Verhalten bei Medikamentensucht

  • Hallo.

    Es ist so, dass mein 63 Jahre alter Vater seit einem schweren Arbeitsunfall (2 HWS Fraktur) vor 22 Jahren unter chronischen Schmerzen leidet. Zunächst bekam er Tranxilium verschrieben, später Diazepam. Er wurde nicht auf die Suchtwirkung von Diazepam aufmerksam gemacht und bekam es immer wieder verschrieben.
    Sei über 10 Jahren ist er nun süchtig und hat immer wieder in zahllosen Krankanhausaufenthalten versucht die Medikamente abzusetzen.
    Er ist immer wieder rückfällig geworden und sich teilweise die Medikamente heimlich besorgt. Vor etwa einem Monat wurde er wieder aus dem Krankenhaus entlassen nach Entzugsversuch. Schon während des Aufenthalts bemerkte meine Mutter Tabletten in einer Zigarettenpackung, d.h. er hatte heimlich Tabletten genommen.
    Meine Mutter und ich haben ihn nicht darauf angesprochen. Wir wissen nicht wieviele Tabletten er derzeit heimlich nimmt oder woher er sie bekommt. Die Ärzte kooperieren schon lange nicht mehr.
    Man wollte ihm schon mehrmals eine Therapie verweigern, obwohl er schon schwere Herzbeschwerden wegen des Entzugs hatte.
    Zuletzt hat mein Vater sich plötzlich einen Computer besorgt und Internet angemeldet - obwohl er davon überhaupt nichts versteht.
    Er sagte er wollte es lernen. Also zeigte ich - wie naiv ich nunmal bin - es ihm.
    Mittlerweile schwant es mir, dass er das nur lernt um sich Medikamente online zu beschaffen.

    Meine Frage lautet also: Wie sollen meine Mutter und ich uns verhalten? Sollen wir ihn einfach konfrontieren - er wird sowieso leugnen, dass er noch Tabletten nimmt. Sollen wir es ignorieren?
    Er ist immerhin erwachsen... Ich mache mir nur auch Sorgen um seine Gesundheit, er nimmt soviele andere Medikamente und hat ein schwaches Herz..


    Danke,
    Christian

  • Hallo Christian.
    Das ist eine schwierige Frage, denn wie Du schon sagst, er würde es unweigerlich leugnen, dass er weiter konsumiert.
    Auf der anderen Seite, kann man nicht einfach weg schauen.
    Ich selbst bin auch medikamentenabhängig, und habe es lange Zeit nicht wahr haben wollen, erst als mein Arzt mich beharrlich darauf hin wies, habe ich es langsam annehmen können. Heute bin ich opiatfrei.
    Da Dein Vater ja nicht mehr auf Ärzte hört, müsst Ihr wohl ran. Denn jemand muss ihm das sagen.
    Daß er sich einen Computer kauft, um im Internet Medikamente ordern zu können, zeigt noch deutlicher, dass Dein Vater abhängig ist.
    Viele Grüße
    dunge

  • Hallo christian,

    wenn ihr ihm helfen wollt, dann würde ich auf " Konfrontation " verzichten und lieber behutsam vorgehen.
    Süchtige sehen die Realitäten meist anders als andere.

    Und es wird eh schwer wenn er sich nicht helfen lassen will. Das zeigt ja schon der Tablettenkonsum wärend der Zeit im Krankenhaus.
    Geh doch mit Deiner Mutter mal zu einer Suchtberatungsstelle und lasst Euch da Tipps geben.
    Im Idealfall sogar gleich mit Deinem Vater.

    Und noch eine Frage:
    Wurde Deinem Vater tatsächlich eine Therapie oder " nur " eine weitere Entgiftung verweigert ?

    Gruss Marco

  • Hallo christian,

    es ist schwierig, denn süchtigen kann nur geholfen werden, wenn sie es selbst erkennen, dass sie süchtig sind und wenn sie auch Hilfe wollen, wenn sie alles daran setzen, dass sie von dem Suchtstoff weg kommen wollen.

    Wie war das denn bei den Entgiftungen? Ist er da nur entgiftet worden oder hat er auch Alternativen bekommen, also z.B. andere Schmerzmittel oder alternative Medizin? Wenn man ihn nur entgiftet hat, ist es ja klar, dass er wieder auf das Altbewehrte zurück greift, denn mit ständigen Schmerzen kann kein Mensch leben.

    Liebe Grüße
    gelberose

  • Hi,

    naja - erfahrungsgemäß geht es manchmal nicht ohne Druck!
    Ihr könntet ihn zum Beispiel erstmal davon in Kenntnis setzen, dass ihr Bescheid wißt!
    DAS verdrängt er nämlich genauso intensiv wie die Tatsache der Sucht an sich...
    Und dabei könnt ihr ihm ja klarmachen, dass ihr den Internet Zugang lahmlegt, wenn er nicht bereit ist,
    mit euch zur Suchtberatung zu gehen...

    Ist aber alles ein Schei* Spiel, denn solange von ihm weder Wille noch Einsicht da sind.....isses einfach schwer!!! LG.Ganesha

  • Servus Christian,

    immer schwer, Angehörigen das richtige zu raten, aber viele Meinungen und Antworten sollten euch wenigstens ein Bild über die Situation vermitteln.

    Vorweg mal ne Frage, wurde immer nur entgiftet und weiter passierte nichts?
    Keine Anschlussbehandlung?

    Alles hat 2 Seiten, wobei euch natürlich die des Süchtigen eher nicht zu interessieren hat.
    Mag sich hart anhören, doch ist es für Angehörige erst mal das wichtigste, dass se sich nicht zu sehr hineinziehen lassen - womöglich in einer 'Co-Abhängigkeit landen.
    Das bedeutet natürlich nicht, dass man deinen Pa einfach hängen lassen soll.

    ganesha schreibt es aber, man sollte für sich entscheiden wie weit man mitgehen kann, was man akzeptieren kann.
    Daher finde ich auch, man sollte dem Ganzen die Heimlichkeit nehmen ...

    Was deinen Pa angeht, da ist es nun mal so, er kennt es nicht anders.
    Ein Entzug ist wichtig, aber nur ein kleiner Schritt. Es ist ja sicher nicht so, dass er mit der Situation glücklich ist, doch sieht er wohl keinen Ausweg.
    Wie auch, wenn ihm sein Suchthirn sagt, ohne dem Stoff geht es nicht ...

    Was heißt, Ärzte haben aufgegeben?
    Sorry, dann sind aber auch die falschen Ärzte bei der Sache, weil nen Patienten gibt man nicht auf.
    Zudem, wenn er heimlich während des Entzugs noch konsumiert hat, dann hätte das auffallen müssen.

    Zum Netz, also da sehe ich es etwas anders.
    Ist es belegt, dass er seine Medis online besorgt? Sollte es ja, wenn ne Lieferung kommt!
    Wie immer hat das Internet 2 Seiten, es ist ein Fluch und Segen zugleich :winking_face:
    Man weiß ja nicht, auf dem Weg kann er sich ja auch Infos beschaffen, eventuell Onlineberatung annehmen oder so was wie das SuS gefunden haben.

    Na mal sehen, was du noch für Infos preisgibst :smiling_face:

    LG Franz

  • Danke für die Antworten.
    Bei den Entzügen im Krankenhaus oder Psychiatrie (es waren so viele!) war auch immer eine Therapiekomponente dabei.
    Das vorletzte mal als er im Krankenhaus war wegen einem Entzugsversuch kam er danach in eine Spezialklinik zur weiteren Therapie. Der Klinikplatz war schwer zu bekommen. Leider verstarb genau zu dem Zeitpunkt sein Bruder und er musste die Therapie abbrechen um sich um Beerdigung etc. zu kümmern. Kurz darauf kam heraus, dass er wieder Tabletten genommen hatte.. und wieder ins Krankenhaus..
    Ich hatte mir schon überlegt: Vielleicht kann man ihm einfach eine feste Dosis verschreiben? Vielleicht ist es in seinem Alter einfach sinnlos noch zu versuchen von den Tabletten runter zu kommen.

  • Hi,

    das ist natürlich auch eine Option.
    Aber du schreibst ja auch was von Unverträglichkeiten mit anderen Medis.
    Sowas ist immer extrem schwer abzuwägen.
    Es geht halt auch jede Menge Kraft und Energie verloren, bei so vielen erfolglosen Entzügen.
    und die Lebensfreude, die Hoffnung nimmt es ja auch?!!

    Ich würde auf jeden Fall erstmal mit ihm reden, alles offen auf den Tisch!

    LG.Ganesha

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