Mit Cannabis aufgehört - jetzt jeden Abend Alkohol

  • Hallo,
    habe nach fast 30 Jahren täglichen Cannabis-Konsums Anfang November letzten Jahres aufgehört. Fiel und fällt mir sehr, sehr schwer. Hatte kurz nach Weihnachten, mir fiel die Decke auf den Kopf, für acht Tage einen Rückfall. Dann Anfang Februar nochmals für drei Tage. Jetzt rauche ich seit 15 Tagen nicht mehr.
    Fast genauso lange wie das Haschisch "begleitet" mich auch der Alkohol durch mein Leben. Mal gemäßigt, mal exzessiv, mal für Wochen oder auch Monate gar nicht. In den letzten Jahren eher regelmäßig bis exzessiv. Vor allem abends, zum Schöntrinken meiner Kiffer-Einsamkeit, zur "Überwindung" sozialer Ängste und immer wieder um gegen Depressionen anzutrinken. Ein Verhalten, dass zwar schon lange als kontraproduktiv von mir erkannt ist, aber immer wieder praktiziert wurde.
    Nach meinem Cannabisstopp wurde es mit dem Alkohol richtig heftig. Ich konnte nicht mehr schlafen, war unruhig, Depressiv, ängstlich bishin zu Suizidgedanken. Seit über zehn Jahren nehme ich auch das Antidepressivum Fluoxetin. Zuerst versuchte ich es mit Baldrian und einigen Weizenbieren, inzwischen bin ich bei etwa 2 Flaschen Rotwein am Abend. Manchmal etwas weniger. Nur gelegentlich auch mal tagsüber Weizenbier, um den Psychokater loszuwerden. Aber abends geht dann nichts mehr, sobald ich meine Wohnungstür hinter mir schließe, wird die Flasche aufgemacht. Dann trinke ich, bis ich schlafen kann. Jämmerlich.
    Am 20. März habe ich einen Platz auf einer Entgiftungsstation. Allein schaffe ich den Absprung wohl nicht oder nur sehr schwer. Was mir nun Sorgen macht, ist die Zeit danach. Ich habe Kontakt zu einer Suchtberatung und gehe in zwei Tagen das erste Mal zu einer Selbsthilfegruppe. Bin über jeden Tipp und jede Erfahrung dankbar.

    Liebe Grüße, Sven

  • Hallo Sven,

    ich kenne das noch sehr gut von meinem 2ten Entzug..., bei dem ich 1 Jahr clean war...
    Ich habe Alk immer verabscheut, fand das Gefühl des "besoffen seins" nie so toll, wie das "High sein" von Gras..., zumal ich im besoffenen Zustand meistens Scheiße gelallt hab und mir meistens schlecht wurde... Das hatte ich bei Gras nie!

    Trotz alle dem, hab ich in meinen ersten 4 Monate des Entzugs vermehrt, was sag ich - jeden Tag zur Vodka Flasche gegriffen...
    Mir wurde das erst so richtig bewusst nachdem ich nach ca. 4 Monaten einen Blick in meine Abstellkammer warf, und an die 100 leere Vodkaflaschen aneinandergereiht erfasste... Um es mal kurz und knapp zu schreiben, war ich nach 3 Wochen des Entzugs jeden Abend bei einer Flasche Vodka! Am Höhepunkt waren es sogar 1,5 Flaschen Vodka und ich hatte mich noch zu 100% unter Kontrolle... Erschreckend!
    Das kranke an der Sache ist, mir ist das selbst nicht aufgefallen, wie schnell ich den vernichtet hab...

    Alleine das Bild von der Abstellkammer, hat mich dazu bewegt, von einem auf den anderen Tag die Finger davon zu lassen...
    Ich hatte nämlich Angst ein Alki zu werden, das gab mir die Kraft...

    Wenn es dich aber beruhigt, ich trinke selbst heute noch gerne 1-2 Gläser Wein oder 2 Bier am Abend, das aber nicht weil ich pralle werden will, sondern rein aus Genuss und weil es mir schmeckt :winking_face:
    Hab auch desöfteren gar keinen Alkohohl da, was für mich kein Problem darstellt... und solange das kein Problem ist, ist es auch keins...

    Natürlich kommen auch mal Abende wo man mit Kumpels auf die Piste geht, und es etwas übertreibt, das hält sich aber sehr in Grenzen...
    Bin dann den nächsten Tag voll gerädert und hab erstmal für ne Weile die Schnauze voll vom Alk :winking_face:

    Wichtig für dich ist nun..., brauchst du jeden Abend den Alk?
    Wenn dein Kopf dir sagt "Ich muss heut trinken", dann ist definitiv was faul und du könntest in die nächste Sucht schlittern...
    Das geht recht schnell, wenn man nicht aufpasst, und bei 2 Flaschen Wein am Abend schrillen bei mir die Alarmglocken...
    Beschreib mal dein Konsummuster...

    Greetz Potent

  • Hallo Sven,

    den richtigen Weg Richtung Selbsthilfegruppe & Entgiftung hast Du schon gefunden.

    Hier kurz meine Geschichte: Insgesamt war ich 14 Jahre von hochprozentigem Alkohol & Cannabis abhängig – derzeit seit 1,5 Jahren clean. Bedingt durch falschen beruflichen Ehrgeiz und die verlorene Beziehung zu einer Frau wurde der Konsum immer heftiger, lag am Tag bei 2 g Thc & 1 Flasche Vodka. Letztendlich folgte der Totalabsturz. Freundin, Arbeit, Wohnung – alles weg! Hätte ich eher die Notbremse gezogen, wäre es nicht so weit gekommen. Mit der Selbsthilfegruppe Narcotics Anonymous hatte ich derzeit gute Erfahrungen gemacht.

    Und es gibt eine Zeit nach den Drogen. Neue soziale Strukturen aktivieren, vielleicht alte Hobbys wieder finden – dem Leben einen Sinn geben.

    So weit ein paar Impressionen.

    LG Mickey

  • Potent
    Hallo, auf deine Frage nach meinem Konsummuster muss ich dir antworten, dass ich für mich der Meinung bin, nicht erst dabei zu sein, in eine neue Sucht abzugleiten, sondern schon drinzustecken. Auch schon vor meinem Cannabisstopp. Als ich noch täglich geraucht habe, war ich nur der Meinung, dass der Alk nur eine untergeordnete Rolle spielt. Es war mir immer wieder gelungen, auch Zeiten ganz ohne Suff zu erreichen. Nur Cannabis war immer da, und davon war ich meiner Meinung nach ja nicht abhängig, sondern nur daran "gewöhnt". Jetzt, nach dem Stopp, ist der Alk nur völlig in den Vordergrund getreten, zum Teil als Substitut, aber er war immer schon da.
    Mein aktuelles Konsumverhalten sieht so aus, dass ich tagsüber so lange wie möglich versuche, nicht zu trinken, mich abzulenken, zu lesen, spazieren zu gehen, kurz gesagt, den Tag herumzubringen. Bin seit Anfang Februar arbeitslos (Zeitvertrag ausgelaufen) und das macht den Tag grad besonders lang für mich. Spätestens, wenn ich allein zu Hause bin, wird die Flasche aufgemacht. Das habe ich auch schon bei Themenbeginn geschildert. Ich habe dann einfach das Gefühl, mich selbst und meine Einsamkeit nicht aushalten zu können. Ich bin schon noch der Meinung, auch ohne Entgiftungsstation aufhören zu können, denn Entzugserscheinungen habe ich nicht, halte mich mit 1,5 Litern Wein auch noch nicht für so hochdosiert, aber ich weiß grad nicht, wie ich das entstehende Loch füllen sollte. Wäre wohl Cannabis, will ich aber nicht mehr. Habe Anfang März einen Termin beim Psychiater, um über meine Situation zu sprechen, vor allem über meine Medikation mit Fluoxetin, das ich über zehn Jahre nehme. Dieses Antidepressivum wirkt bei mir antriebssteigernd und diese Wirkung steht bei meinem Problem, abends "zur Ruhe zu kommen" im Wege. Überhaupt steht für mich an, von nun an zu beobachten, wo der Zusammenhang Cannabis / Alkohol / Depressionen bei mir zu finden ist. Depressionen verfolgen mich schon lange in meinem Leben und ich möchte schauen, ob meine Drogenkarriere nun eher als Form der Selbstmedikation zu verstehen ist, oder ob die Depressionen nicht auch ein gutes Stück weit Folge der Drogen sind. Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem.

    Mickey

    Hallo, auch an dich ein Danke für deine Beteiligung. Ja, es wird ein Leben nach den Drogen geben und mir ist klar, dass ich nach meinem langjährigen Konsum Geduld haben muss. Aber es fällt mir sehr schwer gerade.

    Liebe Grüße von Sven

  • Hallo Sven,

    nun, das sieht bei Dir nach Suchtverlagerung an allen Ecken und Kanten aus. Daneben sind Medikamente im Spiel; 1,5 Liter Wein – das ist schon eine ordentliche Hausnummer.

    Aber Du schaffst es, über Deine Probleme zu reden und hast somit den ersten Schritt aus der Abhängigkeit heraus gewagt.

    Als ich derzeit vom Thc anhängig war, glaubte ich auch, jederzeit aufhören zu können. Dann stieg ich eben zwei Wochen auf Vodka um und ließ das Gras weg. So sturzbetrunken war ich ganz stolz auf mich, da ich 14 Tage von illegalen Drogen abstinent war. In Wirklichkeit hatte ich meine Süchteleien nur in ihrer Chronologie verschoben.

    Schicke Dir an dieser Stelle viel Mut und Kraft rüber.

    LG Mickey

  • Hallo Mickey,
    danke für deine Antwort. Mit der Suchtverlagerung hast du völlig recht, auch damit, dass zwei Flaschen Wein eine ordentliche Hausnummer sind. Ich will da auch gar nichts beschönigen oder kleinreden.

    Heute war ich das erste Mal bei einer Selbsthilfegruppe Sucht. Leider waren alle anderen wesentlich jünger als ich, Anfang zwanzig. Gut für sie, dass sie früh den Absprung suchen, aber ich werde mich doch nach einer Gruppe umsehen, in der mehr Leute meiner Altersgruppe vertreten sind. Ich habe für jahrzehntelanges Rauchen eher anerkennende Blicke bekommen, als dass ich mich wirklich verstanden gefühlt habe. Werde aber trotzdem nächste Woche wieder hingehen, bis ich etwas anderes gefunden habe.

    Muss jetzt Schluss machen, melde mich wieder, alles Gute, Sven

  • Hallo Sven,

    ja okay, bei den Leuten in der Selbsthilfegruppe sollte natürlich die Chemie stimmen. Und ich war bei den -> Narcotics Anonymous <- (klick klick) - die gibt´s in jeder größeren Stadt - ebenso in Berlin. Vielleicht ist das was für Dich?

    LG Mickey

  • Servus Sven,

    hast du dir mal unsere SHG 'Sucht hier angesehen?
    ==> Benutzergruppen bei SuS
    Ist zwar virtuell, muss aber nicht schlechter sein :winking_face:

    Aber eines versteh ich nicht ganz, passt es dir nur nicht weil die jünger sind oder war da was anderes?
    Ich meine, das Alter sollte doch nicht gleichg im ersten Moment ausschlaggebend sein, oder?
    Gehst nicht mehr hin?

    LG Franz

  • Hallo Franz,
    nein, es war nicht das Alter der anderen allein, ich habe mich einfach nicht wirklich wohlgefühlt mit ihnen. Werde aber trotzdem wieder hingehen, bis ich vielleicht etwas anderes gefunden habe. Es war der erste Versuch in meiner Wohngegend, aber es gibt ja auch noch andere Gruppen. Und ich denke schon, wie mir auch Mickey geantwortet hat, dass die Chemie stimmen sollte. Ich will jetzt hier keine Interna aus der Gruppe erzählen.

    Ich bleibe weiter dran, liebe Grüße, Sven

  • Hallo Sven,

    wichtig ist, dass Du etwas tust - also Richtung Selbsthilfe & Co. Das Fein-Tuning ist mehr eine sekundäre Frage. Da musst Du halt einiges ausprobieren.

    Dir weiterhin einen guten Start in eine cleane Zeit.

    LG Mickey

  • Servus Sven,

    dann is es logisch, wenn dich da nicht gut aufgehoben fühlst, dann is es nicht das richtige.
    Dass du aber weiter trotzdem hingehst, das ist echt stark :smiling_face:
    Ich finde das sagt einiges über deinen Willen aus und unter den Umständen wirst bei deiner weiteren Suche sicher auch fündig werden!

    LG Franz

  • Hallo Sven,

    das man sich nicht unbedingt in der ersten Selbsthilfegruppe wohl fuehlt kann ich nachempfinden. Ich habe da auch mehrere Anlaeufe gebraucht um etwas passendes fuer mich zu finden. Du machst es aber vollkommen richtig das Du da weiterhin hingehst und das solltest Du auch beibehalten bis das Du eine fuer Dich bessere Gruppe gefunden hast. Selbst in der jetzigen Gruppe in der ich bin habe ich einige Wochen gebraucht um anzukommen und man wird kaum am ersten Abend wissen ob das passt. Nach vier bis acht Wochen kann man eigentlich erst feststellen wie gut oder wie schlecht man sich in einer Selbsthilfegruppe fuehlt. Da ist ja doch erst einmal das "abtasten und kennenlernen" angesagt bevor man ankommt.

    Viele Gruesse:

    Siegfried

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