Onlinesexsucht, die Sicht eines Betroffenen

  • Grüß euch,
    warum ich hier dieses Thema eröffne weis ich nicht genau. Ich bin mir meiner Sucht bewusst und kämpfe gegen sie. Warum auch immer habe ich heute den Drang mich anderen mitzuteilen, einfach drauf los zu schreiben, vielleicht liest das ja jemand der Rat braucht, seis weil du süchtig oder angehörig bist, dann haben diese Worte zumindest einen Sinn.


    Ein wenig zu mir, ich bin 26 Jahre alt, war oder bin seit über 10 Jahren süchtig nach nach Pornographie einhergehend mit der Selbstbefriedigung und seit einem Jahr kämpfe ich dagegen an, bisher mit einem Rückfall.
    Ich bin seit 3 Jahren mit meiner Lebensgefährtin zusammen, sie ist Österreicherin, ich lernte sie im Internet kennen und bin vor zwei Jahren von Deutschland aus zu ihr gezogen.


    Nun wie fängt man sowas jetzt an? "Hi, ich bin der Max und ich bin süchtig"?
    Nie im Leben hätte ich mich in einer Selbsthilfegruppe ala der anonymen Alkoholiker gesehen wie man sie aus dem TV kennt. Nie hätte ich gedacht ich würde mal einer Sucht verfallen sein, blöd nur das ich es noch nicht einmal merkte als ich sah wie meine Beziehung wegen einer Sucht zu zerfallen drohte.
    Und wo bin ich heute? Heute schreibe ich in einem Forum über eine Sucht die so stark mein Verhalten steuerte, mich wie ein Parasit manipulierte, sodas ich noch nicht einmal von ihr wusste. Nun sehe ich mich doch in sowas wie einer anonymen Selbsthilfegruppe, wär hätte das mal gedacht.
    Wer hätte gedacht das ich beinahe eine Seele mit so einem Scheiß zerstöre, dass schlimmste dazu es ist noch nicht einmal meine eigene. Ich habe nicht mich damit kaputt gemacht, dass könnte ich ja noch akzeptieren... ich habe wen anders damit geschadet.
    Und das ist etwas was mir schmerzt. Ich wollte für sie da sein, mit ihr glücklich werden und ich hatte damit versagt, habe ihr das Gegenteil beschert. Niemand hat das verdient was ich ihr antat, aber sie besonders nicht.


    Dabei fing das damals... ja man kann es so sagen... normal an. Es war nur Jugend forscht, ich hatte halt meinen Körper entdeckt. Irgendwann entdeckte man das das Abendprogramm immer interessanter wurde und irgendwann findet man halt nen Heftchen.
    Tja und dann merkte ich halt das onanieren gut gegen Stress hilft. Und ja, ich hatte viel Stress. In der weiterführenden Schule wurde ich nur gemobbt, mit meiner Stiefmutter verstand ich mich überhaupt nicht und meinen Vater kochte sie so weich das er eh nur zu ihr hielt, für das was einmal eine Sucht werden sollte war das ein prima Nährboden.
    Und mit 18, wegen meiner Aubildung musste ich in die nächste Stadt ziehen, war dann der eigene Internetanschluss da. Niemand der einen erwischen könnte, ich konnte machen was ich wollte und tat es im Nachhinein auch. Wegen meiner Jugend war ich im sozialen verkümmert, hatte keine Freunde und erst recht keine Freundin. Was macht wohl ein Bursche dann mit seinen Säften?
    Zu schüchtern ein Mädchen anzusprechen suchte ich mir dann halt die Frauen in Pornos aus und entwickelte eine Faszination für den weiblichen Körper. Ich wollte mich nicht bei irgendeiner Befriedigen sondern bei Ihr.

    Das ist etwas was ich jetzt schon ein paar mal gelesen habe. Ich habe (und andere auch) nach der perfekt aussehenden Frau gesucht, es war wie ein Wahn. Heute noch stelle ich mir die Frage wonach ich denn eigentlich süchtig war. War ich süchtig nach der Selbstbefriedigung und habe mir Pornos angeschaut damits schneller geht oder war ich süchtig danach Sie zu finden und habe weil einen die viele nackte Haut irgendwann erregt mich befriedigt.
    Ganz ehrlich? Ich glaube ich war nach beidem süchtig.

    Oft wird es auch von angehörigen Frauen angesprochen, dass sie mit diesen Frauen die ihre Gefährten sich anschauen nicht mithalten können. Darum geht es bei dieser Sucht garnicht. Lass dir nicht einreden du seist nicht hübsch genug, erst recht nicht von dir selbst! Selbst wenn du einen perfekten, makellosen Körper hast, ihm dazu noch all seine sexuellen vorlieben von den Lippen abliest und sie ihm genügend erfüllst, er wird noch immer diese Sucht haben. Wir machen das nicht wegen eurem Aussehen, wenn das so wäre, wären wir dann je mit euch zusammen gekommen?

    Wenn du als Angehörige bis hier hin gelesen hast muss ich dich enttäuschen, ich kann dir auch nicht die Frage beantworten warum er das macht. Ich kann dir auch keine Lösungen anbieten wie du das alles überstehen oder ihn von der Sucht fortbringen kannst. Ich kann dir nur anhand meines Beispieles zeigen das es eine Sucht ist die man schaffen kann, aber dafür braucht er deine Hilfe.
    Ich selbst hätte nie mit meiner Sucht aufgehört wenn meine Lebensgefährten nicht um mich gekämpft hätte. Und genau deswegen kämpfe ich selbst, ihrer wegen. Wenn sie mich verlassen hätte und ich alleine irgendwo in einer Wohnung sitzen würde, ich wäre der Sucht noch heute verfallen.
    Ich kann ja noch nicht einmal mit dem rauchen aufhören obwohl meine Mutter an Lungenkrebs starb, eben weil ich mir warum auch immer egal bin. Aber wenn ich an sie denke, sie ist es Wert und das gibt mir den Willen gegen diesen Dämon anzukämpfen.

    Und das ist etwas was du deinem Mann vermitteln kannst und du als süchtiger als Hilfe annehmen solltest: Es geht hier um die Frau die man liebt, die anderen die man sich anschaut wären sofort weg, aber sie ist da und bleibt bei dir, wirf das nicht weg!

    ------Fortsetzung folgt------

  • Hi Tyris,

    erst einmal ein grosses Kompliment an Dich fuer Deine offenen Worte. Das bekommt nicht jeder so hin.

    Eine Sucht taucht ja nun mal nicht mal eben so an der Tuer auf und sagt...Hallo hier bin ich und Du bist jetzt suechtig...es ist meist ein langer Weg einer liebgewonnenen Gewohnheit die irgendwann exzessiv ausgelebt wird. Du hast durch eigene Erfahrung bemerkt das Dir die Selbstbefriedigung gut getan hat um Stress abzubauen. Und wenn das zur Gewohnheit wird dann kann das irgendwann zu suchtartigem Verhalten fuehren. Das hat dann meist nichts mit sexuellen Beduerfnissen zu tun sondern mit dem "Wissen" das die Erleichterung auch auf ganz anderen Ebenen ihren Einzug hat.

    Ich freue mich da echt das Du es geschafft hast Dich einfach mal anonym wildfremden Menschen gegenueber zu oeffnen um Dir das auch mal von der Seele schreiben zu koennen. Das wird Dir sicher auch gut tun.

    Viele Gruesse:

    Siegfried

  • Hallo Tyris,

    toller Beitrag, schön das du mit der Einsicht über deine 'Sucht einen Weg eingeschlagen hast, der deine 'Sucht bekämpft und dein (euer) Leben verändert.

    Zum Beitrag nur 2 Sachen, du hebst hervor, wegen "ihr" kämpfst du - ich hoffe du tust es für dich und dadurch tust deiner Lebensgefährtin natürlich einen Gefallen :winking_face:

    Was mir noch aufgefallen ist, du schreibst nur von Männern, wobei deine eigene Beschreibung natürlich klar ist :smiling_face:
    Am Ende aber ist es eben so, die Angehörige und er ...
    Ich spreche das an, weil es auch weibliche Sexsüchtige gibt und es natürlich nicht ein absolut männliches Problem ist.

    Zitat

    ...aber dafür braucht er deine Hilfe...


    Zu dem Teil noch, es ist natürlich toll wenn man Unterstützung von Angehörigen und/oder Partnern hat, doch wird in dem meisten Fällen auch therapeutische Begleitung unerlässlich sein.
    Das muss allen Beteiligten klar sein, das ist ein jahrelanger Prozess, genauso wie bei anderen Süchten.

    LG Franz

  • Servus,
    doch ich kämpfe hauptsächlich für meine Lebensgefährtin weil das der Ansporn ist diese Sache durchzustehen. Wenn ich es wegen mir tun würde wäre ich nie so weit gekommen. Wenn wieder einer dieser Momente kommt und mir die Sucht zuflüstert hat es besonders am Anfang nicht geholfen mir einzureden das ich das nicht will, erst der Gedanke daran was ich ihr damit antue gab mir die Kraft mich dem jetzt nicht hinzugeben.
    Das liegt aber an meinem Wesen, ich selbst bin mir relativ unwichtig, dafür kümmer ich mich umso mehr um andere.
    Sicher habe ich dann später Probleme damit sollten sich warum auch immer unsere Wege trennen, aber momentan werd ich so damit am besten fertig.

  • Da zeigt sich für dich eben, wo noch Handlungsbedarf ist, das sollte eine 'Verhaltenstherapie aber gut angehen können.

    Gerade am Anfang ist es ja auch unwichtig warum man clean werden will, doch genau aus dem Grund den du beschreibst - fals man auseinander geht, dann hab ich das Prob wieder - sollte man nach ner gewissen Zeit eben tiefer gehen.
    Die 'Sucht hat Gründe ...

    LG Franz

  • Immer wieder das gleiche Spiel, wenn die Arbeit ankotzt nutzt die Sucht ihre Chance und kommt hervor gekrochen. In letzter Zeit passiert das öfter, ist auch kein Wunder, inzwischen hasse ich was ich tue.
    Ich bin Elektriker, unterbezahlt und habe eine Baustelle auf der es keine Erfolgserlebnisse gibt. Sie ist so groß, wenn man hier etwas anfängt hat man die Scheisse gleich wochenlang am Hals. Ständig muss man auf seine Sachen aufpassen, es wird geklaut ohne Ende. So krass hab ich das noch nie erlebt, ALLES wird geklaut, dein Werkzeug, deine Leiter, die Maschienen und vor allem das Material. Es passiert ständig das unsere Kabel die schon fertig gezogen sind abgeschnitten werden. Am schlimmsten hat es die Klempner erwischt. Dies hier wird ein Altenheim, grob geschätzt 300 Zimmer und alle mit eigenem Bad. Die Duschamaturen sind der Renner, vor einem Monat ging die Firma durch und hat gezählt. 80! Stück fehlen.

    Im Endeffekt wird die Bude bei weitem teurer sein als erwartet, aber das ist hier in Wien immer so wenn die Stadt bezahlt, es wird beschissen wos nur geht und keinen interessierts... Moment... Mich interessierts.
    Ich bin das arme Schwein von Leihhackler, an mir verdienen drei Firmen. Als erstes kommt das Unternehmen was den Auftrag hat, da die aber nur planen führt ein Subunternehmer die Arbeit aus. Da das eine Aktiengesellschaft ist haben die aber natürlich kaum eigene Angestellte um sich um all die Aufträge kümmern zu können die sie haben, deshalb schickt mich eine Leihfirma dorthin und ich bin dann der, der die Arbeit machen darf. Alle drei Firmen verdienen gut an mir und wenn diese scheiss Baustelle zuende ist haben die alle Gewinn gemacht, nur ich nicht. Ich bin der Trottel der dann noch immer nicht aus seinem Dispo ist.

    Denen gehts gut und was passiert dennoch? Firma eins zahlt die Lohnkosten ned an Firma zwei. Noch am selben Tag erfuhr ich zu mittag das dies der letzte Tag sei, Bauabbruch bis die Kohle da ist, es wurden mal eben 20 Leute nach Hause geschickt. Tolle sache, einen Tag Zeitausgleich und drei Tage Urlaub hatte ich noch.
    Meine firma hatte natürlich keine neue arbeit für uns. mIch wolltens natürlich behalten, wenn das mit dem Geld geregelt ist kommen wir sofort und ich als erstes wieder zurück auf die Baustelle. Vielleicht müsse ich zur Überbrückung in die Arbeitslose aber ich solle ihnen bitte nicht weglaufen. Das ich mir die Arbeitslosigkeit ned leisten kann, das ist denen unwichtig.
    Interessanterweise gings dann wieder als ich nur noch einen Tag Über hatte, jetzt gehen die Rechnungen dierekt an Firma eins, aber ich solle mich doch beim Baustellenchef von 2 bedanken.

    Bedanken wofür? Dafür das ich jetzt zu Weihnachten hackeln darf? Dafür das von 20 Leuten nur 4 zurück gekommen sind? Dafür das die Motivation jetzt ganz im Keller ist? Dafür das das Spielchen in einem Monat von vorne losgehen könnte weils dann diesmal unsere Firma vielleicht nicht bezahlen? Dafür das meine scheiss Sucht jetzt wieder nervt weils mir mit der Situation beschissen geht?

    Danke, danke das das wieder mal genau dann passiert wo ich mir eine Arbeitslose nicht leisten kann weil das Weihnachtsgeld in Möbel investiert ist.
    Danke das ihr mir zeigt das die ehrlichen auf die Fresse kriegen während die die genug haben ungestraft abzocken.

    Aber wenigstens hab ich jetzt einmal mehr erfolgreich die Sucht im Zaum gehalten.

    ----------Beitrag automatisch hinzugefügt um 19:39 ---------- Vorheriger Beitrag war um 19:37 ----------

    ------Der Würgereflex------

    Manchmal kapier ich es nicht.
    Warum falle ich ständig ins Muster zurück? Immer wenn ich unter Stress stehe oder Depressiv bin kommt mir die Sucht in die quere. Warum eigentlich? Ich verdränge gern. Ja, das ist etwas indem ich echt gut bin. Wenn mir etwas unbehagen bereitet brauch ich nicht lange, vllt eine halbe Minute, und schon hab ich es beiseite geschoben. Aber das ist nur die eine Seite der Medallie. Die andere ist, ich kann das nicht mehr kontrollieren. Wenn ich mich bewusst mit etwas ausseinander setzte, dass mir unbehagen bereitet oder einfach nur unangenehm ist, so tritt der selbe Mechanismus ein.
    Das ganze ist ein über Jahre perfektionierter Reflex den ich nicht mehr steuern kann. Es gab Zeiten, da hat er mich beschützt, es war mein Schutz der mich durchhalten lies.
    Aber heute glaubt dieser Reflex er muss mich noch immer schützen, so verhinderte er mich mit den gedanken ausseinander zu setzen, was ich meiner Freundin damit antue. Sie hatte mich öfter gefragt ob ich mir nie dachte was bei dieser Sucht mit ihr ist.
    In der tat, dass hatte ich nie. Wenn ich meine Sucht auslebte hatte ich nie an sie gedacht und war vollkommen auf das fixiert was ich tat und sah. Auch habe ich nie darüber nachgedacht nachdem ich diese Sucht befriedigt hatte.
    Diesen reflex kann ich wohl zumindest eine Teilschuld daran geben. Versteht mich nicht falsch, ich will niemanden anderes als mir die Schuld geben, ich sehe diesen Reflex sowieso als einen Teil von mir.

    Aber das ganze wird jetzt erst interessant. Warum auch immer, meine Sucht interagiert mit diesem Reflex und ist andererseits ein Teil von diesem beschriebenen Mechanismus. Manchmal habe ich nämlich das Gefühl das wenn ich unter Stress stehe oder Depressiv bin mich dieser Reflex da raus hauen möchte und das ist so ein Moment wo mich die Sucht gerne besucht.
    Was wäre also wenn ich mich einer Verhaltenstherapie unterziehe und es schaffen würde diesen Reflex los zu werden? Mal davon abgesehen das ich etwas los werde was ich eh nicht will, wieviel Nährboden würde ich da der Sucht entziehen?

    Das ist auch einer der gründe warum ich gebraucht habe um das ganze zu merken, weil ich es verdrängte, selbst als mir die Sucht unter die Nase gehalten wurde. Bis der Groschen fiel dauerte es noch länger.

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