Guten Morgen
Ich bin Lutz, 51 Jahre alt, bin verheiratet und habe 2 erwachsene Kinder. Vor 11 Jahren habe ich meine jahrelange Trinkerkarriere (ich bin Spiegeltrinker) aus gesundheitlichen Gründen stoppen müssen (es war damals ein Muss, kein Wollen). Meine Leber konnte dem Alkoholdauerfeuer nichts mehr entgegensetzen, und es wurde eine beginnende Leberzirrhose diagnostiziert.
Nach dem körperlichen Entzug habe ich dann eine ambulante Therapie gemacht, in der dann aus dem Müssen Wollen wurde. Seitdem hat sich für mich vieles geändert, ich habe vieles geändert...eigentlich alles habe ich geändert, und seitdem bin ich trocken. Der körperliche Verfall wurde gestoppt, und es ging mir nach einem Jahr ohne Alkohol
schon wieder richtig gut.
Körperlich war ich wieder hergestellt, aber der Kopf, meine Seele brauchte weitaus länger, um wieder "normal" zu sein.
Trockener Alkoholiker zu sein ist das Eine, zufriedener trockener Alkoholiker zu sein ist das Andere. Es hat etwa 5 trockene Jahre gedauert, bis ich innerlich zur Ruhe gekommen bin, bis ich die quälende Unruhe (Gier/Suchtdruck/Scham..das ganze Spektrum) in mir durch konstantes Nichttrinken und dem Neuaufbau meines Selbstbewusstseins wirkungsvoll begegnen konnte. In meiner Selbsthilfegruppe bin ich vielen wertvollen Menschen begegnet, mit einigen von ihnen hat sich eine tolle Freundschaft ergeben, bei einigen stand ich vor ihrem offenen Grab.
Ich will den Alkohol nicht verteufeln, denn er ist nichts anderes als eine unschuldige Flüssigkeit, die ich mir masslos reingeschüttet habe. Die ganze Sucherei nach Schuldigen/Gründen für meine Alkoholkrankheit
habe ich jetzt endgültig aufgegeben, denn es gibt darauf nur eine Antwort: Ich habe getrunken, und damit basta. Ich hätte es nicht zu tun brauchen, habe es aber getan und habe die Quittung dafür bekommen. Dazu stehe ich heute, und ich weiss, dass es nur einen Verantwortlichen geben kann, wenn es mir noch einmal so schlecht gehen sollte durch Alkohol
, nämlich mich.
Ich kann damit sehr gut leben.
Wie ich auf diese Seite gekomen bin? Nun, es gibt ja mittlerweile sehr viele Seiten im WWW, die sich mit diesem Thema befassen, allerdings muss mich eine Seite schon gut ansprechen, bevor ich mich registriere. Das hat diese Seite getan.
Jetzt zu meiner Frage und der Hintergrund:
Ein Neuzugang in unserer Gruppe sprach seinen Suchtdruck an und fragte nach Medikamente, die ihm das Leben erleichtern. Ich kannte das Mittel Campral, denn mein Hausarzt hatte es mir verschrieben. Bei mir stellte sich nämlich nach einem Jahr Trockenheit heftiger Suchtdruck ein, und ich wollte von meinem Hausarzt wissen, wie ich dem begegnen konnte. Das Suchtdruck reine Kopfsache ist, das hatte ich wohl verstanden, aber noch lange nicht verinnerlicht. Ich bekam dann Campral und hatte nun etwas gegen Suchtdruck. Wie schon gesagt, es ist reine Kopfsache, und als ich das Mittel hatte, da war mein Ehrgeiz sehr hoch, es auch ohne diese "Krücke" auszuhalten. Siehe da, es ging, und ich habe das Mittel Campral nicht einmal gebraucht, hatte aber die Tabletten immer dabei, falls.... Für mich war es damals eine sehr grosse Hilfe. Klar sehen das einige anders, und ich will ihnen nicht ihre Erfahrungen absprechen, aber es geht eben jeder seinen Weg.
Jedenfalls wollte ich mal lesen, wie sich andere Betroffene mit dem Mittel Campral gefühlt/arrangiert oder auch nicht arrangiert haben, damit ich dem Neuzugang andere Erfahrungen auch sagen bzw. daruf hinverweisen kann.
Eure Meinung würde mich da sehr interessieren.
Mittlerweile grinse ich öfters mal über die Streiche, die mir mein Alkoholjockey spielt, wenn er mir auch heute noch gerne mal auf die Schulter springt und mir ins Ohr flüstert, dass es doch alles kein Problem blablabla...wer von Euch kennt das nicht?
So, das soll erstmal reichen. Ich freue mich schon auf angeregte Diskussionen.
Viele Grüße von Lutz