Hallo zusammen!
Ich habe gerade Ipie's Thread über seine Codeinentgiftung gelesen und empfinde eine Riesen Bewunderung und ganz hohen Respekt, vor dieser Leistung. Meinen herzlichsten Glückwunsch zur Entgiftung und dass Du es schon so lange durchgehalten hast, ohne Codein aus zu kommen.
Jetzt kommt wohl die Reihe an mich, zu erzählen.
Aaaaaalso:
Vor 5 Jahren habe ich von meiner Ärztin regelmäßig Diazepam wegen meiner starken Angstzustände und Krisen erhalten.
Ich leide unter Emetophobie (Angst vor dem Erbrechen) und außerdem unter etlichen Nahrungsmittelintolleranzen, bzw, Lebensmittelunverträglichkeiten.
So kommt es öfter vor, dass mir ganz urplötzlich schlecht wird, weil ich etwas Falsches gegessen habe.
Heute rufe ich dann den Notarzt und lasse mir eine MCP Spritze geben. (Obwohl ich panische Angst vor Spritzen habe. Aber in so einer Situation schreie ich danach.)
Damals - vor 5 Jahren - habe ich mir irgendwann gedacht, bevor ich mir vor lauter Angst vor dem Erbrechen was antue, nehme ich ein paar Tropfen Diazepam. Dann ist die wenigstens die Angst weg, wenn ich brechen muss.
Ich tat es und stellte fest, dass das Diazepam eine beruhigende Wirkung auf meinen Magen hatte. Das Gefühl, mich übergeben zu müssen, verschwand und machte einer herrlichen Entspannung und Erleichterung Platz.
Von da an, nahm ich es regelmäßig, wenn ich mich schlecht fühlte. Und das kam oft vor.
Inzwischen bin ich dahinter gekommen, welche Lebensmittel ich essen kann und vertrage.
Und habe es ohne große Anstrengung geschafft, ohne Diazepam zu leben. Ich hatte nicht das geringste Verlangen danach. Ja, ich habe nicht einmal daran gedacht, weil ich mich richtig ernährte.
Doch die richtige Ernährung ist sehr teuer und verschlang immer mehr, von meiner ohnehin schon kargen Erwerbsminderungsrente.
An jedem Monatsende blieb immer weniger und weniger auf meinem Konto über.
Und die Angst kroch wieder in mir hoch.
Ich konnte mir ausrechnen, wie lange das Geld noch reichen würde, um meine Miete und die Gas und Stromkosten zu bezahlen.
In meiner blühenden Phantasie - die ich leider auch reichlich besitze - sah ich mich dieses Jahr schon im April, spätestens, aber jetzt im Mai - auf der Straße sitzen. Sprich, mir drohte die Obdachlosigkeit.
Da griff ich aus Angst wieder zum Diazepam. Erst fing ich mit 3 Tropfen an, später steigerte sich das in 30 (!) Tropfen täglich.
In einem anderen Forum lernte ich eine Frau kennen, die schon mal obdachlos war. Ich nahm Kontakt zu ihr auf und erfuhr so, was ich tun konnte, um die drohende Obdachlosigkeit abzuwenden.
Leider gab es immer wieder Probleme mit den zuständigen Ämtern. Bis die Sache geklärt war, vergingen Monate. Die Obdachlosigkeit ist abgewendet. Vorerst einmal.
Und die Einnahme vom Diazepam wieder auf 5 Tropfen täglich reduziert. In ganz schlimmen Zeiten werdens auch schon mal 10 Tropfen. Aber, das nur in ganz seltenen Fällen.
Zum Codein bin ich dieses Jahr gekommen.
Seit letzten November leide ich unter Polineuropathie. Wohl dem, der diese Krankheit nicht kennt.
Es ist ein ständiges Prickeln, Brennen, Stechen Pulsieren und Taubheitsgefühl in den Zehen. Ein Gefühl, als ob der Fuß eingeschlafen ist, wie wenn man das Bein zu lange eingeknickt gehalten hat.
In der Zeit, wo ich noch das Diazepam eingenommen habe, spürte ich es nicht so stark. Es war da, aber es hat mich nicht weiter belastet.
Dann aber, als ich das Diazepam reduzierte, verstärkten sich die Schmerzen. Schmerzen, die ich nicht einmal meinem ärgsten Feind wünsche.
Ich habe rund um die Uhr geschrieen, geweint, geflucht und meine Hausärztin angefleht, ob es nicht ein Mittel dafür gäbe. Sie meinte, da gäbe es kein Medikament für. Das müsste ich aushalten. (Zu dem Zeitpunkt wusste sie schon von meiner Diazepamabhängigkeit)
Dann bekam ich eine gräßliche Bronchitis und hustete mir die Seele aus dem Hals.
Ein Notarzt, den ich nachts einmal anrief und der zu mir nach Hause kam, verschrieb mir Codein Tropfen.
Ich wollte sie eigentlich nicht nehmen. Wusste ich doch, dass sie abhängig machen können. So hustete ich weiter und weiter. Dazu die scheußlichen Schmerzen, der Polineuropathie.
Ich fand in keiner Nacht mehr Ruhe und Schlaf. Ich war schon soweit, meinem Leben ein Ende setzen zu wollen.
Da fiel mein Blick eines Nachts, auf die kleine Flasche mit den Codeein Tropfen.
Ich hatte schon mal die Paracetamol Tabletten mit Codeein wegen eines anderen Infekts erhalten und erinnerte mich an die wohltuende, schlaffördernde Wirkung.
"Eine Nacht mal wieder richtig schlafen können." dachte ich.
Meine bis dahin großen Zweifel, wischte ich mit diesem Gedanken fort.
Ich nahm 10 Tropfen Codeein - so, wie es in dem Beipackzettel stand und mir auch der Arzt empfohlen hatte.
Es dauerte nicht lange, da spürte ich die entspannende Wirkung. Der Husten ließ nach, die Muskeln entspannten sich und o Wunder - auch die Schmerzen in meinen Füßen ließen nach.
Seit diesem Abend nehme ich es regelmässig.
Doch ich will davon runter kommen. Weil ich genau weiß, dass es nicht gut ist.
Meine Ärzte wissen darüber bescheid. Meine alte Hausärztin verschreibt mir kein Codeein mehr, obwohl ich gerade wieder eine starke Erkältung mit Husten habe.
Von meiner Schmerztherapeutin - die ich inzwischen habe - erhalte ich auch nichts mehr. Und auch meine neue Hausärztin weigert sich, mir ein Rezept dafür aus zu stellen.
Stattdessen erhalte ich jetzt Medikamente gegen die Polineuropathie (Wie ich gestaunt habe, als die neue Hausärztin mir sagte, dass es da sehr wohl Medikamente für gibt). Und, um von der Codeeinsucht herunter zu kommen, erhalte ich jetzt Amithripttylin. Ein Antidepressivum, welches auch auf die Schmerzen meiner Füße einwirken soll und außerdem erhalte ich noch Garbapentin, dass auch gegen die Schmerzen wirken soll.
In eigener Verantwortung soll ich jetzt vom Codeein immer weniger und weniger nehmen. Neues werde ich auf keinen Fall bekommen.
Jetzt habe ich hier aber gelesen, dass man es langsam ausschleichen soll. Ich habe zwar noch ein bisschen. Aber, was, wenn ich nichts mehr habe?
Wollen die, das ich einen kalten Entzug mache? Davor habe ich unwahrscheinliche Panik und ich muß mich stark am Riemen reißen, um nicht wieder Diazepam zu nehmen.
Habe mir heute ein homöopathisches Mittel gekauft, dass gegen Angste, innere Unruhe und Schlaflosigkeit wirken soll. Ich hoffe, dass ich dadurch weniger - oder gar nichts mehr vom Diazepam brauche.
Was haltet Ihr von dem Plan meiner Ärzte, mir kein Codeein mehr zu geben, wenn ich es aufgebraucht habe? Findet Ihr das in Ordnung?
Vielleicht könnt Ihr mir ja die Angst vor einem kalten Entzug ein wenig nehmen.
Tut mir leid, dass es so lang geworden ist. Aber, ich wollte, dass Ihr alles ganz genau nach vollziehen könnt. Schließlich wisst Ihr noch nicht so viel von mir.