagen, Du bist auf einem guten Weg und den musst Du jetzt stur und diszipliniert weitergehen sonst faellt man schnell in das alte Verhaltensmuster wieder rein.

    Viele Gruesse:

    Siegfried

  • Guten Morgen chris,

    ich hab mit Benzos auch so meine Erfahrungen...von daher kann ich dir auch wie siegfried sagen, dass sich das leider normal anhört.
    Damals war ich heroinabhängig und hab mir dazu auch nicht geringe Mengen an Diazepam reingezogen. Aufgehört hatte ich dann mit einer 3-wöchigen stationären Entgiftung und anschliessender Langzeittherapie. Ich hatte lange das gefühl das sich alles wie im Film abspielt, das Leute über mich reden, war Depressiv und antriebslos.Ich konnte mich nicht konzentrieren, seis auf Gespräche oder einfach auf mich oder auf meine Umgebung. Es fühlte sich alles so weit weg an.ich hatte ne tiefe Unsicherheit und Ängste. Aber ich glaub so nach 3-4 Monaten kamen dann immer öfter solche Momente, anfangs ganz kurz und unerwartet, dann immer öfter, wo ich sagen konnte: AHHH du bist ICH und bist HIER und JETZT und es fühlt sich echt an, wenn du verstehst was ich meine.
    Ich denk, da du ja sovieles nun weglässt, alk, Benzos, kippen usw., summiert sich das, aber ich denk auch, das viel von den Benzos kommt.Die greifen ja schon recht stark ind eine Psyche ein und dein körper (biochemisch) muss nun ertsmal wieder lernen ohne hilfe diese stoffe normal zu produzieren. dein psyche muss genauso alles wieder erlernen.es muss alles iwie wiedre ins gleihcgewicht kommen, das dauert leider etwas.
    Da ich in Therapie war, musste ich ja auch die ganzen Angebote mitmachen wie arbeitstherapie, sporttherapie,ergotherapie,gruppen- und einzelgespräche, was wahrlich oft nicht einfach war. ich hätt mich am liebsten in ne Ecke verkrochen und wär nicht mehr rausgekommen.aber im nachhinein war es sehr gut,trotzdem am leben teilzunehmen,vllt konnte so mein körper und psyche schneller lernen.
    Wichtig war für mich auch über meine verschobene Wahrnehmung zu reden, auch mit meiner therapeutin. meist wurde dann, wenn ich mich da so reingesteigert habe, es wieder en bissel entschärft werden, weil ich dann doch zusammenhänge erkennen konnte und merkte das dies alles gar nicht so abnormal ist.

    bleib dran, ich wünsch dir viel kraft :smiling_face:

    PS: hier hab ich noch ein Link, den finde ich ganz informativ über Wirkung und Entwöhnung von Benzos

    http://www.benzo.org.uk/german/bzcha03.htm

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