Wie gehe ich mit meinem suchtkranken Freund richtig um?

  • hallo ihr Lieben,

    ich freue mich sehr, euer Forum gefunden zu haben.. Das ist gar nicht so leicht, da Google ziemlich viel Müll ausspuckt. Hoffe, ich bin hier auch richtig bei euch :smiling_face: Ansonsten einfach nochmal anschreiben oder Fred verschieben. Ich stecke im Moment gerade aktuell mitten drin und schildere euch die Lage einfach mal..

    Mein Freund (34) hat sich vor einem knappen Jahr zur Entgiftung von Koks entschieden, da er davor ca 5 Jahre süchtiger Konsument ("User") war. Danach war er ein halbes Jahr in einer stationären Behandlung, und in dieser Zeit haben wir auch zusammengefunden.. eine tolle Sache, wir müssen seelenverwandt sein :).

    Nun ist er seit knapp einem Jahr clean, und wohnt seit 3 Wochen in einer Nachsorge-WG. Jetzt fangen die Probleme an.. wobei ich sie selbst gar nicht als Probleme sehen würde.. aber lest selbst.
    Während seines stationären Aufenthaltes lief unsere Beziehung sehr gut.. wir gehen offen mit dem Thema Drogensucht um, und ich habe mich da auch schon ziemlich gut reingefuchst.. Seine größte Angst ist, dass ich in eine Co-Abhängigkeit gerate.. und er mich damit runterzieht und deswegen selbst wieder runtergezogen wird, weil er mich ja liebt und nicht verletzen will.

    Wir sind jetzt seit gut 2 Monaten zusammen (kennen uns von der Arbeit aber schon wesentlich länger..) und jetzt hat sein Therapeut ein ernstes Wörtchen mit ihm gesprochen. Wie er sich das vorstellt, eine stabile Beziehung führen zu können, wenn er noch nicht mal selbst stabil im Leben verankert ist. Wie er sich in die Beziehung einfinden will, wenn er noch nicht zu sich selbst gefunden hat.. und dass er aufpassen soll, dass er sich nicht selbst verliert. Das hat ihm so sehr zu denken gegeben, dass er die Beziehung (trotz vagen Zukunftswünschen und wirklich großer Liebe) eventuell beenden will, um Zeit für sich zu haben und zu sich selbst finden zu können. Was haltet ihr davon?

    Ich glaube doch, dass dieser Weg zu zweit um einiges leichter ist, als wenn er ihn alleine beschreitet. Und ich stehe ja nicht hinter ihm und schubse, drängle und schiebe.. sondern ich steh hinter ihm, um ihn zu stützen.

    Wir haben uns jetzt erst mal so geeinigt, dass ich in dieser Woche keinen Kontakt zu ihm aufbauen werde (keine SMS, keine Anrufe, keine Facebook-Nachrichten), um ihm die Zeit zu geben, die er braucht. Wenn er möchte, kann er mir natürlich trotzdem 24/7 erreichen. Am WE will er dann zu mir kommen (wir wohnen ca 150 km auseinander), um mit mir über seine Erkenntnisse zu reden.

    Ganz ehrlich.. ich mag mir nicht vorstellen, ihn zu verlieren. Kann man diese Sachen denn im Anfangsstadium der Nachsorge wirklich nicht schaffen? Oder soll ich mich auf eine längere Beziehungspause einlassen, wie der Therapeut geraten hat?

    Eine Beziehung mit einem suchtkranken Menschen bedeutet sehr viel Arbeit und Einfühlungsvermögen.. man sollte sich definitiv erkundigen, worauf man sich einlässt. Das ist mir klar, und ich glaube, ich habe meine Hausaufgaben gut gemacht. Aber im Moment bin ich wirklich ratlos.

    Zur Ergänzung möchte ich noch anmerken, dass ich selbst nie etwas mit Drogen am Hut gehabt habe.. aber ich kenne mich ziemlich gut aus. Über Tipps/Anregungen/entrüstete Aufschreie würde ich mich sehr freuen :smiling_face:

  • Hallo Angela,
    wenigstens eine Reaktion sollst du bekommen.
    Ich habe Deine Geschichte gelesen aber kann Dir keinen Rat geben, da ich weder von der einen Seite noch von der anderen Seite her irgendwelche Erfahrung habe.
    Aber ich bin sicher, es wird noch Beiträge dazu geben.
    Gruß
    postl

  • Hallo Angela,

    hm das ist wirklich sehr schwer da ne Antwort zu geben. Ich habe schon miterlebt das es auch gut klappen kann wenn beide Seiten sich da wirklich gut im Blick haben. Ich kann mir eigentlich nur vorstellen das sein Therapeut da vielleicht anderes aus seinen Gesprächen mit ihm raushört.
    Wichtig ist natürlich wirklich das da keine Unsicherheiten bestehen, denn so ein Entzug und substanzfreies Leben erfordert wirklich eine Menge ab und kann man sich, glaub ich, auch nur sehr schwer vorstellen wenn man es nicht selbst auch durchlebt hat.

    Ich hab nun Jahre gebraucht um mich endlich wieder dauerhaft auf andere Menschen einzulassen kann aber nicht sagen wie es in einer Partnerschaft aussehen würde.
    Kann ja nur mutmaßen nun, aber solang er da für sich nun keine klare Linie hat, sprich Angst um dich hat und sich da zu sehr Gedanken macht, würde ich ihm die Zeit auch lassen.

    Kann mir denken das dir das nicht leicht fällt, aber manchmal muss man etwas loslassen um halten zu können. Ich hoffe du verstehst wie ich das nun meine.

    Wenn er auch deine Gedanken und Einstellung teilt, dann könntet ihr doch mal versuchen einen gemeinsamen Termin auszumachen bei seinem Therapeuten um zu verstehen. Kann mir nun auch nicht wirklich so denken das es, wenn er mit der Situation der Trennung nicht so klar kommt, gut und nötig sein muss solang es euch dabei gut geht. Wirklich schwer, denn dazu weiß man einfach zu wenig nun.

    Hört sich aber wirklich so an als wüßtest du sehr genau was du willst und wo deine Grenzen liegen, aber die Gefahr ist nun auch sehr groß, gerade wenn man jemanden liebt.

    Finde es in jedem Fall gut das du dich hier angemeldet hast und denk mir auch das da noch einige Antworten kommen. Bissel Geduld musst du dabei dennoch haben, weil ja nun auch nicht jeder direkt Worte abrufen kann die dir auch wirklich was bringen.

    Vielleicht habt ihr ja am Wochenende ein wenig mehr Klarheit, bzw er.

    Ich hoffe du berichtest weiter...

    Eine gute Nacht und liebe Grüße

    Bluemchen

  • Soo.. heute hat er mir eine Mail geschrieben.. im Moment strömen wohl sehr viele (zu viele) neue Eindrücke auf ihn ein. Seine Eltern unterstützen ihn, aber sein Dad leidet ein wenig unter Kontrollzwang und ist noch dazu cholerisch veranlagt. Er fühlt sich unterdrückt von ihm, schafft es aber im Moment noch nicht, die Sachen alleine in die Hand zu nehmen. Die Scheidung von seiner Frau (von der er vor einer Woche erfahren hat, dass sie im sechsten Monat schwanger von einem anderen ist.. also nur 2 Monate nach der Trennung sich schon "anderweitig" abgelenkt hat..) läuft nur schleppend, sie wäscht sehr viel schmutzige Wäsche. Ich sollte dazusagen, dass die beiden in der Ehe seit 5 Jahren versucht hatten, schwanger zu werden. Inklusive künstlicher Befruchtung.. hat nicht geklappt. Sein Vater ist mit ihm gestern zu einem anderen Anwalt gegangen (2 Monate vor dem Gerichtstermin..), weil er mit dem "Alten" unzufrieden war. Er hat letzte Woche eine Wiedereingliederung in seinem Job angefangen, war heute aber schon das erste Mal nicht da, weil er wohl keine Kraft dafür hat. Ich habe ihm zurückgeschrieben, dass er den Kopf nicht hängen lassen und nicht aufgeben soll. Zu weit sind wir schon gekommen. Auch habe ich geschrieben, dass ich ihm alle Zeit der Welt geben werde, die er braucht und ihn unter keinen Umständen unter Druck setzen werde.

    Wie kann ich ihm zu verstehen geben, dass er sich um mich keinen Kopf machen braucht und ich stark genug bin, an seiner Seite zu gehen? Wie kann ich ihn aufbauen? Für weitere Tipps bin ich - wie immer - sehr dankbar :smiling_face:

  • Hi Angela,

    hmmmmmmmm, ja: Rat geben ist da sehr, sehr schwer.
    Ich bin selber auf harten Drogen gewesen, sehr lange & für mich war es nach meinem Entzug MEINE Einsicht, dass ich erstmal wieder lernen sollte, nein: lernen MUß, mich selbst zu lieben.
    Wie kommt denn der Theraupeut darauf, ihm so den Kopf zu waschen?
    (wertfreie Frage)
    Wenn du ihm in eurer Beziehung ALLES abnimmst, ihm seinen Alltag regelst etc - dann ist das natürlich nachvollziehbar.
    Wenn ihr aber ne gleichwertige Beziehung führt, dein Freund selbst nix vermißt, wüßte ich nicht, was gegen eine Beziehung sprechen sollte.
    Als ich meinen ersten Entzug machte (Alkohol), war ich mitten in ner Beziehung und das lief auch gut und war überhaupt nicht kontraproduktiv - im Gegenteil.

    Also: Auch Therapeuten können irren.

    Mein Vorschlag: Warum meldet sich dein Feund nicht auch hier an, es gibt hier im Forum Selbsthilfegruppen, man kann sich austauschen und vor allem, kann man von den Erfahrungen Anderer profitieren,
    ich konnte (und kann) so ne Menge über mich und über Sucht lernen.

    LG.Ganesha

  • Hi Ganesha, vielen lieben dank für deinen Post. Ich werde es ihm mal vorschlagen.. aber denke eher nicht, dass er da was machen wird. Wenn ihm eh schon alles zu viel ist? Ich weiß nicht, was seinen Therapeuten dazu bewog. Eigentlich führen wir eine sehr gleichwertige Beziehung. Ich bin sehr verständisvoll und sensibel, und reagiere schnell auf Stimmungsschwankungen von ihm. Vielleicht denkt er, durch das Zurückstecken von mir würde ich in eine Co-Abhängigkeit geraten.. aber das kann ich ausschließen. Ich bin eine unabhängige, starke Frau und weiß mich zu schützen. Und ich habe (und werde) ihm nie irgendwelche Vorschriften machen^^ Ich habe von vornherein zu ihm gesagt, dass seine Gesundung erst mal oberste Priorität ist und er sich gerne voll entfalten kann. Er geht auch 2mal wöchentlich zu den NA's.. er hat dann nur mir gegenüber ein schlechtes Gewissen, wenn das von "unserer" Zeit abgeht.. Aber ich habe auch da gesagt "Schatz - geh da hin! Es tut dir gut und mir macht es nichts aus" Und mir macht das wirklich nichts aus. Die NA's tun ihm gut.. und für mich ist das okay. Ich will ihn ja unterstützen.

  • Hallo Angela,

    das tut mir sehr leid für dich.

    Auch wenns dir jetzt rückwirkend nicht mehr viel bringen mag, du schreibst, dass du ein starker und unabhängiger Mensch bist, er aber hat dir gegenüber ein schlechtes Gewissen, wenn er sich um sich selbst kümmert. Aber das muss er ja zur Zeit, und da hilft es auch nicht, wenn du ihm sagst dass du kein Problem damit hast.

    Versuch dich ein bisschen für ihn zu freuen, dass er danach handelt was für ihn selbst im Moment am wichtigsten ist. Das ist eine gute Voraussetzung dafür, auf Dauer von den Drogen wegzukommen. Ich weiß, im Moment wird dir danach nicht zumute sein.

    progressive

  • Hallo Progressive,
    ja, da hast du Recht. Und mir ist ja auch wichtig, dass er wieder gesund wird. Wir wollen eventuell einen Neuanfang starten, wenn er irgendwann stabil genug dafür ist. Dafür lebe ich :smiling_face: Ich bin, trotz aller Schmerzen gerade, sehr stolz auf ihn, dass er für sich die Priorität gesetzt hat "ich muss mich auf mich konzentrieren und das kann ich in einer Beziehung nicht". Wir haben ehrlich darüber geredet und ich denke, er ist auf einem guten Weg.

  • Hallo Angela,

    für etwas zu leben was in einer möglichen Zukunft liegt ist gewagt, finde ich. Aber das ist nur meine persönliche Erfahrung.

    Ich wünsch dir in jedem Fall alles Gute. :gj:

    progressive

  • Hallo,
    hab`gerade mal deinen ganzen Thread durchgelesen und mich über das Ende nicht gewundert, was mir allerdings in deinen Beiträgen auffällt ist, das Du erwähnst, das Du eine starke Frau bist und mit allem klar kommst, Dir es aber auch nicht sonderlich gut ging als Du von dem Vorschlag seines Therapeuten erfahren hast...
    Vielleicht hast Du dich in den letzten Tagen ein wenig ausser acht gelassen und solltest schauen einen Weg zu finden, das es Dir gut geht, denn er möchte Dich ja nicht mit runter reissen.
    Mit einem Suchtkranken Menschen zusammen zu leben, fordert eine Menge ab und ob man es möchte oder nicht, man stellt sich leider tatsächlich immer etwas zurück...
    Wichtig sind die Freunde und die Familie aus den eigenen Reihen, die einen selbst auffangen und vor der selbstaufgabe bewahren zumindest dann wenn die Sucht des Partners noch ein aktuelles Thema ist. Denk an Dich und wenn Du es vor Liebe schonmal vergisst, lass`Dich von deinen Freunden schubsen.
    Ich weiss wie es ist wenn Sucht-mensch und nicht-Suchtmensch aufeinander treffen.
    ich wünsche Dir viel Glück.

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