Hallo,
überall steht nur was von körperlichen Schmerzen, die sich SVV-Kranke zufügen. Zählen seelische Schäden, die man sich antut, nicht auch dazu? Zum Beispiel, dass man absichtlich Prüfungen verhaut, absichtlich nichts macht, um das Studium abzuschließen, obwohl man es eigentlich schaffen will. Man leidet ja darunter, stürzt sich in noch tiefere Lebenskrisen durch absichtlich verantwortungsloses Verhalten und fügt sich dieses Leid selbst zu. Ist das SVV? Man weiß ja, dass man nur sich selbst damit schadet, aber man hört damit nicht aus eigener Kraft auf.
Ich haue mich selbst ab und zu, aber ich ritze mich nicht. Es sind relativ leichte Schläge auf den Kopf oder ins Gesicht, aber das mache ich sehr selten. Sie schallen zwar und es tut weh danach bzw. brennt. Aber entstellen tu ich mich damit nicht. Die innere Leere, diese Hilfslosigkeit, dass mich niemand versteht und mir niemand helfen kann, bereiten mir viel größere Schmerzen. Der Gedankenkrebs holt mich immer wieder ein und quält mich und ich kann ihn nicht aufhalten. Ich weiß, dass ich es drauf habe, mein Studium abzuschließen und es ist auch mein Herzenswunsch. Ich weiß auch, was ich dafür tun muss. So ungefähr zumindest. Aber irgendwie mache ich es einfach nicht. Es ist mir überhaupt nicht egal, aber ich bin so gelähmt. Es ist so, wie wenn ein Fußgänger mitten auf der Straße stehen bleibt und den Bus anglotzt, der gerade auf ihn zurast, statt schnell zur Seite zu springen. Ich hasse mich dafür, und dadurch leide ich natürlich immer mehr, ich martere meine Seele mit Hass und Schuldgefühlen.
Ich will, dass das aufhört. Ich will nicht mehr leiden.
Früher dachte ich, dass wäre eventuell ein Burnout oder eine depressive Verstimmung.
Ich bin traumatisiert. Ich hatte eine depressive Muter, die sich früh das Leben nahm. Mein Vater ist Alkoholiker, ich kenne ihn nicht. Meine Großeltern haben mich sehr streng erzogen, fast schon autoritär. Es gab nur Leid in meiner Familie. Ich musste immer alle trösten, selbst durfte ich keine Probleme haben. Ich hasse meine Familie. Weil sie mich fürs Leben versaut hat. Sie haben mich kaputt gemacht.
Ich habe Depressionen, ein gestörtes Selbstwertgefühl. Ich bin extrem sensibel und beziehe alles Negative sofort auf mich. Ich habe ein Problem damit, mich anzunehmen so wie ich bin. Als Kind wurde ich auch nicht voll und ganz geliebt, sondern nur wenn ich keine Probleme bereitete.
Und nun? Schade ich mir selbst, obwohl ich es nicht will. Es ist wie ein Zug, den ich nicht aufhalten kann. Ich stehe still und lenke mich ab, es ufert schon in eine Ablenkungssucht aus - Internet, Fernsehen, Computerspiele. Dann noch wenig Schlaf, ungeregeltes Essen, Rumhängen.
Ich bin sehr viel allein. Fühle mich einsam und unverstanden. Gebe den anderen die Schuld für meine Misere und stoße sie dadurch von mir ab und werde noch einsamer. Deshalb versuche ich die paar Menschen, die ich liebe, nicht zu vergraulen und spiele ihnen vor, es geht mir gut und ich schaffe ja alles. Ich habe Angst, sie auch noch zu verlieren, wenn sie merken, dass ich krank bin. Ich mache mich dann lieber über mich selbst lustig, beschimpfe mich laut, mach mich verbal richtig fertig, auch vor anderen. Ich spiele die Situation dann meist wieder herunter, entschuldige mich vor denen, die es mitbekommen. Ich entschuldige mich aber nicht vor mir selbst.
Bei einer Psychologin war ich auch schon. Sie konnte mir nicht helfen. Auf den letzten Drücker alles zu machen, hält sie normal bei Studenten.
Aber ich weiß nicht, ob ich es überhaupt noch hinkriege.
Ich habe schon mehrere Male Prüfungen absichtlich nicht bestanden, Arbeiten nicht rechtzeitig abgegeben. Eigentlich mache ich das immer so. Habe schon sehr viel gelitten dadurch, sehr viel Selbstachtung verloren. Weil die anderen denken dann ja auch, wie unzuverlässig ich bin und fragen sich, was mit mir los ist. Was mit mir nicht stimmt.
Ich hab mich nicht im Griff, habe die Kontrolle verloren über mein Leben. Ich hasse den Winter, es ist alles grau. Im Sommer fühle ich mich immer besser.
Ich will nicht mehr, dass mein Leben an mir vorbeizieht. Ich will selbstbestimmt agieren. Ich will nicht, dass andere für mich Entscheidungen treffen. Dass ich mich in eine Sackgasse manövriere.
Ich weine oft lang und viel, bei den kleinsten Anlässen, manchmal auch völlig grundlos, nur weil ich mich so scheiße fühle.
Könnte das SVV sein?
Ich weiß, dass etwas mit mir nicht stimmen kann. So ein Verhalten ist doch nicht normal.
Ich will mein Leben wieder in die Hand nehmen. Ich will mir nicht mehr anhören müssen, ich solle mich zusammenreißen, mich nicht so anstellen, mich durchbeißen, nicht so ein Jammerlappen sein.
Habe ich vielleicht eine geringe Frustrationstoleranz? Oder bilde ich mir alles nur ein?
Drogen nehme ich nicht. Ich rauche nicht, ich trinke nicht. Medikamente nehme ich auch nicht.