Verletzen und verzehren

  • Guten Morgen an alle Mitforisten!

    Man hatte mir nach meiner Vorstellung auf dieser Seite empfohlen, mich an dieses Forum zu wenden.

    Ich verletze mich selber. Allerdings ritze ich mich nicht.

    Und vielleicht sollte jemand, der sich leicht ekelt und/oder sich dadurch verstört fühlen würde, hier nicht weiterlesen.

    Ich zitiere mich mal selber frei aus meiner Vorstellung:Ich drücke und quetsche und kratze alles aus, was nach Pickel, Mitesser, Eiterbeule etc. aussieht und verzehre dann, was dabei "anfällt": Eiter, Talg, Haut, Blut...

    Das tue ich seit ca. 20 Jahren.

    Abartigerweise genieße ich es, da es, schrägerweise, gut "schmeckt" und der Moment, die Sekunde, in der etwas aus meiner Haut quillt, ist fantastisch! Ebenso fantastisch finde ich es, wenn mich jemand anderer an seine Haut lässt und ich diese Person mit meinen Fingernägeln bearbeiten kann und dann, natürlich sehr verstohlen (!!!), alles verzehren kann.
    Nicht so fantastisch ist natürlich, wie man nach 20 Jahren aussieht.Ob es nun die Narben sind oder die Blicke auf rot fleckige, vernarbte Arme oder Kommentare ob man die Krätze hätte.Ausserdem verfliegt natürlich das gute Gefühl auch irgendwann. Besonders wenn ich daran denke, dass ich mich damit soweit ausserhalb der Norm bewege...und das Denken an sich...tja, wenn man wirklich so sehr von dem Gedanken beherrscht wird irgendwelche Furunkel aufzustechen, Mitesser zu suchen oder sonst etwas...
    Wie ihr euch sicher denken könnt, wissen nicht allzuviele Menschen davon. Meiner Mutter habe ich davon erzählt und sie war besorgt deswegen.Und in der Klinik hatte ich es mal erwähnt. Da aber von deren Seite nichts weiter kam hatte ich nicht insistieren wollen, da das Thema ja bei denen in der Team-Besprechung zur Sprache gekommen wäre.
    Hat also einer von euch von so einer Variante des SVV gehört/es erlebt, in welcher Form auch immer? Gibt es eventuell speziell dazu Literatur? Oder Gruppen, Therapeuten etc?
    Wenn ihr etwas wisst, schreibt mir hier oder sonstwo. Das wäre echt nett.
    Ansonsten freue mich natürlich über jedes sonstige Feedback auch!

    Grüße
    Denise

  • Hallo Denise,

    hm, wenn ich lese, du verzehrst solche Dinge, dann denke ich irgendwie, dass du dich selbst aufessen und dich damit aus der Welt schaffen möchtest. Ist nur so ein Spontangedanke, könnte da was dran sein? Ich denke, eine Therapie, evtl. tiefenpsychologisch, Traumathera oder Verhaltenstherapie, die sich auf deinen Selbsthass bezieht, könnte dir helfen.

    Liebe Grüße
    gelberose

  • Nochmals Hallo gelberose.

    Wann ist denn prinzipiell eine Traumatherapie zu empfehlen/anzuwenden?
    Da die von mir als Ursachen für meine Probleme verorteten Geschehnisse nun auch schon etwas länger zurückliegen, bin ich mir nicht sicher, da ich Traumatherapie eher mit zeitnahen Erlebnissen assoziiere.

    Aber das mit dem selber aufessen, sich aus der Welt schaffen, könnte sich schon plausibel anhören. Oft genug wünsche ich mir ja, nicht geboren worden zu sein.
    Konnte mich bisher nicht dazu durchringen, beim einem Therapeuten anzurufen, auch wenn mir der Psychiater aus der Klinik das sehr nahe legt.
    Vielleicht, weil mir die Zeit in der Tagesklinik nicht geholfen hat.
    Aber ich hatte mir zumindest vorgenommen, mir entsprechende Adressen zu suchen.

    Dennoch hoffe ich ja, dass sich hier jemand findet, der das erkennt und etwas dazu sagen kann.

    Danke
    Denise

  • Hi Denise,

    klick doch mal auf ==> Traumatherapie <==, dann kommst in unser Lexikon, da ist bisserl was über das Thema.
    Anzuwenden ist eine Trauma immer nur dann, wenn der Proband wirklich stabil ist, weil es eine sehr tiefgehende Therapiemethode ist.
    Aber es hat nichts mit zeitnahen Ereignissen zu tun, oft wird damit die Kindheit aufgearbeitet, die mit unter vielleicht 50 Jahre zurück liegt.

    Es ist immer blöd wenn man eine therapeutische Maßnahme macht und dann das Gefühl hat, es hat nichts gebracht.
    Sicher gibt es das, ich denke, meist bringt es schon was, nur vielleicht noch nicht genug.
    Ich hoffe du kannst dich bald durchringen und erneut eine Therapie anstreben.
    In den meisten mir bekannten Fällen hat eine Therapie nicht ausgereicht ...

    LG Franz

  • Hallo Denise,

    naja, so in Ansätzen kenn ich das was du machst auch, nur nicht ganz so extrem... Aber wenn ich z.B. Haut abknippele oder so, dann es ich das auch manchmal. Eiter allerdings nie. Und bei mir hängt es halt damit zusammen, dass ich am liebsten mich weg machen würde dann, deswegen hab ich dich gefragt, ob das bei dir auch so sein könnte...

    Franz sagte es schon, Traumatherapie hat nichts damit zu tun, WANN das Ereignis war. Zumal es bei einem Trauma ja auch immer mal wieder vorkommt, dass man das Erlebnis so stark verdrängt, dass man jahrelang nimmer dran gedacht hat... Z.B. bei mir: Ich wurde, als ich 16 war vergewaltigt, hab es dann so verdrängt, dass ich gar nicht mehr dran gedacht hab und erst ca. 6 Jahre später wieder davon wusste. Und eine Traumatherapie hab ich dann erst 12 Jahre nach der Vergewaltigung begonnen. Insgesamt hab ich dfrei ambulante und zwei stationäre Therapien hinter mir auch mit verschiedenen Therapieformen. Manchmal muss man bisserl suchen, bis man a) den geeigneten Therapeuten und b) die geeignete Therapieform für sich selbst gefunden hat.

    Liebe Grüße
    gelberose

  • Hallo Franz, hallo gelberose!

    Hab mir Traumatherapie im Lexikon mal angesehen.
    Von der Thematik her wäre das vielleicht wirklich was für mich. Wenn allerdings eine gewisse Stabilität dafür vorhanden sein muss, bin ich mir da nicht so sicher.
    Auf der einen Seite weiss ich, das ein großer Teil meiner Probleme eben auf meine Kindheit zurückzuführen ist und möchte das auch gerne im Reinen haben.
    Aber kann ich dann nur eine Traumatherapie durchführen lassen, wenn ich im Prinzip schon wieder "gesund" bin? Widerspricht sich das nicht?

    Ich hatte auch mal daran gedacht, beim zuständigen Jugendamt meine Akte anzufordern, da ich eben über manche Ereignisse keine klaren oder gar keine Erinnerungen mehr habe und mich dieses Fehlen sehr quält.
    Aber kann ich die überhaupt bekommen? Habe ich einen Anspruch darauf und selbst wenn ja, wird sie noch existieren?

    Und ist dieses "Selbstverzehren" aslo nur eine Spielart der Selbstverletzung oder steht es für was eigenes?

    Das sind jetzt viele Fragen und ich möchte keinen überfordern, aber ich bin da jetzt ein wenig neugierig geworden.

    Grüße
    Denise

  • Hallo Denise,

    ich glaub, ganz viele kennen das "SChorf-Abkratzen und Aufessen", Popel wird auch von sehr vielen Menschen aufgegessen (und nicht gesagt - siehe Berlusconi :3:) und ebenso lecken viele ihr Blut ab. Und so kam ich auf einen etwas anderen Gedanken: bei Kindern kann man doch gut beobachten, wie stolz sie auf ihr erstes Selbstgemachtes sind (Stuhlgang) und daß sie es am liebsten ganz genau beobachten und untersuchen wollen. Ebenso sind Wunden was ganz Spannendes. Viele Kinder pfriemeln in Wunden rum. Es könnte also sein, daß ganz andere Dinge damit zusammenhängen. Neugier auf sich selber, nichts von sich hergeben wollen. Bei sich bleiben wollen (also auch eine ganze Palette eines großen Misstrauens).

    Und dann ist da noch die SVV - auch da springt mich die Möglichkeit des Misstrauens an und der Verweigerung. "Ich mach mich häßlich (Narben, Wunden, etc) und wer mich dann akzeptiert, der ist wirklich mein Freund"

    Es klingt für mich wie: "Das ist ganz alleine meine Sache und das kann mir keiner wegnehmen"

    Keine Ahnung, ob einer dieser Stiefel passt - es waren nur so die Dinge, die mir durch den Kopf gegangen sind.
    Und du bist durch dein Verhalten gar nicht eklig. Schräg vielleicht. :3: Da gibts ganz andere Sachen, die wirklich eklig sind :3:

    LG Wolke

  • Hallo Denise,

    naja, dass man einigermaßen stabil ist, heißt ja nicht, dass man gesund ist. Es gibt zwischen instabil und gesund auch noch ein paar Zwischenstationen! :winking_face: Ob du stabil genug für eine Traumatherapie bist, kann aber im Endeffekt nur der behandelnde Therapeut entscheiden. Also wäre es vielleicht am besten, du siehst dich mal nach einer Therapie um (in der Regel herrschen da sowieso Wartezeiten). Ich weiß ja nicht, wie deine Situation ist, aber käme bei dir vielleicht auch eine stationäre Therapie in Frage? Einen ambulanten Traumatherapeuten zu finden ist wesentlich schwieriger als eine Klinik, die das stationär anbietet.

    Hm, mit den Akten vom Jugendamt kenn ich mich nicht aus... Ich weiß nur, dass in Betrieben eine Aufbewahrungspflicht der Buchführungsunterlagen von 10Jahren besteht... Áber mal nachfragen kostet ja nichts. :winking_face: Aber wenn die Akten noch existieren und du sie auch bekommst, wäre es vielleicht gut, wenn du dir die nicht alleine anschauen würdest. Wer weiß was da drin steht und was das bei dir auslöst?! Auch da wär es, denk ich, ganz gut, wenn du therapeutisch begleitet werden würdest.

    Für was genau das Selbstverzehren steht, ich glaube, das kann hier keiner von uns beurteilen, auch da würd ich dir zu einem professionellen Urteil raten.

    Liebe Grüße und ein schönes WE
    gelberose

  • Halo Wolke, hallo gelberose!

    Dass das vielleicht so sein könnte, dass ich mich selber verletze um damit entweder bei mir selber zu sein oder aber andere auf ihre Vertrauenswürdigkeit zu testen, will ich gar nicht abstreietn.
    Aber ich konfrontiere ja meine Umwelt nicht damit, fordere sie damit nicht heraus. Und das müsste ich ja irgendwie, wenn ich das so täte, auch wenn es unterbewusst wäre.
    Es stimmt schon, dass ich ein gewisses Mistrauen hege. Aber ich weiss auch, dass ich, gerade in Partnerschaften, ein wenig zum klammern neige.

    Ja, ich werde mich demnächst mal nach einem Therapeuten umsehen, und dass die brutale Wartezeiten haben, hab ich bei anderen in der Klinik mitbekommen.
    Aber auf Station zu gehen...ich weiss, dass man mir da nur helfen will...aber für mich wäre da eine Grenze überschritten.
    Nur in einem Extremfall.

    Auch ist mir bewusst, dass es vielleicht schädlich sein könnte, wenn ich aus der Akte (so sie denn noch besteht) Dinge, Details erfahre, derer ich nicht mehr bewusst bin.
    Aber es schmerzt auch, diese Dinge NICHT zu wissen. Wie kann ich also da eine Balance finden?

    Danke für alles
    Denise

  • Hallo Denise,

    die Balance wäre vielleicht, Akte besorgen, aber nicht alleine rein schauen, jemanden dabei haben, dem du vertraust.

    Liebe Grüße
    gelberose

  • Hallo gelberose,

    das wäre eventuell eine Idee.

    Aber ich werde eh erst versuchen müssen, diese Akte zu bekommen, dann schau ich mal weiter.

    Trotzdem danke.
    Denise

  • So...

    ...nach einiger telefoniererei kann ich nun mitteilen :

    Meine Akte existiert nicht mehr!

    Ob nur bei uns oder ob es generell so ist, nach 5 Jahren werden sie vernichtet.
    Zwar hatte ich mir das schon gedacht, fand es aber dennoch irgendwie enttäuschend.
    So bekomme ich zu meinen Erinnerungslücken keine halbwegs sachliche Ergänzung mehr.

    Meine Familie möchte ich nicht mehr dazu befragen...ob es nun zu schmerzhaft für sie selber ist oder welche Gründe sie auch immer haben : meine bisherigen Versuche, darüber zu reden, endeten immer auf eine für mich unbefriedigende Art und Weise.

    Ich möchte an dieser Stelle aber den Mitarbeitern der verschiedenen Ämter danken, dass sie nicht nur mein Anliegen verstanden, sondern sich auch wirklich Mühe gaben, mir alternative Anlaufstellen zu nennen, wenn es am Ergebnis auch nichts geändert hat.

    Grüße
    Denise

  • Gibt es vielleicht noch andere Menschen aus dieser Zeit, die was mitbekommen haben und sich noch daran erinnern könnten? Lehrer, Jugendamtsmitarbeiter, Sozialarbeiter, etc.?

  • Nicht, dass ich wüsste.
    Bis auf, glaube ich, eine Ausnahme, hat kein Lehrer was mitbekommen.
    Im Kinderhort vielleicht, aber ich schätze, die werden auch schon alle in Rente sein.

    Die Wahrscheinlichkeit, dass sie, also alle, mit denen ich damals in Kontakt gekommen bin, etwas erhellendes wissen, ist sehr gering.
    Ausserdem möchte ich diese Menschen, jenseits dessen, was ihr Beruf ihnen abverlangt, auch nicht damit belasten.

  • Dann probier es wirklich mal mit Traumatherapie. Dadurch kann auch vieles wieder hervorgerufen werden, in Erinnerung gerufen, nach oben geholt werden, was vergessen schien. Oder informier dich mal über Hypnose, das soll gerade auch bei Erinnerungslücken helfen.

  • Ja, Therapeuten sind nicht leicht zu finden, das ist wahr! Aber lass dich davon nicht abschrecken, auch wenn du bei den ersten abgewiesen wirst oder auf ne Warteliste kommst... Immer dranbleiben, dann klappt das auch!

    Liebe Grüße
    gelberose

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